Virgil van Dijk: Der Türsteher aus Breda

Von Lukas Zahrer
Virgil van Dijk im Porträt
© getty

Virgil van Dijk wird unter anderen vom FC Liverpool und dem FC Chelsea umworben. Der FC Southampton will ihn nicht ziehen lassen und bestraft den Niederländer mit Individualtraining. Van Dijk ist das gewohnt: Der Weg zum gefragten Innenverteidiger war immer schon herausfordernd.

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"In der Jugend von Willem II war ich einer der schwächsten, zu klein und zu langsam", sagt Virgil van Dijk. Heute ist der Niederländer 1,93 Meter groß, über 90 Kilo schwer und hat seine lockigen Haare stets zu einem Dutt gebunden. Sein Auftreten ähnelt dem eines Türstehers.

Geht es nach dem 26-Jährigen, würde er gerne die Tür zum großen Durchbruch in seiner Karriere selbst eintreten. Van Dijk will zu einem Topklub innerhalb der Premier League wechseln, am liebsten zum FC Liverpool. Van Dijks derzeitiger Verein, der FC Southampton, sieht das aber gar nicht gerne. Nachdem er seine Wechselwünsche geäußert hat, hat man van Dijk zum Individualtraining verdonnert - laut der Klubverantwortlichen eine angebrachte Maßnahme.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Karriere van Dijks nicht nach Plan verläuft. Sie startete vergleichsweise spät, das Leben als Fußballprofi stand bereits zwei Mal kurz vor dem Aus.

Sportlich vielseitig, aber Fußball im Fokus

Virgil van Dijk wurde im Juli 1991 als Sohn einer Surinamerin und eines Niederländers in Breda geboren. Während seiner Schulzeit besuchte er einen Kurs zur Sporttrainerausbildung, bei der er verschiedene Sportarten gleichzeitig beherrschen musste. "Das gefiel mir sehr", sagt er, "ich habe mich aber immer auf Fußball konzentriert. Im Spiel mit Klassenkollegen war ich immer einer der besten." Sein Können am Ball war so groß, dass er sich in die Jugendmannschaft von Willem II aus Tilburg spielte, nur rund 20 Kilometer von seiner Heimatstadt entfernt.

Dort geriet seine Fußballkarriere zum ersten Mal ins Stocken, da ihm körperliche Defizite nachgesagt wurden. "Als ich 16 war, wollte mich das Trainerteam eigentlich nicht mehr in der Mannschaft haben", sagt er. Doch van Dijk blieb geduldig und hartnäckig - und in der folgenden Saison kam alles ganz anders.

"Plötzlich wuchs ich 20 Zentimeter innerhalb einer Saison. Ich hatte zu Beginn starke Knieschmerzen von diesen Wachstumsphasen", erzählt van Dijk. Doch sobald die Schmerzen überstanden waren, gab ihm Willem II eine neue Chance, die er mit beiden Händen ergriff. Innerhalb kürzester Zeit stieg er zum neuen Kapitän der Mannschaft auf.

Neuer Verein, neue Herausforderung

Die guten Leistungen auf dem Platz blieben nicht unerkannt. Die Jugend des FC Groningen sicherte sich im Sommer 2010 ablösefrei die Dienste des Verteidigers. Es war die erste Beförderung in van Dijks Karriere, vom Liga-Absteiger Tilburg zu einem ernsthaften Anwärter auf die Europacupplätze in der Eredivisie.

Der Einstieg beim neuen Verein war jedoch nicht einfach. Starke Bauchschmerzen machten dem Jungen tagelang zu schaffen, vorerst wurden sie nur mit simplen Verdauungstabletten behandelt. Als die Schmerzen jedoch ins Unermessliche stiegen, musste van Dijk ins Krankenhaus.

Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellte. Van Dijk hatte einen großen Abszess im Unterleib und musste sofort operiert werden. "Es kam wie aus dem Nichts. Ich war zwölf Tage im Krankenhaus."

Kraft durch Religion

Zu diesem Zeitpunkt zweifelte van Dijk häufig, ob eine Karriere im Profifußball tatsächlich noch im Bereich des Möglichen sei. Durch den Eingriff verlor er 15 Kilo. Doch van Dijk erholte sich von der OP, wenn auch nur langsam. Das erste Training sei der nächste Dämpfer fürs Selbstvertrauen gewesen: "Ich hatte keine Kraft, keinerlei Muskeln mehr."

