Liverpool-Eigengewächs Harry Wilson im Interview: "Mason Mount hat mir jeden Tag das Abendessen gekocht"

Von Neil Jones
Harry Wilson spielte 16 Jahre lang für den FC Liverpool.
© getty

16 Jahre lang spielte Harry Wilson für den FC Liverpool. Nach fünf Leihen innerhalb Englands wechselte der 24-Jährige im Juli zum FC Fulham. Im Interview mit SPOX und Goal spricht der walisische Nationalspieler über seine Zeit in Liverpool und seinen traurigen Abschied.

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Dabei gibt er Jürgen Klopp nicht die Schuld an seinem Liverpool-Aus, zeigt sich aber dennoch enttäuscht von den wenigen Einsatzchancen.

Herr Wilson, Sie sind in Wrexham in Wales geboren, haben aber ihre gesamte Jugend in Liverpool verbracht. Wie fühlt es sich an, nun endgültig den Verein verlassen zu haben.

Harry Wilson: 16 Jahre bei einem Verein wie diesem zu verbringen, den man selbst und die eigene Familie immer unterstützt haben, ist etwas Besonderes. Ich bin zwar traurig, Liverpool zu verlassen, aber es gibt so viel, worauf ich mich bei Fulham freuen kann. Ich kann es kaum erwarten. Es ist aufregend.

Sie reisten inmitten des Trainingslagers in Österreich ab, um den Vertrag zu unterschreiben. Konnten Sie sich überhaupt richtig verabschieden?

Wilson: Nein, das muss ich noch nachholen. Die Jungs spielten gerade ein Freundschaftsspiel gegen Mainz, als der Anruf kam. Ich konnte mich noch von Robbo [Andy Robertson], Virgil [van Dijk] und Joe [Gomez] verabschieden, aber Jools [Ward, der stellvertretende Sportdirektor] und ich mussten uns beeilen, um den Flug zu erwischen, so dass ich den Rest der Jungs verpasst habe.

Wie fielen die Reaktionen aus?

Wilson: Mein Handy lief heiß, nachdem der Deal durch war. (lacht) Adam Lallana war einer der ersten, die mir gratuliert haben. Das hat mich sehr gefreut. Er hatte einen großen Einfluss auf mich. ­Vom ersten Tag an, als ich nach Melwood kam, war er derjenige, der den Arm um mich legte, derjenige, bei dem ich mich wohl fühlte. Ich betrachte ihn jetzt als einen guten Freund. Wann immer ich einen Rat brauche, spreche ich mit ihm.

Sie waren bereits an Hull City, Derby County, Bournemouth und Cardiff City verliehen. Auf all diese Klubs werden Sie in der kommenden Saison mit Fulham in der Championship treffen. Wie kam der Kontakt zu Fulham zustande?

Wilson: Als ich nach der Europameisterschaft im Urlaub war, rief mich der Trainer Marco Silva an.

Und er hat Sie direkt von einem Wechsel überzeugt?

Wilson: Wenn man den Verein wechselt, muss es der Trainer sein, der einen will. Die Eigentümer und der Geschäftsführer können dich vielleicht mögen, aber der Manager ist derjenige, der jedes Wochenende die Mannschaft zusammenstellt. Er ist derjenige, der zählt. Ich hatte das Gefühl, dass er mein Spiel versteht. Er hat mir gesagt, auf welchen Positionen ich in seinem Team spielen würde, wie er mich einsetzen wollte. Ich hatte das Gefühl, dass ich gut zu ihm passen würde.

Harry Wilson im Steckbrief

geboren22. März 1997 in Wrexham (Wales)
Größe1,73 m
Gewicht67 kg
PositionRechtaußen, offensives Mittelfeld
starker Fußlinks
StationenLiverpool Jugend, Crewe Alexandra, Hull City, Liverpool U23, Derby County, Bournemouth, Cardiff City, FC Fulham
Spiele/Tore für LFC U2360/32

Für die Liverpool-Profimannschaft kamen Sie nur zu zwei Einsätzen: im FA Cup und im League Cup. Haben Sie die eben angesprochene Wertschätzung unter Jürgen Klopp vermisst?

Wilson: Nein. Ich bin nicht dumm. Ich kenne die Qualität des Liverpooler Kaders und weiß, dass ich nicht jede Woche so spielen kann, wie ich möchte. Roberto Firmino, Sadio Mane und Mo Salah verpassen selten ein Spiel, und ihre Zahlen sind beängstigend. Auch hinter den Spitzen sind sie sehr stark besetzt. Da war für mich kein Vorbeikommen. Aus meiner Sicht bin ich natürlich ein wenig enttäuscht, dass ich nicht mehr Chancen bekommen habe. Ich bin enttäuscht, dass man mir nicht wenigstens eine halbe Saison gegeben hat, um zu beweisen, dass ich es verdient habe, zu diesem Team zu gehören.

Wann haben Sie erkannt, dass Ihre Zukunft nicht beim FC Liverpool liegen könnte?

Wilson: Das war 2019, als ich von meiner Leihe bei Derby County zurückkam. Ich hatte eine wirklich gute Saison in der Championship hinter mir. Wir sind im Playoff-Finale an der letzten Hürde gescheitert, aber meine Zahlen und Leistungen waren gut. In der Vorbereitung mit Liverpool haben wir ein paar Spiele in England gespielt und sind dann nach Amerika und Frankreich gereist. Ich habe so gut wie jedes Spiel gespielt, ein paar Tore geschossen und hatte das Gefühl, dass ich in einer guten Position bin. Dann spielten wir gegen Manchester City im Community Shield in Wembley und ich stand nicht im Kader. Das hat mich sehr getroffen. Ich hatte das Gefühl, dass meine Chance weg war. Das war der Zeitpunkt, an dem ich zu akzeptieren begann, dass ich gehen muss.

Harry Wilson spielte 16 Jahre lang für den FC Liverpool.
© getty
Harry Wilson spielte 16 Jahre lang für den FC Liverpool.

Auf welchen Moment Ihrer Zeit beim LFC blicken Sie am liebsten zurück?

Wilson: Mein Debüt zu bekommen, war großartig. Das war der Moment, auf den ich seit meinem achten Lebensjahr hingearbeitet habe, und das werde ich nie vergessen. Aber was einzelne Momente angeht, so habe ich in der U18 ein Tor gegen Everton geschossen, einen Siegtreffer in der 94. Das wird mir immer im Gedächtnis bleiben. Mein damaliger Trainer Mick Beale hat mich erst spät eingewechselt. Ich war stinksauer. Ich weiß noch, wie er mir sagte, dass ich eine große Rolle spielen würde, und wie immer hatte er Recht!

Aktuell befinden Sie sich in London auf Wohnungssuche und erhalten dabei tatkräftige Unterstützung von Chelsea-Profi Mason Mount.

Wilson: Das stimmt. Er ist ein guter Freund von mir. Wir haben zusammengewohnt, als wir beide an Derby ausgeliehen waren.

Wer hatte das Sagen in dieser WG?

Wilson: Ich hatte ihn in der Hand. Er hat mir jeden Tag das Abendessen gekocht! (lacht)

Wie bewerten Sie seinen Werdegang beim FC Chelsea und in der englischen Nationalmannschaft?

Wilson: Es ist toll zu sehen, was er jetzt macht. Jeder sieht, und das Woche für Woche, was für ein Spitzenspieler er ist. Er ist etwas Besonderes.

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