Dauerbrenner erfüllt (sich) Träume

Von Andreas Dieterle
Jeffrey Schlupp spielte schon in der der Jugend bei Leicester City
© getty

Im letzten Jahr gelang Leicester City der Aufstieg in die Premier League. Schon nach kurzer Zeit fanden sich die Füchse im Tabellenkeller wieder und sind voll im Abstiegskampf. Mittendrin beackert der Deutsch-Ghanaer Jeffrey Schlupp die offensive linke Außenbahn. Mit elf Jahren fing er in der Jugend von Leicester an, mittlerweile schießt er sein Team gegen Tottham Hotspur ins FA-Cup-Achtelfinale oder trifft an der Anfield Road.

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Alleine schon ein Spiel an der legendären Anfield Road zu absolvieren, sollte für jeden Profi ein Traum sein. Wenn 45.362 Zuschauer "You never walk alone" von den Rängen schmettern, ist die Gänsehaut nicht zu vermeiden.

Kevin Großkreuz verkürzte seinen Urlaub nach der WM in Brasilien, um bei einem Testspiel gegen Liverpool dabei zu sein. Doch wie muss es dann erst sein, an der Anfield Road auch noch ein Tor zu erzielen? Jeffery Schlupp weiß, wie sich das anfühlt.

An Neujahr bekommt der Deutsch-Ghanaer im Spiel bei den Reds den Ball von Riyad Mahrez aufgelegt. Schlupp nimmt Maß und trifft aus 18 Metern unten ins Eck. Der Ausgleichstreffer nach einem 0:2-Rückstand. Es sind wichtige Punkte im Abstiegskampf für die Foxes.

Die mitgereisten Leicester-Fans flippen aus. "Best feeling! Thanks for all the messages!", schreibt Schlupp später auf seinem Twitter-Accout. Darüber ist ein Bild von ihm und der jubelnden Meute zu sehen.

Es ist das dritte Tor in dieser Premier-League-Saison für den 22-Jährigen, der sich beim Tabellenletzten als Stammspieler etabliert hat. Doch wer ist dieser Mann überhaupt, der nun schon sein halbes Leben - ein kurzes Gastspiel beim FC Brentford ausgenommen - für Leicester City auf dem Platz steht?

Geboren in Hamburg

Jeffrey Schlupp kommt am 23.12.1992 als Sohn ghanaischer Eltern in Hamburg zur Welt. Die Familie zieht aber schon früh nach England, wo Schlupp zunächst die Oakgrove School in Milton Keynes besucht.

Mit elf Jahren schließt er sich der Jugendakademie von Leicester City an und durchläuft dort sämtliche Teams. Er macht in der FA Youth League mit guten Leistungen auf sich aufmerksam und wird 2011 mit dem "Academy Player of the Year Award" als bester Spieler der Jugendteams ausgezeichnet.

In der Saison 2010/2011 wird er dann auch erstmals in den Profikader beordert, erhält aber zunächst nur einen Einsatz beim damaligen englischen Zweitligisten. Also wird er im März an den damaligen Drittligisten FC Brentford ausgeliehen. Dort kommt er in neun Ligaspielen auf sechs Treffer.

Angebot von United?

Zur darauffolgenden Saison 2011/12 kehrte er wieder zu den Foxes zurück. Zum Start gelingt ihm im League Cup gegen Rotherham United gleich ein Hattrick.

Es ist der erste Hattrick eines Leicester-Spielers seit 1945. Der frühere Hamburger entwickelt sich bei den Foxes im Laufe der Zeit mehr und mehr zur Stammkraft. Über die nächsten zwei Spielzeiten absolviert er 40 Partien und markiert dabei fünf Treffer in der Championship.

Im Januar 2013 schnuppert er für drei Wochen bei Manchester United, schlägt sich damals gut, und es gibt Gerüchte über einen Wechsel. Sein ehemaliger Trainer Sven Göran Eriksson, von 2010 bis 2011 Trainer bei den Füchsen, bescheinigt ihm schon damals enormes Potenzial.

