Besser spät als nie

Von Roman Ahrens
Vor allem über die linke Außenbahn kommend ist Eder eine echte Waffe
© getty

Mit neun Treffern liegt Sampdoria Genuas Eder auf dem zweiten Rang der Torjägerliste der Serie A TIM. Bis zum Durchbruch war es für den Stürmer allerdings ein weiter Weg. Dieser soll jetzt bis zur EM 2016 in Frankreich führen.

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Müsste man sich für eine typische Szene für das Spiel von Eder Citadin Martins entscheiden, es wäre wohl die vom 28. März 2015: Italien liegt in der EM-Quali gegen Bulgarien in Sofia 1:2 hinten, die Blamage und ein schmerzhafter Punktverlust in der Gruppe H drohen.

Dann schlägt der Mann von Sampdoria Genua zu. Ballannahme am Sechzehnereck mit dem Rücken zum Tor, schnelle Drehung und ein satter Rechtsschuss ins lange Eck - die Squadra Azzura sichert sich zumindest einen Punkt.

Was die Szene neben der Symptomatik für die Stärken des 1,78 Meter großen Stürmers so besonders macht, ist dessen Vorgeschichte: Das Debüt von Eder in der Nationalelf sorgte für hitzige Diskussionen, angefacht vor allem durch Inter-Coach (und Ex-Genua-Spieler!) Roberto Mancini.

Der forderte, italienische Nationalspieler sollten doch bitteschön auch italienisch sein und keine Oriundi, also Spieler, die außerhalb des Stiefels geboren sind. Eder, gebürtiger Brasilianer aus der Stadt mit dem klangvollen Namen Lauro Müller, gab die Antwort auf dem Platz.

Gut Ding will Weile haben

Und das tut der 29-jährige Stürmer von Sampdoria Genua in schöner Regelmäßigkeit. Neun Tore stehen für ihn aktuell zu Buche, gleich sechsmal traf er zum wichtigen 1:0. Hinter Gonzalo Higuain macht ihn das zum zweitbesten Torjäger der Serie A TIM.

Der Mann, der optisch an eine Mischung aus dem Ex-Bremer Diego und Barcas Deco erinnert, ist ein klassischer Spätentwickler. Zwar netzte er in den letzten drei Spielzeiten 31 Mal, doch bis zu seinem Durchbruch dümpelte Eder zeitweise mit dem FC Empoli in der Serie B rum - bis er den Klub aus Ligurien 2010 mit 27 Treffern ins Oberhaus schoss.

Für drei Millionen wechselte der Torjäger danach zu Brescia, wo ihm trotz regelmäßiger Einsätze nur sechs Treffer gelangen. Er ging für ein halbes Jahr zum AC Cesena, doch auch dort wollte es nicht recht laufen.

Wohlfühlzone Genua

Erst bei Sampdoria Genua, wohin er 2012 verliehen wurde, fand der wendige Angreifer zu alter Stärke zurück und empfahl sich für eine Verpflichtung. 3,5 Millionen war Eder dem ehemaligen Mustafi-Klub wert. Eine gute Investition, wie sich in der Folgezeit herausstellen sollte. Mittlerweile liegt Eders Marktwert bei 15 Millionen. Im Sommer wurde er von den Medien bereits zu Inter Mailand geschrieben - bis man dort einen gewissen Ivan Perisic verpflichtete.

Der Brasilianer des Typs Schwiegermutters Liebling aber hat nicht vergessen, dass er erst in Ligurien richtig aufblühte und verlängerte seinen Vertrag bis 2020 - allerdings inklusive einer kolportierten Gehaltserhöhung auf 1,5 Millionen. "Die Sampdoria-Fans haben mich in den letzten vier Jahren immer unterstützt und ich bin froh hier zu sein", sagte Eder.

Ein Eder allein reicht nicht

Das Gehalt zahlt Eder mit seinen Toren fleißig zurück. Im 4-3-3 mit den beiden Kolumbianern Luis Muriel und Carlos Carbonero gibt er meist den linken Außenstürmer. Von dort kann er nach innen ziehen und seine schärfste Waffe, den rechten Fuß, zum Einsatz bringen.

Abwehrarbeit ist für den Italo-Brasilianer aber ebenfalls kein Fremdwort. "Er hilft uns auch sehr in der Defensive", strich sein Ex-Trainer Sinisa Mihajlovic eine weitere Qualität heraus.

Trotz seiner Treffer ist Sampdoria derzeit nur Tabellenzwölfter. Gerade gegen die Teams aus der unteren Tabellenhälfte ließen die Blucerchiati des neuen Trainers Vincenzo Montella viele Punkte liegen. So auch jüngst beim 1:0 gegen Udinese Calcio, das aus den sechs Partien zuvor nur einen Sieg gegen Aufsteiger Frosinone holte.

Die Nummer 23 aber sticht immer wieder aus dem Kollektiv heraus und ist so ein ernsthafter Kandidat für die italienische Startelf bei der Euro 2016. Zumal Trainer Antonio Conte die leidige Oriundi-Diskussion mit nur einem Satz beendete: "Die besten Spieler müssen in der Nationalmannschaft spielen."

Denn nicht zuletzt dank des gebürtigen Argentiniers Mauro Camoranesi wurde die Squadra Azzura 2006 Weltmeister. Den bezeichnet Eder als sein großes Vorbild: "Ich würde gern in seine Fußstapfen treten und ich wäre froh, wenn ich nur die Hälfte seines Erfolgs hätte."

Derzeit scheint er auf einem guten Weg. Achtmal durfte Eder bisher das azurblaue Trikot tragen, wobei er zwei Treffer erzielte. In fünf der letzten sechs Länderspiele stand der Torjäger in der Startelf, meist als Gegenpart zu Southamptons Sturmtank Graziano Pelle (1,93 Meter). Hält Eder sein Niveau, dürfte er seinen Stammplatz so schnell nicht verlieren.

Eder im Steckbrief

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