Schwere Zeiten wie diese lassen van Dijk nicht vergessen, dass der Fußball schnell zur Nebensache werden kann. Er ging als kleines Kind jeden Sonntag in die Kirche, auch heute gibt ihm die Religion Kraft: "Manchmal bete ich und ich fühle, dass es mich durch einige harte Zeiten gebracht hat. Alles passiert aus einem Grund und vielleicht gibt es eben auch einen Grund für meinen Karriereweg."

Celtic Glasgows Publikumsliebling

Die Freude über die überstandene Leidensphase trieb ihn an, sodass er schon ein halbes Jahr später sein Profidebüt in der Eredivisie gab. Nach drei Spielzeiten beim FC Groningen, die beiden letzten als Stammspieler und Vizekapitän, bemühte sich Celtic Glasgow darum, ihn nach Schottland zu lotsen. Im Sommer 2013 zahlte Celtic drei Millionen Euro für van Dijk.

In Glasgow war van Dijk von Beginn an neben dem Nigerianer Efe Ambrose in der Innenverteidigung gesetzt und entwickelte sich mit seiner kompromisslosen Spielweise schnell zum Publikumsliebling. Bei Standardsituationen machte er mit seiner Torgefahr auf sich aufmerksam. Im Spitzenspiel gegen den FC Aberdeen netzte van Dijk in der Nachspielzeit in Unterzahl zum Siegestreffer ein. Dieses Tor war gleichbedeutend mit der erstmaligen Tabellenführung.

Bereits nach zwei Jahren war van Dijk, der mit insgesamt 15 Pflichtspieltoren so viele wie kein anderer Innenverteidiger in Schottland erzielte, bereit für die nächstgrößere Bühne - die englische Premier League. Der FC Southampton verpflichtete ihn im Sommer 2015 für rund 15 Millionen Euro.

Mit dem niederländischen Trainer Ronald Koeman sowie ehemaligem Teamkollegen aus Groningen, Flügelspieler Dusan Tadic, wartete ein vertrautes Umfeld auf den Abwehrhünen. Einen Monat später feierte er unter Danny Blind zudem sein Debüt in der niederländischen Nationalmannschaft. Inzwischen ist van Dijk zwölf Mal für die Elftal aufgelaufen.

Mit FC Southampton im Clinch

Bislang hielt es ihn nie länger als drei Jahre beim selben Verein, so dass es etwas überraschend kam, als er im Vorjahr seinen Vertrag bei den Saints vorzeitig um fünf Jahre verlängerte. Nun, ein Jahr später, will van Dijk aber wieder weg.

Wie van Dijks Management vor ein paar Tagen bekanntgab, hat er beim FC Southampton offiziell einen Antrag auf Erlaubnis zum Transfer eingereicht. Er soll wegen mangelndem Engagement vom Verein zu einer Strafzahlung von zwei Wochengehältern sanktioniert worden sein.

Liverpool ist sein deklariertes Traumziel, doch die Reds haben die Verantwortlichen der Saints im Frühsommer verstimmt, als sie zuerst Kontakt zum Spieler suchten, bevor sie beim Verein anfragten. Gut möglich, dass sich Southamptons Verantwortliche nun stur zeigen werden und die Liverpooler Bemühungen weiter abblocken.

Van Dijks nächste Karrierestation unklar

Van Dijk hat vor ein paar Jahren, als er noch das Celtic-Trikot trug, mit einer Aussage aufhorchen lassen, wonach der FC Arsenal ein großartiger Verein mit einer herausragenden Historie sei. Doch auch Stadtrivale Chelsea hat mittlerweile Interesse am niederländischen Defensivmann bekundet.

Die Verhandlungen sind mittlerweile zu einem Geduldspiel geworden. Für van Dijk ist klar: Er will nicht noch eine weitere Saison bei einem Verein verbringen, den er durch sein Verhalten stark verstimmt hat. Jetzt muss der Türsteher aus Breda zusehen, dass irgendwo überhaupt noch eine Tür für ihn aufgehen wird.

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