Spaghetti-Lüge? Nicht mit Alexander Merkel

Von Interview: Christian Bernhard
Alexander Merkel wechselte im Sommer von Meister AC Milan zum FC Genua
© imago

Der deutsche Youngster Alexander Merkel ist nach einem kometenhaften Aufstieg in der vergangenen Serie-A-Saison italienischer Meister mit dem AC Milan geworden. Im Sommer wechselte er zum FC Genua, Milan hat aber 50 Prozent der Transferrechte am 19-jährigen Mittelfeldspieler behalten. Vor dem Saisonstart in Italien spricht Merkel im Interview über seinen spektakulären Einstand in Genua, ein Missverständnis mit DFB-Sportdirektor Matthias Sammer und schafft eine "Spaghetti-Lüge" aus der Welt.

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SPOX: Herr Merkel, am Montagabend hat der FC Barcelona im "Gamper-Cup" Napoli mit 5:0 entzaubert. Ihnen dürfte dieser Cup auch noch gut in Erinnerung sein.

Alexander Merkel: Allerdings, da habe ich vergangenes Jahr mit Milan gegen Barca gespielt.

SPOX: Sie sind damals für Ronaldinho ins Spiel gekommen. Ronaldinho ist schon lange nicht mehr in Mailand, Sie sind in der Zwischenzeit Meister geworden und mittlerweile nach Genua gewechselt. Ein aufregendes Jahr.

Merkel: Ja, ich bin überrascht, wie schnell es im Fußball gehen kann und überglücklich, wie es bisher für mich gelaufen ist. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen. Aber ich bin noch jung und kann noch viel dazulernen.

SPOX: Wie haben Sie sich in Genua eingelebt?

Merkel: Bis jetzt lief alles optimal, ich fühle mich pudelwohl. Der Verein und die Teamkameraden haben mich gut aufgenommen, alles ist super.

SPOX: Sie sind am vergangenen Wochenende mit Ihrem neuen Verein spektakulär in die neue Saison gestartet. In der ersten Pokalrunde gab es einen 4:3-Erfolg gegen Zweitligist Nocerina, der Siegtreffer fiel in der 92. Minute.

Merkel: Spektakulär war es auf alle Fälle. Das Wichtigste ist, dass wir gewonnen haben, aber so spannend wollen wir es eigentlich nicht immer machen. Es gibt noch viel zu verbessern. Aber es war schön, das erste Spiel zuhause zu machen.

SPOX: Die FC-Genua-Fans gehören zu den heißesten in Italien. Wie war Ihr Eindruck von der Nordkurve?

Merkel: Das war der Wahnsinn. Als ich ausgewechselt wurde, habe ich fünf Minuten lang nur auf die Fans geschaut. Die haben 90 Minuten am Stück durchgesungen. Riesen Kompliment an unsere Tifosi, das war sehr warmherzig und beeindruckend. Die Genua-Fans sind wirklich etwas Besonderes.

SPOX: Ich gehe einfach mal davon aus, dass Sie immer wieder mal einen Blick die italienischen Sport-Tageszeitungen werfen.

Merkel: Auf jeden Fall, da komme ich nicht drum rum. (lacht)

SPOX: Dann dürfte Ihnen aufgefallen sein, dass Sie in keiner der voraussichtlichen Aufstellungen für die Saison als Stammspieler erscheinen.

Merkel: Das habe ich gesehen, aber ich lege keinen großen Wert drauf. Ich muss jeden Tag meine Leistung bringen und am Ende des Tages entscheidet der Trainer, nicht die Zeitung.

SPOX: Auf dem Papier spielen Sie nicht, auf dem Platz sind Sie zuletzt aber zweimal in der Startelf gestanden.

Merkel: Genau, es hat also nicht gestimmt, was in der Zeitung stand. (lacht)

SPOX: Sie haben zweimal auf der Zehn gespielt. Ist das die Position, die Sie am liebsten haben?

Merkel: Ich fühle mich allgemein im Mittelfeld wohl, auch etwas defensiver als auf der Zehn. Ich bin bereit, da zu spielen, wo mich der Trainer hinstellt.

Besuche Alex Merkel auf seiner Facebook-Seite

SPOX: Wie lief die Zusammenarbeit mit Coach Alberto Malesani in den ersten Wochen?

Merkel: Bisher kann ich nur Positives berichten, wir haben sehr gut harmoniert und viel im taktischen Bereich gearbeitet. Wir haben viele variabel einsetzbare Mittelfeldspieler. Ich möchte den Trainer so von mir überzeugen, dass er nicht drum rumkommt, mich aufzustellen. Deshalb gebe ich in jedem Training Vollgas.

SPOX: Der FC Genua hat im Sommer zehn neue Spieler geholt. Einer der Top-Transfers war jener von Sebastian Frey.

Merkel: Er ist wirklich ein sehr, sehr erfahrener Keeper. Außerdem ist er ein witziger Kerl, ich komme sehr gut mit ihm aus. Er kokettiert nicht damit, dass er ein Top-Fußballer ist. Das gefällt mir.

SPOX: Ein weiterer Top-Spieler könnte noch folgen: Laut Medienberichten ist Genua sehr an der Verpflichtung von Alberto Gilardino interessiert.

