Mit Pizza und Bier: Levante narrt Real und Barca

SID
UD Levante befindet sich momentan tabellarisch auf Augenhöhe mit Barcelona und Real Madrid
© Getty

Pizza und Bier: Mit ungewöhnlichen Methoden hat es der krasse Außenseiter UD Levante an die Spitze der Primera Divisíon in Spanien geschafft.

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Sie trinken Wein und Bier, und nach Spielschluss pfeifen sie sich auch gerne mal eine Pizza rein. Ganz Spanien staunt über das Überraschungsteam UD Levante, das am 8. Spieltag der Primera Divisíon erstmals in der 102-jährigen Vereinsgeschichte an die Tabellenspitze geklettert ist - vor Rekordmeister Real Madrid und Champions-League-Sieger FC Barcelona. "Es ist kein Märchen, es ist wahr", schrieb verblüfft das Sportblatt "Marca". Und die Verfolger rätseln über das ungewöhnliche sportliche Hoch am Mittelmeer.

Dort, beim Nachbarn FC Villarreal, feierte die Mannschaft aus Valencia am späten Sonntagabend mit dem 3:0 (2:0) den sechsten Sieg in Folge - Klubrekord. Juan Luis Gomez López, genannt Juanlu (16./43.), und der frühere Hannoveraner Arouna Kone (58.) trafen für Levante, das jetzt 20 Punkte auf dem Konto hat. Real, das Levante am 4. Spieltag 0:1 unterlegen war, bringt es auf 19 Zähler, Barça auf 18. Nur zum Vergleich: Cristiano Ronaldo und Lionel Messi, die Stars der beiden Groß-Klubs, verdienen jeweils das Doppelte der gesamten Mannschaft von Levante. Die streicht im Jahr nur 6,5 Millionen Euro ein.

Letzte 50 Einkäufe? 400.000 Euro!

Der Etat des Underdogs beläuft sich auf bescheidene 22 Millionen Euro, die Eliteteams kommen auf Summen, die rund 20 Mal so hoch sind. Schier unglaublich erscheint der Höhenflug, wenn man die Transferaktivitäten Levantes in den vergangenen Jahren betrachtet. Die letzten 50 (!) Spieler, die der Verein verpflichtete, kosteten zusammengerechnet 400.000 Euro.

Während etwa Barcelona im Sommer für 60 Millionen Euro shoppen ging, gab die Union Deportiva gerade einmal 210.000 Euro aus. Kein Wunder, dass Präsident Francisco Catalan am Sonntag über den Lauf des Klubs sagte: "Es wäre normal, wenn es nicht so weiterginge."

Wobei: Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass sich Levante dauerhaft in der oberen Tabellenregion festsetzen könnte. Die Mannschaft ist zwar billig, aber gut. Sie spielt gut organisiert, stellt mit nur drei Gegentoren die sicherste Defensive in La Liga und gefällt mit schnellem, zielstrebigem Offensivspiel.

Geheimnis: Wein, Bier und Pizza im Teambus

Größter Trumph der Mannschaft ist aber die Erfahrung. Die Abwehr um Torwart Gustavo Munua, die in Villarreal in der Startelf stand, brachte es auf ein Durchschnittsalter von 34 Jahren.

Beim 3:0 unlängst gegen Malaga hatte Levante das älteste Team der Liga-Geschichte auf dem Platz (Schnitt: 31,45). Kapitän Sergio Ballesteros, selbst schon 36, sagt über seinen 31 Jahre alten Nebenmann im Abwehrzentrum: "Nano ist der junge Kerl, den wir zum Brötchenholen schicken und dessen Glatze wir streicheln."

Ein weiteres Geheimnis, berichtete Teamarzt Rafael Plaza kürzlich, liege in den Ernährungsgewohnheiten der Spieler. Trainer Juan Ignacio Martínez erlaube den Profis auch mal ein Gläschen Wein oder eine Flasche Bier, und gegen Pizza im Teambus oder Paella habe er auch nichts.

Abstieg nur knapp entronnen

Levante indes ist trotz seiner langen Geschichte alles andere als das, was man gemeinhin einen Traditionsklub nennt. Die einzige Trophäe, die der Verein jemals gewinnen konnte, war die Copa de la Republica, während des Bürgerkriegs 1937.

Die aktuelle Saison ist die siebte für Levante in der ersten Liga, Rang zehn bei der Premiere 1963/64 ist die Top-Platzierung. In der vergangenen Spielzeit wurde der Abstieg nur um zwei Punkte vermieden, danach verabschiedete sich mit Felipe Caicedo der effektivste Stürmer der Liga zu Lokomotive Moskau.

Marca: "Historisches Levante"

Dennoch spricht jetzt die ganze Fußball-Welt vom "historischen Levante" ("Marca"), wo einst auch Bernd Schuster Trainer war.

"Wir müssen weiter arbeiten und die Füße auf dem Boden behalten", forderte jedoch Coach Martínez. Klubchef Catalan pflichtete bei: "Wir wissen, dass man am härtesten fällt, wenn man es am wenigsten erwartet."

Nach dem 7. Spieltag, als Levante Zweiter gewesen war, soll ein Fan übrigens die Tabelle aus der Zeitung geschnitten und auf dem Friedhof neben seiner Oma begraben haben. Gut möglich, dass er das Tableau am Saisonende ersetzen muss.

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