"Pep war ein Alien in Deutschland"

Pep Guardiola war von 2013 bis 2016 Trainer des FC Bayern München
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SPOX: Am Ende hatte er auch die Medien als Vermittler seiner Arbeit gegen sich.

Balague: Das mache ich an zwei Dingen fest. Da ist zum einen die Sprache. Mit seiner ersten Pressekonferenz auf Deutsch hat er die Leute für sich gewonnen. Ich spreche kein Deutsch und kann das nicht beurteilen, aber mir wurde berichtet, dass sein Deutsch danach nie wirklich besser wurde. Das war ein Hindernis. Zum zweiten die Medien selbst. Man konnte Pep auf jeder Pressekonferenz jede Frage stellen, aber nicht jeder wollte das. Und als sein Abschied feststand, hatte er die großen Zeitungen gegen sich. Es kamen immer wieder Geschichten raus, die nur aus dem Klub stammen konnten. Das hat die Beziehung mit den Medien entscheidend beeinflusst. Viele Reporter waren froh, dass Pep geht, weil sie keine Nähe zu ihm aufbauen konnten. Aber die Medien müssen sich auch selbst fragen, wie es so weit kommen konnte.

SPOX: Hätte Guardiola die Situation entspannen können, wenn er in Einzel-Interviews seine Idee und Pläne detailliert erklärt hätte?

Balague: Pep hat eine andere Sichtweise. Wenn er einem Medium ein Eins-zu-eins-Interview gibt, hat er 20 andere, die auch eines wollen. Und wenn er dann auswählt, bringt er die Verschmähten gegen sich auf. Ein Interview ändert also nichts. Es ist aus seiner Sicht sogar weniger gerecht. Es ist ein Jammer, dass die Journalisten in drei Jahren nicht verstanden haben, was Guardiola will, nur weil sie keine Interviews führen durften. Sie haben ihn nicht verstanden und er konnte es nicht erklären.

SPOX: Die Medien in England gelten auch nicht gerade als zimperlich. Allerdings sind sie daran gewöhnt, keine Interviews zu bekommen und Guardiolas Englisch ist auch besser. Kommt er da besser durch als in Deutschland?

Balague: Das kann man noch nicht sagen, im Moment läuft es sehr gut. Er ist gut drauf, die Leute sind neugierig und er erklärt Details. Die englische Medienlandschaft hat sich auch ein wenig gewandelt. Natürlich gibt es die Tabloids, die an negativen Geschichten interessiert sind. Aber wenn das Team gewinnt, geht es immer um das Warum. Wie hat er dies und jenes gemacht? Wie hat er Sterling in diese Verfassung gebracht? Warum ist Kolarov in der Innenverteidigung so gut? Aber das war in Deutschland zu Beginn ähnlich und man muss abwarten, was passiert, wenn das Team nicht alle Spiele gewinnt. Vielleicht sind auch die unterschiedlichen Voraussetzungen ein Faktor. Als Pep nach Deutschland kam, wurde er als Heiliger empfangen. Als er nach England kam, hatte er nicht alles gewonnen und alle sagten, die Premier League sei die größte Herausforderung. Er hat nicht den Kader, den er bei Bayern oder Barcelona hatte. Die Leute denken gerade: Oh, der Typ muss der beste Trainer der Welt sein, so schnell er City auf Kurs gebracht hat.

SPOX: Kommt es auch für Sie überraschend, dass City so schnell so gut funktioniert?

Balague: Für mich stellt sich eher die Frage, was die anderen Trainer eigentlich so machen. Deren Teams wirken langsam und ihr Spielstil oldschool, wenn sie gegen City spielen. Pep ist auf einem komplett anderen Level.

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SPOX: Guardiola hat auch immer wieder betont, er sei noch ein junger Trainer und wolle in Deutschland lernen. Hat ihn die Zeit in München zu einem besseren Trainer gemacht?

Balague: Daran besteht kein Zweifel. In Barcelona stand die Idee über allem. In Deutschland hat er gelernt, sich an die Qualitäten der Spieler anzupassen. Guardiolas Bayern war ein viel komplexeres Team als sein Barcelona. In der Bundesliga geht es um schnelles Umschalten, also hat er sich darauf eingestellt. Es war aber nicht komplett neu für ihn. Es herrscht ja oft die Vorstellung Peps Teams sollten nur passen, passen, passen und auf Ballbesitz spielen. Aber schauen Sie sich das legendäre 6:2 Barcas im Bernabeu an, da gab es viele Kontertore. Bei Manchester City führt er diese Arbeit fort. Er wird auch City zum komplexesten Team der Premier League oder sogar der Welt machen.

SPOX: Hilft es Guardiola, dass mit Txiki Begiristain und Ferran Soriano zwei ehemalige Weggefährten aus Barcelona bei City das Sagen haben?

Balague: Klar, auf jeden Fall. Sie teilen dieselbe Vorstellung von Fußball und kennen Peps Idee. Der Wechsel zu City war ein Wiedersehen mit Freunden und ein bisschen wie Nachhause kommen. Deshalb hat er sich auch für City entschieden.

SPOX: Welche Angebote hatte er noch?

Balague: Chelsea wollte ihn und hatte sogar vor, Begiristain und Soriano abzuwerben, um ihn zu überzeugen. Auch Alex Ferguson hat versucht, Guardiola zu Manchester United zu lotsen. Als klar war, dass Pep zu City geht, hat Ferguson mit Pocchettino geflirtet und nicht mit Mourinho, weil Ferguson einen modernen Coach wollte, der sich mit Details befasst und eher zum Stil von United passt.

SPOX: Es heißt immer wieder, Guardiola verfolge einen klaren Lebensplan. Was steht noch auf seiner Liste?

Balague: Er wird keine zehn Jahre bei City bleiben. Sein Vertrag läuft drei Jahre und ich denke, er sieht auch diesen Job als Drei-Jahres-Projekt. Eine Nationalmannschaft reizt ihn ebenso wie Italien. Aus seinem Umfeld habe ich gehört, dass er irgendwann auch in einer anderen Funktion nach Barcelona zurückkehren will.

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