"Er ist ein sehr guter Fußballer mit viel Talent. Ob er für Manchester United bereit ist, weiß ich nicht. Es ist eine große Sache für ihn und wäre ein herber Verlust für Leicester, falls es zu einem Wechsel kommt," so der Schwede.

Doch soweit kommt es nicht. Der Deutsch-Ghanaer bleibt den Foxes erhalten und die Premier League lässt dann auch nicht lange auf sich warten. In den Playoffs 2013 scheitert Leicester City noch in einem dramatischen Halbfinale an Watford. Doch schon ein Jahr später geht es für Schlupp und sein Team eine Liga rauf.

Verlängerung vor der Saison

Die Offerte der Red Devils ist für den Mittelfeldmann heute auch kein Thema mehr. Es kommt vor dieser Saison zur Vertragsverlängerung, die Schlupp für die nächsten drei Jahren an den Verein bindet.

"Mit zehn Jahren kam ich aus Deutschland. Zwölf Monate später habe ich meinen ersten Vertrag hier unterschrieben. Zwölf Jahre bin ich nun schon hier und es ist eine Riesenehre für mich, nun für drei weitere zu verlängern. Hoffentlich folgen noch einige Jahre mehr", so der quirlige Angreifer vor dieser Saison.

Schlupp ist aus dem Team von Trainer Nigel Perason nicht mehr wegzudenken. Vornehmlich bekleidet der 22-Jährige die offensive linke Außenbahn im Mittelfeld. Früher wurde er auch häufiger als Linksverteidiger eingesetzt oder lief auf der linken Außenstürmer-Postion auf. Bei Leicester schätzt man seine Flexibilität.

Eine seiner großen Stärken besteht darin, immer wieder von links ins Zentrum zu ziehen und sich in aussichtsreiche Abschlusspositionen zu bringen. An der Torausbeute selbst muss Schlupp allerdings noch arbeiten. In dieser Saison gelangen ihm in 21 Pflichtspielen vier Tore und zwei Torvorlagen.

Entscheidung für Ghana

Auch abseits von Leicester City ist Schlupp ein gefragter Mann. Ralf Minge nominierte den Stürmer im März 2011 überraschend für den U-19-Lehrgang der deutschen Nationalmannschaft. Damals scheint er noch für Deutschland spielen zu wollen.

Doch er erhält dort keinen Einsatz und entscheidet sich letztendlich für Ghana, anders als Spieler wie Gerald Asamoah, David Odonkor oder Jerome Boateng.

Am 15. November des gleichen Jahres läuft er im Rahmen eines Trainingscamps erstmals für Ghana auf. Der große internationale Durchbruch lässt aber noch auf sich warten. Drei Einsätze absolvierte er für die Black Stars. Seine Nominierung für den Afrika Cup verhinderte eine Knieverletzung.

FA-Cup-Wahnsinn gegen Tottenham

Dass Schlupp nach nur einem Spiel Pause wieder für das Tabellenschlusslicht der Premier League auflief, sorgte beim ghanaischen Verband für Unmut. Leicester-Coach Pearsons sieht sich allerdings im Recht: "Wir haben nach den Regeln gehandelt. Wir sagten, dass er zehn bis 14 Tage ausfallen würde und so war es auch."

Ghana stand auch ohne den 22-Jährigen im Finale des Afrika Cups, unterlag in diesem aber knapp der Elfenbeinküste im Elfmeterschießen.

Schlupps Zeit in der Nationalmannschaft wird sicherlich noch kommen. Dafür hatte er Gelegenheit, Leicester gegen Tottenham Hotspur ins FA-Cup-Achtelfinale zu bringen. Mit dabei waren natürlich wieder die austickenden Leicester-Fans.

Jeffrey Schlupp steht erst am Anfang seiner Karriere. Bei den Foxes hat er es mit Talent, Fleiß und Beharrlichkeit schon zum Kult-Status gebracht. Jetzt scheint er bereit für den nächsten Schritt.

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