Chelseas Ex-Talent Yann Gueho: "Der Beste der Welt - wenn er noch spielen würde"

Von Daniel Buse
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Alle ehemaligen Mitspieler nennen Yann Gueho, wenn sie nach ihrem besten Teamkollegen gefragt werden. Doch Fußball spielt der schon lange nicht mehr.

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"Im besten Fußball-Alter sein" ist eine Floskel, die gerne mal von den TV-Kommentatoren benutzt wird. Welches Alter das genau ist, bleibt meist offen, doch Yann Gueho dürfte mit seinen 28 Jahren genau in diesem besten Fußball-Alter sein. Der Franzose wurde unter anderem beim FC Chelsea ausgebildet und glänzte als Jugendlicher - doch seit sieben Jahren spielt er gar keinen Fußball mehr.

Dass sich seine ehemaligen Mitspieler und Trainer nicht nur an ihn immer noch bestens erinnern, sondern regelrecht ins Schwärmen geraten, hat mit seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten zu tun. "Er wäre jetzt hundertprozentig der beste Spieler der Welt, wenn er noch spielen würde", sagte beispielsweise sein Ex-Chelsea-Kollege Alex Davey bei The Athletic.

Dass Yann Gueho allerdings schon lange nicht mehr Fußball spielt, hat mit seiner schwierigen Persönlichkeit, einem Raubüberfall, Gefängnisstrafen und einer psychischen Erkrankung zu tun.

"Es ist schwer, den Leuten das beizubringen, dass Yann Gueho talentierter als Mbappé und Dembélé war", erklärte sein ehemaliger Mitspieler Damien Dussaut, der später für Standard Lüttich kickte. "Alle sagen dann immer 'Du spinnst doch, der spielt ja gar nicht mehr'. Aber ich sage dann 'Jungs, ihr hättet ihn sehen müssen, er konnte Spiele im Alleingang gewinnen'. Er war ein Zauberer", fügte Dussaut hinzu.

Yann Gueho will die Gegner vorführen

Die fußballerischen Qualitäten waren bei Gueho im Überfluss vorhanden - das war allen, die ihn jemals kicken sahen, schon ganz früh klar. Als Flügelspieler liebte er die Tricks und Dribblings, um nicht nur am Gegenspieler vorbeizukommen, sondern ihn dabei auch noch vorzuführen. "Yann hat dann wieder auf den Gegner gewartet, damit der ausrastet, ihn umgrätschen will - und dann hat er ihn nochmal lächerlich gemacht", erinnerte sich Adi Viveash aus der Chelsea-Jugendabteilung.

"Er hat in jedem Spiel einen Elastico in der Luft gemacht, einfach, weil es ihm gefiel. Er hat dem Gegenspieler einen Tunnel verpasst - und dann den zweiten, wenn der sich gedreht hatte", blickte Reda Bekhti, sein Ex-Coach bei Paris FC, zurück.

Warum aber spricht die Fußball-Welt nun von Mbappé und Dembélé - und nicht von Yann Gueho? Grund dafür sind vor allem die Probleme, die das Talent auf und vor allem neben dem Platz hatte. Ihn als "schwierigen Charakter" zu bezeichnen, wäre vermutlich eine große Untertreibung.

Spielte beim FC Chelsea mit Yann Gueho zusammen: Adam Nditi.
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Spielte beim FC Chelsea mit Yann Gueho zusammen: Adam Nditi.

Yann Gueho "hatte die schlechteste Einstellung"

Gueho ließ seine Trainer nicht nur von ihm schwärmen, sondern regelmäßig auch verzweifeln. "Was verrückt war, war, dass er fünf Minuten lang wie ein perfekter Erstliga-Spieler spielen konnte - und in den fünf Minuten danach musste man ihn auf dem Platz suchen, denn er trabte nur herum, war nicht am Spiel interessiert und schaute in den Himmel", sagte sein Ex-Trainer Alexandre Monnier.

Seine Glanzleistungen in seinen guten fünf Minuten sorgten dafür, dass ihm die Trainer fast alles durchgehen ließen - aber neben dem Platz war das anders. Mit seinem provokanten Verhalten eckte er nicht nur in der Schule und bei seinen Teamkollegen an, sondern auch bei seinen Klubs, die dann in schöner Regelmäßigkeit die Reißleine zogen und Gueho gehen ließen.

So auch der FC Chelsea, der Gueho sogar zwischendurch bei der ersten Mannschaft mittrainieren ließ - bis sich die gestandenen Profis zu sehr über die Tunnel, die der Youngster verteilte, aufregten. Die Ausraster von Gueho, der seit seiner Kindheit in psychologischer Behandlung war, häuften sich ebenfalls. "Wenn der Trainer ihm gesagt hat, dass er zu viele Kontakte hatte, hat er den Ball einfach weggeschossen und ist reingegangen. Es war ihm einfach alles egal", erinnerte sich sein Ex-Teamkollege Adam Nditi. "Er hatte die schlechteste Einstellung, die man sich vorstellen kann", fügte er hinzu.

Yann Gueho: "Danach ging es nur noch bergab"

2011 hatte Chelsea genug - und "danach ging es nur noch bergab", sagte Guehos Mutter Anne-Marie. Zwar fand ihr Sohn mit dem FC Nantes einen neuen Klub, doch an seinem 17. Geburtstag überfiel Gueho, bewaffnet mit einem Messer, eine Parfümerie. Er wurde geschnappt - doch ein Weckruf war das für ihn nicht. Gut ein Jahr später folgte ein weiterer Überfall, drei Monate später eine Körperverletzung und ein Angriff auf Polizisten, die ihn verhaften wollten. Das alles brachte ihm knapp zwei Jahre Gefängnis ein.

2014 probierte es Gueho nach seiner Entlassung noch einmal bei Paris FC, doch es klappte wieder einmal nicht. Er zog sich aus dem Fußball zurück und kämpfte statt mit den Gegnern nun vor allem mit sich selbst. 2016 wurde eine bipolare Störung bei ihm diagnostiziert, drei Monate verbrachte er in der Psychiatrie. Danach folgte ein weiterer Gefängnisaufenthalt für einen Angriff auf einen Polizisten.

Nach Angaben seiner Mutter macht Yann Gueho aktuell wieder eine schwere depressive Phase durch. Dem Fußball ist er jedoch wieder ein kleines Stück verbunden - über seinen Bruder Loup-Diwan, der für Paris FC spielt. "Erst war es für ihn schwer, ins Stadion zu gehen, aber jetzt verpasst er kein Heimspiel und analysiert hinterher das Spiel mit seinem Bruder", erzählte seine Mutter. Die Analyse, was aus Yann Gueho, der nun im besten Fußball-Alter ist, hätte werden können, übernehmen hingegen seine Ex-Kollegen und Ex-Trainer.

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