Paris Saint-Germain: Quelle misere?!

Von Jochen Tittmar
Haben sich nur wenig zu sagen: Leonardo (l.) und PSG-Trainer Antoine Kombouare
© Imago

Paris Saint-Germain gehört seit Saisonbeginn zu den reichsten Klubs der Welt und liegt sportlich im Soll. Den neuen Anteilseignern aus Katar geht die Entwicklung hin zu einem europäischen Vorzeigeklub aber offenbar nicht schnell genug. Auf der Suche nach prominenten Namen fängt sich Sportdirektor Leonardo jedoch eine Absage nach der anderen ein. Vielleicht macht ja David Beckham den Anfang.

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Passiert ist immer noch nichts. Antoine Kombouare ist weiterhin Trainer von Paris Saint-Germain. Schaut man sich die nackten Zahlen an, ist dem Coach neukaledonischer Abstammung auch nur wenig vorzuwerfen. In der Liga rangiert der Hauptstadtklub punktgleich hinter Überraschungstabellenführer HSC Montpellier auf Platz zwei.

Freie Hand für Sportdirektor Leonardo

Das ist allerdings zu wenig für die Hauptstädter. Seit vergangenen Sommer geht es in der Stadt der Liebe vorrangig um Prestige und Renommee.

Die "Qatar Investment Authority" unter Vorsitz des neuen Klubchefs Nasser Al-Khelaifi, ehemaliger Tennisprofi, Besitzer des Sportsenders "Al Jazeera Sport" und Statthalter des katarischen Kronprinzen Tamim bin Hamad Al Thani, hat dank einer 70-prozentigen Aktienbeteiligung die Hoheit des Vereins übernommen. Paris Saint-Germain ist die französische Ausgabe von Manchester City. Geld spielt keine Rolle. In Europa vorzeitig die Koffer packen zu müssen, ist nun nicht mehr drin.

Video: Girondins Bordeaux - Paris St.-Germain, 13. Spieltag

Da Al-Khelaifi so fair ist, zuzugeben, vom sportlichen Tagesgeschäft nur wenig Ahnung zu haben, kam mit Leonardo ein gewiefter Sportdirektor mit Pariser Vergangenheit. Der Brasilianer personifiziert die sportliche Führung des Klubs.

Er genießt die volle Rückendeckung seiner schwerreichen Vorgesetzten, kann schalten und walten, wie es ihm beliebt.

Wirtschaftliche und sportliche Renaissance

83 Millionen Euro - Rekord in der Historie des französischen Fußballs - investierte Leonardo kurzerhand in Javier Pastore, Kevin Gameiro, Jeremy Menez, Mohamed Sissoko und ein paar andere. Fortan, so Al-Khelaifi bei seiner offiziellen Vorstellung, seien nationale Titelgewinne sowie Champions-League-Teilnahmen aufgrund der unerschöpflichen Mittel selbstredend unerlässlich.

Paris Saint-Germain: Der Kader im Überblick

Wagt man nun wieder den Blick aufs Tableau der Ligue 1, kommt man eigentlich nicht daran vorbei, dem neu formierten Kader eine gute Entwicklung zu attestieren. Zwischenzeitlich neun Siege aus zehn Spielen etablierten Paris an der Tabellenspitze. Pastore und Co. brillierten bisweilen.

Die Trikotverkäufe zogen um 180 Prozent an und mit 16.000 wurden beinahe viermal so viele Dauerkarten verkauft wie im Vorjahr. Das kritische Pariser Publikum war von der Renaissance des Klubs rundum begeistert. Es sind nämlich noch keine 20 Monate vergangen, da dümpelte der PSG mit grausamem Fußball auf Rang 13 der Liga vor sich hin.

Absagen von Ancelotti, Hiddink, Benitez und Lucescu

Dieser Aufschwung hat die Position von Coach Kombouare jedoch keinesfalls gestärkt - im Gegenteil. Seit einer gefühlten Ewigkeit tingelt Leonardo auf der Suche nach einer großen Lösung für die Trainerbank durch die Lande. Kombouare, ehemals PSG-Innenverteidiger und 2010 immerhin Pokalsieger, ist dem neuen Edelprodukt trotz ansprechender Arbeit längst zu profillos.

