Raufbold, Großmaul, Kultfigur: Wie Craig Bellamy zur Legende wurde

Von Lucas Neumann
Craig Bellamy bejubelt seinen Treffer gegen den FC Barcelona.
© imago images

Craig Bellamy ist das, was sich viele Fans vom Festland unter einem Kicker von der Insel vorstellen: Hart, unermüdlich im Einsatz - und ein wenig verrückt.

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"Der Großteil meines Geldes ist für Alkohol, Weiber und schnelle Autos draufgegangen. Den Rest habe ich einfach verprasst", sagte George Best einmal. Wie untrennbar das Klischee des exzessiven, trinkfesten Raufbolds an der Identität des britischen Fußballs haftet, untermauern seit jeher die legendären Viten um Best, Paul Gascoigne, Robin Friday und Co.

Einer, der sich nahtlos in die Chronik der alten Haudegen einreiht, ist Craig Bellamy. Auf dem Platz bestach der Waliser durch unbändigen Willen, Explosivität und pure Besessenheit. Bellamy ließ sich nicht zügeln - von seinen Gegenspielern ebenso wenig wie von seinen eigenen Kameraden. "Er kann es mit der ganzen Welt aufnehmen", sagte sein ehemaliger Wales-Coach John Toshack. Diese Aussage war durchaus wörtlich zu verstehen.

Alkoholexzesse, Wrestling-Einlagen, Prügel mit dem Achter-Eisen: Bellamy trieb seine Trainer stets in den Wahnsinn und nur die wenigsten waren in der Lage, den exzentrischen Hitzkopf im Zaum zu halten. Zugleich lieferte er die genau die Art von Pub-tauglichen Anekdoten, die ihm innerhalb der Fanszene Kultstatus bescherten.

Die pikante Mischung aus Talent und Exzentrik

Bereits mit 15 Jahren zog es den in Cardiff geborenen Bellamy nach Norwich, wo er sich innerhalb von knapp vier Jahren zum vielversprechenden Sturmtalent mauserte und im Sommer 2000 für umgerechnet rund zehn Millionen Euro von Coventry City verpflichtet wurde. Ein weiteres Jahr später folgte der Wechsel zu Newcastle United.

Dort nahm ihn Sir Bobby Robson unter seine Fittiche und platzierte ihn in der Offensive neben dem legendären Alan Shearer. Die Rechnung ging auf: Mit dem unermüdlichen und Freiraum schaffenden Bellamy im Rücken erzielte Shearer 23 Tore in der Premier League - der zweitbeste Wert seiner Karriere - und führte sein Team auf Platz vier. Bellamy traf neunmal. In der darauffolgenden Saison erreichten die Magpies sogar den dritten Rang.

"Wenn er auf dem Feld steht, gibt er nicht weniger als 100 Prozent. In vielerlei Hinsicht ist er der perfekte Profi", sagte Robson bei WalesOnline. Gleichzeitig lernte der Coach jedoch schnell, "dass man bestenfalls nicht in einen Streit mit Craig Bellamy gerät". Spielerische Klasse gab es im Falle Bellamys nur im Gesamtpaket mit einem äußerst exzentrischen Auftreten. "Er gehört zu den großmäuligsten Spielern, die ich je getroffen habe", so Robson. Überall, wo Bellamy auftauchte, eckte er an - sei es bei Mitspielern, Fans, Medien oder Trainern.

Craig Bellamy im Steckbrief

geboren13. Juli 1979 in Cardiff
Größe1,73 m
Positionlinker Flügel, Stürmer
StationenNorwich Jugend, Coventry City, Newcastle United, Celtic FC, Blackburn, Liverpool, West Ham, ManCity, Cardiff, Liverpool, Cardiff
PL-Spiele/-Tore294/81

"Fuck the game, fuck the club, fuck John Carver"

So zum Beispiel vor einer UEFA-Cup-Partie im März 2004, als er sich mit dem Co-Trainer John Carver anlegte. "Wir sind am Flughafen angekommen, um zum Spiel gegen Real Mallorca zu reisen und hielten uns dort in einem Nebenraum auf", blickte Newcastle-Legende Shay Given in seiner Biografie "Shay: Any Given Saturday' zurück: "Aus welchem Grund auch immer hatte Craig entschieden, nicht mitzureisen und drehte völlig durch: 'Fuck the game, fuck the club, fuck John Carver.' Als er Carver weiter beschimpfte, war es endgültig vorbei. Beide gingen aufeinander los, kämpften auf dem Boden und beleidigten sich gegenseitig. Ich konnte kaum glauben, was ich sah. Ich war nah am Geschehen dran und auf einmal warf Craig mit einem Stuhl, der mich nur knapp verfehlte."

"Bei einem Kampf geht es nicht nur um Fäuste. Was auch immer man zu fassen bekommt, nimmt man", gab Bellamy im Anschluss seine Wrestling-Weisheiten zum Besten. Wenige Minuten später bekam Robson, der sich im Raum nebenan in einer Presserunde befand, Wind von der Aktion und stürmte in den Raum. Qua seiner natürlichen Autorität gelang es dem Coach, Bellamy zu beruhigen und ihn ins Flugzeug zu bugsieren.

Shearer zu Bellamy: "Wenn Du je zurückkommst, schlage ich dir den Kopf ab"

Robson hatte ein Händchen dafür, den Hitzkopf zu kontrollieren. Als er im August 2004 nach einem schwachen Saisonstart jedoch entlassen wurde, neigte sich auch Bellamys Zeit bei den Magpies allmählich dem Ende zu. "Es ist wahrscheinlich meine größte Schwäche, dass ich mich nur schwer an jemand Neues anpassen kann", schreibt Bellamy in seiner Biografie "GoodFella." Diese Schwäche spiegelte sich auch im Verhältnis zu Graeme Souness wider.

Der neue Coach plante Bellamy zunächst auf dem Flügel statt im Zentrum ein, doch der sträubte sich dagegen. Regelmäßig gerieten die Beiden im Training aneinander. Nach der Auswechslung in einem Ligaspiel beschimpfte Bellamy seinen Trainer vor laufender Kamera als "verdammtes Arschloch". Nachdem Bellamy einige Wochen später dann eine Verletzung vorgetäuscht hatte, hatte Souness genug und verfrachtete den Querulanten für ein halbes Jahr zu Celtic Glasgow - eine Rückkehr war undenkbar. Auch Shearer, der trotz der sportlichen Erfolge des Duos ein schwieriges Verhältnis zu Bellamy pflegte, verabschiedete sich bereits von seinem Sturmpartner via SMS: "Wenn Du je nach Newcastle zurückkommst, schlage ich dir den Kopf ab."

So wechselte Bellamy dann im Sommer 2005 zu den Blackburn Rovers. Beflügelt von der vertrauensvollen Beziehung zu seinem neuen Coach und Landsmann Mark Hughes erzielte Bellamy 13 Ligatore und spielte sich innerhalb einer Saison wieder in den Fokus der Top-Klubs. Schließlich klopfte der FC Liverpool an und sicherte sich die Dienste des Walisers.

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