Nicolo Barella von Cagliari bei Italien: Der sardische Champagner-Fußballer

Von Pascal De Marco
Nicolo Barella soll das Interesse des FC Arsenal auf sich gezogen haben.
© getty

Nicht nur das DFB-Team, auch die italienische Nationalmannschaft befindet sich im Umbruch. Zum Start der EM-Quali gelangen zwei Siege gegen Finnland (2:0) und Liechtenstein (6:0). Squadra-Azzurra-Trainer Roberto Mancini baut in seinem Team auf die aufregenden Youngster Moise Kean (19), Nicolo Zaniolo (19) und Nicolo Barella (22). SPOX stellt Italiens neue Hoffnungsträger in einer kleinen Serie vor. Im letzten Teil geht es um Nicolo Barella.

Cookie-Einstellungen

Im ersten Teil der Serie präsentierte SPOX Moise Kean von Juventus Turin. Im zweiten Teil wurde Nicolo Zaniolo von der AS Roma unter die Lupe genommen.

Weiter als Nicolo Zaniolo in seiner Entwicklung ist ein anderer Nicolo in der Serie A und der Nationalmannschaft. Und zwar Nicolo Barella. Der ist mit seinen 1,72 Metern rund einen Kopf kleiner, spult inzwischen aber schon seine dritte Saison in Italiens höchster Spielklasse ab.

Barella ist gebürtiger Sarde, absolvierte seine gesamte Karriere mit Ausnahme einer kurzen Leihe in Como beim Heimatklub Cagliari - und dass das bis heute so ist, verwundert ganz Fußball-Italien. Barella wird nämlich als das "next big thing" im italienischen Fußball gehandelt.

Der auf der Acht beheimatete 22-Jährige soll Angebote der großen Vereine ausgeschlagen haben und wird auch von internationalen Spitzenklubs verfolgt. Barella verfügt über besondere Fähigkeiten und ist schon jetzt eine feste Größe in Roberto Mancinis Nationalteam.

Cagliari bedeutet für Barella "Stolz"

"In Sardinien aufzuwachsen, bedeutet Teil dieses Volkes zu sein. Es ist nicht nur meine Verantwortung, das auf dem Platz zu zeigen, wenn ich die Farben Cagliaris trage, sondern auch mein Stolz. Es ist, als ob man von einer ganzen Gemeinde getragen wird und von ihrer Passion."

Barellas Identifikation mit dem sardischen Heimatklub ist wohl der einzige Grund, warum der Mittelfeldspieler noch nicht in einem großen Team spielt. Seine Fähigkeiten scheinen durch die Voraussetzungen in Cagliari nämlich nicht gerade maximiert zu werden.

Im Gegenteil: Barella ist ein gerade aufgrund seiner Instinkte hochgradig veranlagter Mittelfeldspieler, dessen Verantwortungen in der offensiven Gestaltung des Spiels wohl aber zu groß sind.

Antizipation von Nicolo Barella herausragend

Es ist eine seine herausragenden Fähigkeiten, die Positionierungen und die Bewegungen des Gegners, der Mitspieler und des Balles ohne Blickkontakt vorherzusehen und zu beeinflussen. Eine Charakteristik, die sonst nur die ganz großen Spieler vereinen und die mehr durch eine Art sechsten Sinn begründet ist, als durch rationales Denken oder taktische Schulung.

Sie erlaubt dem Spieler meist die richtige Entscheidung zu treffen, ohne zu sehr darüber nachdenken zu müssen. Es geht dann nur noch um die technische Ausführung.

Distanzen und Bewegungen wahrzunehmen, ohne sich visuell großartig darauf konzentrieren zu müssen, ist eine der wichtigsten und am wenigsten diskutierten Phasen des Fußballspiels. Vielleicht, weil es eine Fähigkeit ist, die kaum zu beschreiben ist und kaum zu lernen ist.

Barella zerstört das Spiel im Mittelfeld

In Barellas Spiel ist diese Phase essenziell und mitentscheidend für seine Stärke. Im Mittelfeld ist der kleine Spielzerstörer beheimatet. Hier schließt er Passwege in bemerkenswerter Manier. Barella verzeichnet durch das Abfangen von Pässen Ballgewinn um Ballgewinn und schafft es deshalb häufig, Zweikämpfe zu vermeiden und den Ballvortrag des Gegners in der vielleicht wichtigsten Zone des Spiels zu unterbinden.

Es ist bemerkenswert, wie der 22-Jährige das Spiel lesen kann. Und dies ist nicht nur bei gegnerischem Ballbesitz der Fall, wo Barella den Gegner gerade dann zur Frustration bringt, wenn er sich selbst nicht im Blickfeld des Passspielers aufhält.

Er schafft es auch bei eigenem Ballbesitz durch das Wahrnehmen gegnerischer Bewegungen blitzschnell, sich öffnende Räume zu erkennen und die richtige Lösung zu treffen.

Roberto Mancini verzichtet nicht mehr auf Barella

Barella ist deshalb auch unter hohem Druck ein wahnsinnig effizienter Spieler. Er schafft es, sich in kleinen Räumen auch gegen mehrere Gegenspieler mit Ball zu behaupten, behält auch unter Stress die Ruhe und öffnet das Spiel dann beispielsweise durch eine Verlagerung. Sein U18-Trainer sagte einst, dies gleiche dem "Öffnen einer Champagner-Flasche".

Bei Cagliari jedoch ist man auch im letzten Drittel stark von ihm abhängig. Hier fungiert Barella oftmals als Ballführer, obwohl er gerade ohne Ball mit tollen Wegen in gefährliche Räume überzeugt. Diese erkennen seine Mitspieler kaum. Das Offensivspiel Cagliaris wirkt träge und behäbig. Die Offensivbemühungen des Teams enden meist mit hohen Bällen in den Strafraum.

Nicolo Barella: Seine Leistungsdaten in der Saison 2018/19

WettbewerbEinsätzeToreAssists
Serie A2612
Coppa Italia3
Nationalmannschaft51

Kommt der baldige Wechsel zum Top-Klub?

Seit Oktober letzten Jahres steht Barella in der Stammformation Roberto Mancinis in der Squadra Azzurra und ist für den Trainer schon jetzt nicht mehr wegzudenken. Das Spiel des 22-Jährigen kommt hier sinnvoller zur Geltung. Er lässt den Ball schnell wieder los, anstatt ihn wie im Klub über größere Wege tragen zu müssen.

Zwar wird Barella wohl so gut wie nie als spektakulärer Spieler in Erscheinung treten. Doch gerade in der Nationalmannschaft ist zu erkennen, dass er mit geringerer Verantwortung einen größeren Beitrag leisten kann. Hier spielt er sauberer, wenn auch weniger explosiv.

Es bleibt zu hoffen, dass der hochtalentierte Spieler auch trotz seines Stolzes gegenüber der Heimat bald den Schritt zu einem großen Team wagt. Dorthin, wo er einen größeren Beitrag leisten kann.

Artikel und Videos zum Thema