Video: Paris Saint-Germain - AS Nancy, 14. Spieltag

Bemerkenswerterweise ist das bloße Wedeln mit den Geldscheinen allerdings nicht immer der Weisheit letzter Schluss. Carlo Ancelotti, Guus Hiddink, Rafa Benitez und Mircea Lucescu erteilten Leonardo allesamt recht zügig eine Absage. Jede dieser Optionen gelang an die Öffentlichkeit und schwächte Kombouares Position Stück für Stück.

Einhergehend mit den ständigen Diskussionen und Gerüchten, die den Klub seit Saisonstart begleiten, stürzte die Mannschaft in eine Schwächephase. Drei Spiele in Folge ohne Sieg, darunter ein ernüchterndes 0:3 bei Erzrivale Olympique Marseille, bedeuteten den Verlust der Tabellenspitze. Nach dem jüngsten 0:2 in Salzburg ist das internationale Überwintern zudem äußerst fraglich.

Die Europa-League-Gruppe F im Überblick

Kombouare bleibt stoisch

Auch wenn sich das Team seitdem mit zwei Siegen aus zwei Partien wieder gefangen und somit gezeigt hat, dass Kombouare die Spieler noch erreicht, bleibt seine Entlassung nur noch eine Frage des geeigneten Zeitpunkts. Wann dieser kommt, darüber ist sich Leonardo offenbar selbst nicht im Klaren.

Es mutete zuletzt jedenfalls reichlich verzweifelt an, Claude Makelele, aktuell in beratender Funktion tätig und baldiger Besitzer der Trainerlizenz, den Posten als Interimscoach schmackhaft zu machen. Makelele sagte ab. Wer will seine Trainerkarriere schon als Königsmörder starten und möglicherweise bald einer prominenteren Lösung Platz machen?

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Erstaunlich derweil, wie stoisch Kombouare seit Wochen die zweifelhaften Arbeitsbedingungen hinnimmt. Hinsichtlich seiner Zukunft hört man kein Wort von ihm. Der Schlagabtausch mit Leonardo, zu dem ihn die französische Presse ungeduldig drängt, bleibt aus. Sein Vorteil: Während Leonardo seit seinem Wechsel 1997 als Spieler zum AC Milan beim Publikum den Ruf des Verräters inne hat, genießt Kombouare Unterstützung von Mannschaft und Zuschauern.

David Beckham als neues Prestigeobjekt

"Er hat bislang einen guten Job gemacht. Er sagt, wir sollen uns keine Gedanken über ihn machen und uns auf den Fußball konzentrieren. Für mich ist er genau der richtige Mann für diesen Job. Wir unterstützen ihn zu einhundert Prozent. Oft ist nicht nur der Trainer das Problem", sagte Menez letzte Woche. Stürmer Gameiro hat für die verworrene Lage nur Unverständnis übrig: "Wir sind Zweiter und nicht Letzter."

Doch auch die Bekenntnisse seiner Spieler werden Kombouare über kurz oder lang nicht retten. Der Hype um den PSG wird sich so schnell nicht legen. Al-Khelaifi kündigte für die Saison 2013/14 bereits Umbaumaßnahmen im altehrwürdigen Parc des Princes an.

Und Leonardo wird der Mannschaft neben einem glanzvollen Übungsleiter wohl auch bald das nächste Prestigeobjekt vorsetzen: Der Wechsel von David Beckham - 13 Millionen Euro Gehalt für 18 Monate Vertrag stehen im Raum - soll beschlossene Sache sein.

Verteidiger Sylvain Armand schüttelt den Kopf: "Ich habe keine besondere Lust darauf, dass er kommt. Er wird gut sein fürs Image, aber auf dem Platz...". Immerhin: Passiert ist noch nichts.

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