Porno, Koks und Kung-Fu-Fighting

Von Raphael Honigstein
Newcastles Lee Bowyer und Kieron Dyer (M.) gerieten in einem Liga-Spiel 2005 heftig aneinander
© Getty

Die Premier League liefert jede Woche Highlights - auf dem Platz, aber auch daneben. Ob Eric Cantona, Robbie Fowler oder der vermeintliche Cousin von George Weah: Raphael Honigstein über die größten Skandale der Premier-League-Geschichte.

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Die Bundesliga mag im Vergleich zur Premier League die finanziell solidere, fanfreundlichere Veranstaltung sein, doch was die Qualität der Skandale und Eskapaden angeht, spielt man in England weiter auf unerreicht hohem Niveau. Aus aktuellem Anlass - Arsenals Jack Wilshere flog kürzlich aus einer Londoner Disko, weil er jungen Damen mit der Handykamera mal eben unter die Röcke schauen wollte - kommt hier die Top-Elf der größten Premier-League-Skandale.

11. Robbie Fowler hat die Nase voll

Der Stürmer vom FC Liverpool war immer für eine Prise Wahnsinn gut. 1999 packte er nach einem Elfmetertor im Derby gegen Everton eine besondere Jubelgeste aus: Fowler kniete an der Fünfmeterlinie nieder und tat so, also ob er sich eine Line Koks reinziehen würde. Der mit Immobilienkäufen in großem Stil zu einem der reichsten Spieler in der Premier-League-Geschichte gewordene Witzbold erklärte später, die Szene habe Everton-Fans gegolten, die ihn mit Gerüchten über Drogenkonsum verunglimpft hatten.

Liverpools Trainer Gerard Houllier behauptetet sogar ernsthaft, Fowler hätte sich den Jubel von Team-Kollege Rigobert Song abgekuckt, der Treffer mit einer besonderen, kamerunischen "Grasfresser"-Choreographie feiern würde. Obwohl Fußball auf der Insel offiziell als Wintersport firmiert, hatte die Football Association jedenfalls kein Gespür für diese Art von Schnee. Fowler wurde zu einer Sperre für vier Spiele verdonnert.

10. Zwei Gauchos im East End

Der Mann vor den Mikrofonen hatte keine Ahnung, und er gab sich nicht mal die Mühe, etwas anderes vorzutäuschen. "Mysteriös" und "faszinierend" sei der Deal, sagte Alan Pardew 2006 bei der offiziellen Vorstellung von Carlos Tevez und Javier Mascherano im Upton Park. Genaueres wusste er nicht, genaueres wollte er wohl auch nicht wissen. "Lassen Sie uns die beiden ein Jahr lang genießen", lächelte der Trainer von West Ham United vergnügt.

Die von unbekannten Hintermännern finanzierte Agentur MSI hatte die beiden Argentinier als vermeintlich billiges Leihgeschäft an die Themse gebracht. Tevez bewahrte die Hammers mit seinen Toren letztlich vor dem Abstieg, aber nicht vor einem saftigen Rechtsstreit. Da das Vertragswerk für den Stürmer nicht den Regeln entsprach, klagte Absteiger Sheffield United eine Entschädigung von 25 Millionen Pfund ein. West Ham stand danach kurz vor dem Ruin und musste von zwei Pornobaronen (David Gold und David Sullivan) gerettet werden.

9. Aus Ashley wird Cashley

Seitensprünge in Hotels sind im englischen Fußball bekanntlich weit verbreitet. Eher selten verabreden sich aber vier Männer zu einem romantischen get together. Chelsea-Geschäftsführer Peter Kenyon und Jose Mourinho luden im Januar 2005 Arsenals Linksverteidiger Ashley Cole und seinen Berater zu einem Treffen in einer Londoner Luxusherberge ein, um den Spieler zu einem Wechsel zu den Blues zu bewegen. Die Sache flog auf. Chelsea, Mourinho, Ashley und sein Berater zahlten Geldstrafen; der Ruf der Blauen und Ashs war ramponiert. Ein Jahr hielt Cole es noch bei den Gunners aus, um im Sommer 2006 an die Stamford Bridge zu wechseln. Seine Vorliebe für unerlaubte Dates im Hotelzimmer behielt er dort bei.

8. Joey drückt ein Auge zu

Auf englischen Vereins-Weihnachtsfeiern geht es gerne hoch her. Auch wenn keine Stripperinnen mit von der Partie sind, wird es manchmal sehr heiß: bei der Party von Manchester City versuchte im Dezember 2004 Jugendspieler Jamie Tandy das Hemd von Joey Barton anzuzünden. Der Mittelfeldspieler mit dem leichten Hang zur Gewalttätigkeit fand das sehr lustig und revanchierte sich auf ähnlich spaßige Weise. Er versuchte, seine Zigarre auf Tandys Augenlidern auszudrücken. Das haute zum Glück nicht ganz hin. Tandy kam mit ein paar Narben davon, Barton musste 60.000 Pfund zahlen.

7. Da war doch was....

Manche Fußballer sind ein bisschen zerstreut. Sie lassen ihre Schuhe oder Manieren zu Hause, manchmal vergessen sie einfach auch, dass sie fest liiert sind. Eine Dopingprobe zu verpassen hat bisher aber nur Rio Ferdinand geschafft. 2003 erschien der Verteidiger von Manchester United einfach nicht zum Wasserlassen und ging dafür zum Einkaufen in die Stadt. "Ich ziehe gerade um, ich war so beschäftigt", erklärte er später seinen (angeblichen) Blackout. Die FIFA sperrte ihn für acht Monate. Englands Kapitän David Beckham zettelte daraufhin aus falsch verstandener Loyalität einen Streik der Nationalmannschaft an, der jedoch nach wenigen Stunden wieder zusammenbrach.

6. Grahams Schmierenkomödie

George Graham, der Trainer des FC Arsenal, hatte im August 1994 ein Problem: die britische Steuerbehörde wollte wissen, wieso umgerechnet 637.000 Euro auf Konten in Irland und der Insel Guernsey gelandet waren. Graham erklärte, die Gelder seien als "unverlangte Geschenke" von Spielerberatern zu ihm gelangt.

Die Gunners stellten bald fest, dass der Coach bei mindestens zwei Spielerkäufen mitverdient hatte. Arsenal hatte beispielsweise 2,4 Millionen Euro für John Jensen (FC Bröndby) gezahlt; nur 1,3 Millionen davon waren tatsächlich bei den Dänen angekommen. Graham, der einzige englische Trainer, der sich bei der in der Branche üblichen Praxis hat erwischen lassen, wurde im Mai 1995 gefeuert und für ein Jahr gesperrt. 1996 war er als Trainer von Leeds United wieder im Geschäft.

Teil 2: Die fünf größten Skandal - plus Zugabe