Beckhams Erbe, Spielsucht, Karriereende mit 29: Der Absturz des David Bentley

Von Oliver Maywurm
Da war noch alles gut: David Bentley heuerte 2006 bei den Blackburn Rovers an und wurde dort erstmals als Profi glücklich.
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Bentley: "Ich begann, meine Liebe für den Fußball zu verlieren"

Vor allem die Reaktion des damaligen U21-Nationaltrainers Stuart Pearce auf seine Absage stieß Bentley übel auf: "Er sagte nicht viel, aber am nächsten Tag machte er mich in den Zeitungen rund. Er zog bezüglich meiner Entscheidung sogar einen Vergleich zu Soldaten, die in Afghanistan kämpften. Das war bizarr. Ich glaube das war der Punkt, an dem ich begann, meine Liebe für den Fußball ein wenig zu verlieren."

Trotz der Querelen durfte Bentley ein paar Wochen später, im September 2007, für Englands A-Nationalelf debütieren. In einer Mannschaft, in der der in die Jahre gekommene Beckham allmählich abtrat und der auf den Flügeln nun die ganz große Qualität abging, war Bentley ein großer Hoffnungsträger. In den englischen Medien titulierte man ihn bereits als "Erben Beckhams" - und je besser es in Blackburn für ihn lief, desto gewichtiger wurde auch seine Rolle bei den Three Lions.

Demut war dabei nicht seine größte Stärke, vielmehr war er schon nach einem seiner allerersten Länderspiele nicht um markige Sprüche verlegen. "Ich bin hier, um Beckhams Platz einzunehmen. Und ich werde versuchen, das zu schaffen", kündigte er an. Lange nach dem Ende seiner Laufbahn erklärte er seine Forschheit, die er vielleicht weniger öffentlichkeitswirksam hätte fahren müssen: "Die Leute wollten, dass ich so etwas sage wie 'Ich bin hier, um von ihm zu lernen'. Aber das bin nicht ich. David hätte danach denken können, ich sei ein Schaumschläger, aber er war großartig. Ich frotzelte immer mit ihm, dass ich besser sei und bot ihm Freistoß-Wetten an. Wir hatten Spaß."

Als mittlerweile siebenmaliger Nationalspieler standen Bentley im Sommer 2008 alle Türen offen. Blackburn wollte ihn unbedingt halten, er mit nun 24 Jahren aber den nächsten Schritt gehen. Tottenham klopfte an, legte die damals noch stolze Summe von 22 Millionen Euro für den Offensivspieler auf den Tisch. Für Bentley wurde ein Traum wahr - doch der Traum sollte zum Albtraum verkommen.

Selbst konnte er noch gar nicht einmal so viel dafür. Auch Bentley spielte nicht gut, klar. Aber alles lief einfach schlecht seinerzeit bei den Spurs: Das Engagement des spanischen Trainers Juande Ramos erwies sich als großes Missverständnis. Den Abgang von Top-Torjäger Dimitar Berbatov in Richtung Manchester United konnte das Team, das mit Luka Modric, Aaron Lennon, dem aufstrebenden Gareth Bale und eben Bentley eigentlich über viel Potenzial verfügte, überhaupt nicht kompensieren.

Spielsucht trotz Profi-Dasein: David Bentley verfällt bei den Blacburn Rovers den Sportwetten.
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Spielsucht trotz Profi-Dasein: David Bentley verfällt bei den Blacburn Rovers den Sportwetten.

Bentley bei Tottenham: Der Traum wird zum Albtraum

Und so war Bentley eines der Gesichter des schlechtesten Saisonstarts, den die Spurs jemals erlebten. Im Herbst 2008 stand Tottenham sogar mehrere Wochen lang auf dem letzten Tabellenplatz. "Das war so eine seltsame Zeit", blickt Bentley zurück. "Ich dachte, Juande Ramos wäre ein zweiter Wenger, aber es wurde ein Albtraum. Ich war so aufgeregt, zu Tottenham zu wechseln, doch alles ging schief. Alle meine Kumpels sind Spurs-Fans, und sie freuten sich wie kleine Kinder, dass ich nun für ihr Team spielen würde. Ich weiß nicht, ob ich diesen schlechten Start jemals überwunden habe."

