Christian Fuchs im Interview: "Ranieri ist ein leiwander Kerl"

Mai 2016, Leicester City ist Meister: Christian Fuchs (M.) mit Trainer Ranieri (l.) und Torhüter Schmeichel
© getty
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SPOX: Mit der österreichischen Nationalmannschaft haben Sie an der EM teilgenommen, sind aber schon in der Vorrunde ausgeschieden. Was sind Ihre Erinnerungen an das Turnier?

Fuchs: Das ganze Rundherum hat mir extrem getaugt. So lange mit der Mannschaft zusammen zu sein, ein eigenes Teamlager zu haben und dann immer zu den Spielen zu fahren, war schon ein super Erlebnis. Am imposantesten war das Match gegen Island, als ich nur eine riesige rote Wand gesehen habe. Die Erwartungshaltung der Öffentlichkeit war aber gleichzeitig ein großes Problem. Wir haben uns zum ersten Mal in der Geschichte des österreichischen Fußballs aus eigener Kraft für eine EM qualifiziert und sofort haben alle vom Europameistertitel gesprochen. Das ist kontraproduktiv.

SPOX: Sie sind nach dem Turnier zurückgetreten, mit Sportdirektor Willi Ruttensteiner und Teamchef Marcel Koller mussten jetzt die beiden Architekten des Erfolges den Verband verlassen. Fanden Sie die Kritik nach der verpassten WM-Qualifikation angebracht?

Fuchs: Die richtigen österreichischen Fußballfans haben nicht vergessen, was Koller und Ruttensteiner erreicht haben. Am lautesten zu hören sind aber immer die, die nur raunzen. Wenn man sich nur beklagt und nichts Zielführendes zu sagen hat, sollte man besser den Mund halten. Österreich ist aber einfach eine Raunzer-Gesellschaft. Das hängt mir ein bisschen beim Hals hinaus und deshalb bin ich auch kaum mehr in Österreich.

SPOX: Neuer Teamchef ist Franco Foda. Was erwarten Sie von ihm?

Fuchs: Er lässt immer einen attraktiven Fußball spielen und hat jetzt eine geile, junge Truppe mit wirklich viel Qualität zur Verfügung. Die Hälfte der Spieler kenne ich gar nicht mehr persönlich, weil sie erst nach der EM in den Kader gerückt sind.

SPOX: Seit Ihrem Rücktritt haben Sie mehr Zeit für anderes, unter anderem Ihr eigenes Modelabel #NoFuchsGiven. Wie sind sie auf diese Idee gekommen?

Fuchs: Angefangen hat alles mit meinen #NoFuchsGiven-Videos, die eine gute Anzahl an Likes und Views machten. Das Video mit Vardy schauten sich 4,5 Millionen Leute an. Dann habe ich mir überlegt, entsprechende T-Shirts zu machen und bei meiner Ausrüster-Firma angefragt, ob sie als Sponsor einsteigen wollen. Die interessierte das aber nicht und deshalb mache ich es halt selbst. Aus einem Spaßprojekt ist in den vergangenen Monaten ein ganz gutes Geschäftsmodell geworden. Der Verkauf läuft super.

SPOX: Wie involviert sind Sie in den Herstellungsprozess?

Fuchs: Ich habe zwar einige Leute, die mir Wege abnehmen und Päckchen versenden, aber um das meiste kümmere mich schon selbst. Immer nach dem Motto learning by doing. Heute in der Früh habe ich zum Beispiel zwei Stunden lang auf Photoshop designt. Ich bin sicher nicht der großartigste Designer, aber es macht mir mittlerweile ungeheuer viel Spaß.

SPOX: Was gilt es beim Designen alles zu beachten?

Fuchs: Das Wichtigste ist, dem Trend zu folgen und zu wissen, welche Stoffe und Farben gerade in sind. Für den Sommer 2018 trenden zum Beispiel 16 verschiedenen Farben und dann ist es die Herausforderung, die richtigen auszusuchen. Weil wenn man alle nimmt, schaut es aus wie im Kasperltheater. Das ist alles viel umfangreicher, als ich es erwartet habe.

SPOX: Ihr Vertrag bei Leicester läuft im Sommer 2019 aus. Sie haben mal davon gesprochen, danach in die NFL wechseln zu wollen. Wie ist der Stand der Dinge?

Fuchs: In eineinhalb Jahren werde ich Europa auf jeden Fall den Rücken kehren und in die MLS wechseln, wo ich noch so lange wie möglich weiterspielen will. Danach würde mich die NFL schon reizen. Ich habe auch schon erste Kontakte für ein mögliches Engagement geknüpft. Diese Chance will und werde ich nutzen.

SPOX: Können Sie es sich vorstellen, danach ins Fußballgeschäft zurückzukehren?

Fuchs: Nein, das reizt mich überhaupt nicht. So gerne ich Fußball spiele, so wenig interessiert es mich in meiner Freizeit und so wenige Spiele schaue ich mir privat an. Wenn die Jungs in der Kabine über irgendwelche Spiele reden, habe ich meistens überhaupt keine Ahnung, worum es geht. Vor allem die jüngeren Kollegen hängen in der Kabine die ganze Zeit am Liveticker und schauen, was irgendwelche anderen Mannschaften machen. Mich interessiert es nur, wenn Österreich oder mein Ex-Klub Mattersburg spielt.

SPOX: War das immer schon so?

Fuchs: Ganz im Gegenteil! Vor zehn Jahren habe ich mir jedes Spiel angeschaut, das irgendwo kam. Interessen ändern sich aber und vor allem wegen #NoFuchsGiven mache ich derzeit viele Dinge, die zuvor unbenutzte Teile meines Gehirns beanspruchen. Die Teile nämlich, die sich nicht um das Balltreten kümmern. Diese Distanz hilft mir, meinen Kopf freizubekommen und vom Fußball-Trubel abzuschalten.