Merkel: Gilardino ist ein super Stürmer, den man in der ganzen Fußball-Welt kennt. Ich würde mich freuen, wenn er kommen würde. Aber unser Kader ist auch so schon sehr gut.

SPOX: Apropos Mittelstürmer: Stimmt es, dass Sie in der Ex-Wohnung von Luca Toni wohnen?

Merkel: Ja, per Zufall. Toni war der Vormieter. Der Verein hat mir einige Wohnungen gezeigt, und ich habe mich für diese entschieden, weil sie mir am besten gefallen hat und direkt am Meer liegt. Wenn man schon mal die Möglichkeit hat, direkt am Meer zu wohnen, muss man das mitnehmen.

SPOX: Mit dem Essen dürfte es auch keine Probleme geben.

Merkel: Nein, das Essen ist in Italien sehr gut, da kann man niemandem Vorwürfe machen. (lacht)

SPOX: Ich frage deshalb, da Sie Anfang des Jahres in einem Interview mit der Aussage 'Es gibt immer das Gleiche: Spaghetti mit Tomatensauce. Ich kann das fast nicht mehr sehen' für Aufsehen im hochkulinarischen Italien gesorgt haben.

Merkel: Nein, das wurde falsch aufgenommen. (lacht)

SPOX: Dann klären wir das am besten auf.

Merkel: Gerne. In dem Interview konnte man den Eindruck gewinnen, dass ich keine Pasta mehr mag. Das stimmt nicht. Der Journalist hat mich gefragt, was ich gerade gegessen habe. Daraufhin habe ich gesagt, dass wir in letzter Zeit sehr oft Pasta mit Tomatensauce essen. Deshalb habe ich heute mal Reis genommen. Daraus wurde gemacht: 'Alexander Merkel liebt keine Pasta mit Tomatensauce aus Milanello.'

SPOX: Zurück zum Sportlichen: Am Wochenende wartet mit der Auswärtspartie in Neapel ein sehr schwerer Auftakt auf Sie und Ihre Teamkollegen. Stichwort: Cavani, Lavezzi und Hamsik.

Merkel: Das stimmt, aber im Fußball ist nichts unmöglich. Wir gehen positiv gestimmt in das Spiel, denn wir haben keine Angst - vor niemandem.

SPOX: Auf was freuen Sie sich besonders?

Merkel: Auf das Spiel natürlich, endlich startet die Liga! In Neapel wird die Hütte voll sein, das wird ein heißes Spiel. Ich kann es kaum erwarten.

SPOX: Wie lauten Ihre Saisonziele mit Genua?

Merkel: Ich möchte von Tag zu Tag, von Spiel zu Spiel denken - und auf so viele Einsätze wie möglich kommen. Ein Europa-League-Platz wäre super: Wir haben einen sehr guten Kader und brauchen uns gar nicht zu verstecken. (lacht) Am liebsten würde ich ja wieder Meister werden.

SPOX: Das dürfte sehr schwer werden. Wer sind Ihre Titelfavoriten?

Merkel: Ich habe keinen speziellen Titelfavoriten. Die Liga ist sehr stark besetzt und ausgeglichen. Man kann im Fußball nie wissen, was passiert.

SPOX: Trauen Sie Ihren Ex-Kollegen vom AC Milan die Titelverteidigung zu?

Merkel: Milan hat eine sehr gute Truppe, sie gehören zu den Mitfavoriten.

SPOX: Sind Sie mit den Milan-Jungs noch in Kontakt?

Merkel: Klar, Mark van Bommel und Kevin-Prince Boateng höre ich oft. Von Genua ist es ja nicht so weit nach Mailand, aber bis jetzt hatte ich noch nicht die Zeit, nach Mailand zu fahren.

SPOX: Und Milan-Coach Massimiliano Allegri, der Sie zum Serie-A-Spieler gemacht hat?

Merkel: Dem Trainer habe ich sehr viel zu verdanken, er hat vergangene Saison auf mich gebaut. Er hat mich zu dem Spieler gemacht, der ich bin. Wir sind in gutem Kontakt verblieben.

SPOX: Nach dem Liga-Auftakt reisen Sie gleich zur deutschen U-20-Nationalmannschaft.

Merkel: Darauf freue ich mich, das wird ein schönes Erlebnis.

SPOX: Und eine gute Gelegenheit, Dissonanzen mit dem DFB aus dem Weg zu räumen. DFB-Sportdirektor Matthias Sammer hatte im Juni gesagt, Sie seien sich "zu schade, für die U 19 zu spielen".

Merkel: Das war ein Missverständnis. Das müssen wir aus der Welt schaffen, denn ich möchte keine Probleme aufkommen lassen. Ich habe damals kein falsches Wort verloren.

SPOX: Was genau war passiert?

Merkel: Das war damals alles mit dem Nationaltrainer (Horst Hrubesch, Anm. d. Red.) abgesprochen. Er hatte gesagt, ich müsse nicht kommen, da ich mit Milan gespielt hatte. Ich habe nie gesagt: 'Ich komme einfach nicht.'

Alexander Merkel im Steckbrief