Tottenham berappelte sich zwar und wurde am Saisonende immerhin noch Achter. Aber Bentley, in der Hinrunde noch Stammkraft, verlor seinen Platz in der Startelf in der zweiten Saisonhälfte unter Harry Redknapp, der Ramos inzwischen beerbt hatte. Der Absturz war nun in vollem Gange.

Bei den Spurs spielte er nur noch selten, für England wurde er seit September 2008 nie wieder nominiert. "Ich wollte bei Tottenham Teil von etwas Großem werden, aber dazu kam es nicht", sagte er später traurig. In der Hinrunde 2010/11 kam Bentley dann so gut wie gar nicht mehr zum Einsatz. Er wurde an Birmingham City verliehen, dann kurz an West Ham - doch die Luft war raus.

Im Herbst 2012 reizte ihn zumindest noch einmal die Aussicht auf etwas Einzigartiges, er ließ sich an den russischen Erstligisten FK Rostov verleihen. "Sie verkauften mir das Projekt gut, das Geld stimmte, und ich hatte schon im Hinterkopf, dass ich die Schuhe sowieso wohl bald an den Nagel hängen würde", erklärte Bentley und führte aus: "Zudem sagte mir jemand, dass ich der erste englische Spieler sein würde, der dort spielt, und dieser Meilenstein sprach mich an. Die Stadt lag im Süden Russlands, das Wetter war gut und es gefiel mir dort."

Acht Spiele machte er in gut drei Monaten bei Rostov, anschließend noch einmal eine Handvoll für Blackburn. Für den Verein, bei dem für ihn einst alles so richtig begann. Wo er so gut spielte, dass er kurzzeitig begehrt war bei den ganz großen Klubs.

Kam in Englands Nationalmannschaft auf sieben Einsätze unter Trainer Fabio Capello: David Bentley.
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Kam in Englands Nationalmannschaft auf sieben Einsätze unter Trainer Fabio Capello: David Bentley.

Bentley: "Ich habe den Fußball aufgegeben"

Und dann, im Spätsommer 2013, mit nur 29 Jahren, machte David Bentley Schluss. "Ich habe den Fußball aufgegeben", sagte er live im TV und unter Tränen. "Ich habe diese Entscheidung getroffen, um meinem Leben eine neue Richtung zu geben. Wir haben gerade Zwillinge bekommen, sie sind drei Monate alt, zudem habe ich noch ein vierjähriges Kind - darauf will ich mich jetzt konzentrieren."

Er bereue nichts, betonte er. Er habe stets mit einem Lächeln im Gesicht Fußball gespielt. Aber das Business, zu dem sich das Spiel entwickelt hat, damit konnte er nie etwas anfangen. "Als ich begann, war es purer Genuss, jeder Tag auf der Arbeit war brillant. Aber inzwischen ist das alles irgendwie roboterhaft. Das ganze Social-Media-Ding, das viele Geld, das im Fußball im Umlauf ist. Ich hasse es, das zu sagen, aber das hat den Fußball langweilig und vorhersehbar gemacht, alles ist kalkuliert. Noch einmal für drei oder vier Jahre einen Vertrag zu unterschreiben, war für mich daher keine Option."

Schon rund um sein Karriereende stieg er ins Gastronomiegeschäft ein. Heute ist David Bentley, einst Hoffnungsträger der Three Lions, Mitbesitzer von Restaurants im spanischen Marbella und im englischen Chigwell. "Ich liebe es. Wir hatten schon den Prinzen von Monaco hier zu Gast", erzählt er. Und auch in seinem neuen Beruf denkt er groß: "Mein Traumgast wäre Leonardo Di Caprio - das wäre lustig."

David Bentleys Karriere in Zahlen

VereinSpieleToreTorvorlagen
Blackburn Rovers1392123
Tottenham Hotspur62511
Norwich City2725
Birmingham City1511
FC Arsenal91-
FK Rostov8--
West Ham United5--
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