Michael Essiens Aufstieg beim FC Chelsea: Mentalitätsmonster und Mourinho-Liebling

Von Lukas Schranner
Michael Essien (r.) war Publikumsliebling beim FC Chelsea.
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Er war der große Held Ghanas und der Liebling von Jose Mourinho. Wie Michael Essien abseits von Superstars beim FC Chelsea zum Gewinner aufstieg.

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"Er war nicht mein Spieler, er war mein Sohn", sagte Jose Mourinho im Jahr 2018 im Interview mit dem TV-Sender Astro Supersport über einen Ex-Schützling. Der portugiesische Startrainer, der bereits einige Top-Stars der Szene unter seine Fittiche genommen hatte, hatte zu einem von ihnen eine ganz besondere Bindung. Einem, der ein eher stummer Meister seines Faches, auf dem Platz aber immer mit vollem Elan dabei war. Die Rede ist von Michael Essien, dem ghanaischen Mittelfeldspieler, dessen Karriere durch Mourinho eine Art 180-Grad-Wendung erfuhr. Im Schatten anderer erlebte er einen formidablen Aufstieg, welcher seinen Ursprung in Afrika hatte.

1982 in Ghanas Hauptstadt Accra geboren, erkannte Essien seine Affinität zum Fußball früh. "Als ich gerade mit dem Krabbeln angefangen hatte, habe ich mich laut meiner Mutter immer gefreut, wenn ich einen Fußball gesehen habe", sagte er in einem YouTube-Video. Schnell wurde klar, dass der junge Michael Essien von einer Karriere als Profifußballer träumt. Im Jahr 2000 kam der damals 17-Jährige aus seinem Heimatland nach Europa, um dort den Durchbruch zu schaffen. Der französische Klub SC Bastia von der Insel Korsika nahm ihn auf, dort machte er seine ersten Sprünge im Profifußball und zeigte schnell, dass er für Größeres gemacht war.

Nach einer ersten Spielzeit, die von vielen Einwechslungen geprägt war und in der der Afrikaner nicht über die Rolle als Ergänzungsspieler hinauskam, ging es in der Folgesaison bergauf. 24 Ligaspiele absolvierte Essien für die Korsen und netzte sogar viermal ein. Er wuchs mit 20 Jahren zum Stammspieler heran, einen großen Namen hatte er jedoch noch nicht.

Dennoch fühlte sich Essien bereit für den nächsten Schritt. Für 11,7 Millionen Euro wechselte er zu Olympique Lyon, dem amtierenden Meister der Ligue 1 - dem zu dieser Zeit besten Team Frankreichs.

Michael Essien spielte sich bei Olympique Lyon ins Rampenlicht

Essien, der sich durch seine drei Jahre auf Korsika bereits kulturell akklimatisiert hatte, brachte Qualitäten mit, die ihm auch in Lyon eine einfachere Integration ermöglichten. Er war ein Teamplayer und jemand, der durch seine ruhige Art für wenig Diskussionsstoff sorgte. Bei OL kam dies gut an, die Formung der Führungspersönlichkeit Essien ließ nicht lange auf sich warten - vor allen Dingen aus sportlicher Perspektive, was sich gleich in seinem erstem Pflichtspiel zeigte. Im 4-2-3-1 von Trainer Paul Le Guen tauchte er zunächst in der offensiven Dreierreihe neben Superstar Juninho und Florent Malouda auf - und sein Einstand verlief bilderbuchähnlich. Keine fünf Minuten waren gespielt, als Essien seinen neuen Klub im Duell zwischen Meister Lyon und Pokalsieger Auxerre in Front schoss.

In zwei Jahren absolvierte Essien insgesamt 96 Spiele für Lyon und sammelte dabei auch erste Erfahrungen in der Champions League. Er war ein entscheidender Faktor für die vier Titel, die Lyon in diesem Zeitraum einsackte.

Trainer Gerard Houllier hoffte Mitte des Jahres 2005 noch darauf, den ghanaischen Nationalspieler langfristig binden zu können. "Ich will ihn halten. Hier kann er sein Spiel verbessern und mit uns wachsen", sagte der mittlerweile 72-jährige Ex-Trainer der L'Equipe. Seinerzeit kursierten bereits Spekulationen rund um einen Transfer auf die Insel. Arsenal, Manchester United und auch der FC Chelsea zählten zu den Interessenten.

FC Chelsea: Jose Mourinho klopfte bei Michael Essien an

"Als ich noch ein kleiner Junge in Ghana war, hatte ich schon den Traum, eines Tages in der Premier League zu spielen. Plötzlich bekam ich die Chance, dies zu realisieren", sagte Essien rückblickend.

Schließlich klopfte der FC Chelsea in Person von Trainer Jose Mourinho bei Essien an und wollte den Allrounder unbedingt an die Stamford Bridge holen. "Als er mich fragte, habe ich direkt zugesagt. Dennoch war es eine sehr schwierige Entscheidung, weil mich der Präsident von Olympique Lyon nicht gehen lassen wollte", so Essien.

Nach einer wochenlangen Transferposse vermeldeten beide Klubs Mitte August schließlich eine Einigung. Die Blues überwiesen 38 Millionen Euro nach Lyon und sicherten sich somit die Dienste des Afrikaners, der als Spieler des Jahres 2005 in der Ligue 1 beim FC Chelsea anheuerte. Die Ablösesumme war zu dieser Zeit die höchste, die je für einen Spieler afrikanischer Herkunft im Weltfußball gezahlt wurde.

Michael Essien über erstes Chelsea-Heimspiel: "Das war verrückt"

Bei den Blues kam er sofort gut an, Mourinho baute ihn in sein 4-3-3-System ein, in dem ihm eine hohe Verantwortung zuteil wurde. Essien, damals 22, spielte im Mittelfeld meist zusammen mit Frank Lampard und Claude Makelele. "Wir glauben, dass er der Beste für diese Position ist, den wir bekommen konnten. Und er kann überall im Mittelfeld spielen", schwärmte Mourinho seinerzeit.

Ehe der Ghanaer jedoch mit Leistung überzeugte, erlebte er im Vorfeld seines ersten Heimspiels im Trikot des FC Chelsea einen kleinen Kulturschock. "Mein erstes Spiel für Chelsea war gegen Arsenal an der Stamford Bridge. Ich ging vom Hotel in Richtung Umkleidekabine und das Erste, das ich sah, war ein Chelsea-Fan, der kein T-Shirt anhatte, weil es an diesem Tag so heiß war. Seinen ganzen Rücken zierte das Chelsea-Logo als Tattoo. Ich dachte mir nur 'Wo bin ich denn hier gelandet?'. Ich war sehr verwirrt, weil ich so etwas in Frankreich nicht erlebt hatte. Das war verrückt", berichtete Essien im Jahr 2013.

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