"Der Wendepunkt war der Son-Pass"

SID
Roberto Hilberts (r.) Vertrag läuft bei Bayer Leverkusen zum Saisonende aus
© imago

Roberto Hilbert saß bis Mitte September auf der Tribüne. Seitdem ist der Rechtsverteidiger bei Bayer Leverkusen gesetzt und hat keine Minute mehr verpasst. In seiner SPOX-Kolumne spricht der 30-Jährige über sein Innenleben in dieser Phase und verrät den Wendepunkt. Und: Er spricht über seine alte Liebe.

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Hallo zusammen,

ich weiß, dass die Länderspiel-Pausen viele Club-Fans vielleicht etwas nerven. Für mich als Profi sind sie dagegen immer wieder eine gute Gelegenheit, etwas durchzuatmen, mit der Familie und Freunden etwas zu unternehmen oder andere Angelegenheiten zu erledigen. Ich finde Zeit für Dinge, zu denen ich ansonsten im normalen Liga-Betrieb nicht komme, und es ist auch nicht so verkehrt, hier und da nicht nur an Fußball zu denken.

Auch das Training ist anders. Wir trainieren zwar auch in den Länderspiel-Pausen sehr hart und intensiv, aber man ist nicht im Vorbereitungsmodus, man muss sich nicht auf ein Spiel fokussieren. Natürlich hätte die Pause für mich in dieser Phase nicht kommen müssen, nachdem ich zuletzt wieder gespielt habe.

Allerdings habe ich auch die hohe Belastung etwas gespürt, weil ich lange erst überhaupt nicht zum Zuge kam und dann mehrere Spieler über die volle Distanz absolviert habe. Das kostet Kraft und Energie.

Ein altbekanntes Muster

Ich bin sehr froh darüber, dass ich die Chance bekommen habe, wieder zu spielen. Ich glaube, dass ich sie auch genutzt habe. Der Trainer hat mir in dieser Phase das Gefühl gegeben, dass er sehr zufrieden mit mir ist.

Ich weiß auch nicht, woran es liegt, dass die letzten Jahre meiner Karriere ein gewisses Muster haben: Erst einmal bin ich nicht gesetzt, sitze auf der Tribüne oder auf der Bank und bin dann plötzlich doch wieder dabei. Das war auch zu Beginn meiner drei Jahre bei Besiktas Istanbul so.

Man grübelt natürlich darüber, woran es liegt. Ich mache mir viele Gedanken, frage mich, ob es an mir oder an meiner persönlichen Art liegt.

Es ist keine einfache Situation, wenn man hart trainiert und arbeitet und dann doch eine Enttäuschung einstecken muss, wenn man am Wochenende nicht auf dem Platz steht. Aber: Ich kenne das Wort "Aufgabe" nicht und bleibe geduldig, bis ich meine Chance bekomme.

Roberto Hilbert bei Facebook

Keine Panik

Ich bin nie in Panik verfallen oder habe nie die Ruhe verloren. Zum einen hat mir mein persönliches Umfeld sehr geholfen: Meine Familie, meine Freunde, meine Berater. Sie haben mich immer unterstützt und mir Mut gemacht.

Geholfen hat mir zum anderen aber auch die Zeit in der Türkei. Dort musste ich auch wegen der Ausländerbegrenzung lange warten und mich in Geduld üben. Letztlich spielte ich doch. Die Türkei war aber nicht nur deswegen eine gute Erfahrung, die Zeit in Istanbul war für alle Lebenslagen sehr förderlich.

Es gab schon damals bei Besiktas die Spiele, die für mich ein Wendepunkt waren. Ein solcher war diesmal unser Augsburg-Spiel: Ich habe erst kurz vor Spielbeginn erfahren, dass ich in der Startelf stehe, nachdem ich vorher nur auf der Tribüne saß. Ich glaube, es lief ganz ordentlich - und ich habe den Pass auf Heung-Min Son gespielt, der zum Siegtor geführt hat. Das war ein schöner Moment.

Offene Zukunft

Im Sommer kamen Gerüchte auf, dass ich den Klub aufgrund der fehlenden Perspektive verlassen werde. Ich habe dem Klub und dem Trainer damals aber in persönlichen Gesprächen mitgeteilt, dass ich hier bleiben und mich durchsetzen will. Da im nächsten Sommer mein Vertrag ausläuft, werden diese Gerüchte wieder aufkommen, aber ich habe mir noch keine Gedanken gemacht, wie es weitergeht.

Klar ist, dass ich in einer Phase meiner Karriere bin, in der der nächste Vertrag sehr wichtig ist und alles passen muss. Mal schauen, wie es weitergeht. Aber meine Familie und ich fühlen uns in Leverkusen sehr wohl. Ich bin stolz, Teil der Werkself-Familie zu sein.

Viel wichtiger als meine persönliche Zukunft ist allerdings die Gegenwart und die beschert mir nun ein Wiedersehen mit dem VfB Stuttgart, wo wieder mein früherer Trainer Armin Veh arbeitet. 2007 haben wir gemeinsam unseren größten Erfolg gefeiert. Für ihn als Trainer, für mich als Spieler. In Stuttgart waren es tolle Jahre, es ist eine wunderschöne Stadt, ich habe dort meine engsten Freunde. Ich fühle mich nicht nur bei Bayer, sondern auch dort zu Hause. Es ist einfach schön, wieder nach Hause zu kommen.

Lieben Gruß

Euer Roberto

Roberto Hilbert im Steckbrief

Roberto Hilbert, geboren am 16. Oktober 1984 in Forchheim, spielte acht Mal für die deutsche Nationalmannschaft. Nach seiner erfolgreichen Zeit beim Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth wechselte Hilbert 2006 zum VfB Stuttgart und wurde in seiner ersten Saison auf Anhieb Stammspieler und deutscher Meister. Nach drei Jahren in der Türkei, wo er für den Spitzenklub Besiktas spielte, kehrte er in die Bundesliga zurück. Weitere Informationen zu Roberto Hilbert gibt es auf seiner Facebook-Seite.

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