"Man hat uns abgeschrieben"

Von Übersetzt von Daniel Reimann
Ashley Cole hat für England bereits 106 Länderspiele absolviert
© getty
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Frage: Mit solchen Fähigkeiten wie Ihren wächst auch die Verantwortung. Wie sehr genießen Sie Ihre Rolle in Englands Nationalmannschaft, wenn Sie eine neue Welle an Spielern an die Mannschaft heranführen?

Cole: Um ehrlich zu sein: Man muss nicht viel in puncto Führung machen. Die meisten dieser Jungs haben im Verein bereits 50 Spiele absolviert, das sind Top-Spieler. Aber ja, sie sind trotz ihrer Erfahrung jung und benötigen einfach ein bisschen Zuversicht und Selbstvertrauen, um auf internationalem Level zu bestehen. Denn es ist nochmal ein Sprung.

Frage: Würden Sie dem zustimmen, dass England seine guten Teams in den Himmel lobt, aber gleichzeitig überkritisch ist, wenn die Teams eine schwere Phase durchmachen?

Cole: Ich weiß es nicht. Wenn man sich die jüngste Vergangenheit anschaut und all die großartigen Spieler, die wir im Team hatten, dann stimmt es schon, dass wir nicht die Erfolge erreicht haben, die wir vielleicht hätten erreichen sollen.

Frage: Leute wie Steven Gerrard, Frank Lampard oder Sie verfügen über unschätzbar wertvolle Turniererfahrung. Mit Blick auf die WM 2014 in Brasilien: Wie sehr werden die jungen Spieler davon profitieren?

Cole: Ich denke, wir werden ihnen helfen können. Wir drei sind die Ältesten im Team und es könnte unsere letzte EM werden. Deshalb wollen wir alle unbedingt dabei sein und dort einen guten Job gemacht. Bereits 2002 dachte ich, wir hätten eine Mannschaft, die in Japan hätte gewinnen können. Man braucht ein wenig Glück und möglicherweise hatten wir damals keinen gerechten Anteil daran. Die Früchte, die wir jetzt ernten, sind vielversprechend. Wir haben eine gute Mischung aus Erfahrung und Jugend. Wenn wir in Brasilien dieses Quäntchen Glück haben und unser Potenzial nutzen, können wir die WM gewinnen.

Frage: Im Gegensatz zu 2002 und anderen Jahren gehen sie mit geringeren Erwartungen ins Turnier. Macht das die Sache sogar einfacher?

Cole: Ich hoffe es. Man hat uns abgeschrieben. Das kann die Mannschaft anspornen zu beweisen, dass diese Leute falsch liegen. Etwas für sein Land zu gewinnen wäre eine unglaubliche Errungenschaft für uns alle.

Frage: Thema Errungenschaften: Sie haben auf Vereinsebene alles gewonnen, aber im Gegensatz zu anderen, die nach der WM aufhören, sind Sie mit 33 immer noch hungrig auf mehr.

Cole: Ich will weitermachen. Als ich zum ersten Mal für England aufgelaufen bin, wollte ich spielen um zu gewinnen. Wenn wir in Brasilien nicht gewinnen, werden viele fragen, ob es für uns Ältere nicht Zeit ist aufzugeben. Ich jedoch werde niemals mein Land im Stich lassen. Wenn ich weiterhin nominiert werde, werde ich mein Bestes geben, um viele weitere Länderspiele zu gewinnen.

Frage: Wenn Sie weitermachen, könnten Sie der Spieler mit den meisten Länderspielen für England werden.

Cole: Ja, das hoffe ich. Ich will einfach nur weitermachen, bis meine Beine oder mein Trainer mich zum Aufhören zwingen.

Frage: Erlauben Sie es sich selbst auf das zu schauen, was sie gewonnen haben und stolz darauf zu sein?

Cole: Es ist schwer, das nicht zu tun. Man sieht Ausschnitte der Spiele und der Trophäen, die man gewonnen hat. Natürlich bringt das dann Erinnerungen zurück. Aber ich will trotzdem weiter gewinnen. Die Teams, für die ich spiele - Chelsea und England - sind hoffentlich weiterhin gut genug. Wenn ich irgendwann meine Karriere beende, werde ich zurückschauen und stolz darauf sein, auf Klubebene alles gewonnen zu haben. Ich bin heiß darauf, dem mit England noch etwas hinzuzufügen.

Frage: Hat es Sie traurig gemacht, dass Sie die englische Öffentlichkeit missverstanden hat und Sie somit mit dem Image eines Menschen, der dem Fußball keinen hohen Stellenwert einräumt, umgehen mussten?

Cole: Nicht wirklich. Ich bin nicht zum Fußball gekommen, um Freundschaften zu schließen. Die Menschen glauben, was sie glauben wollen. Aber ich habe gute Freunde und eine großartige Familie. Die kennen mein wirkliches Ich. Wenn ich auf den Platz gehe, gehe ich raus und gebe mein Bestes um zu gewinnen. Ich werde fürs Fußballspielen bezahlt und das ist es, was ich weiterhin machen will.

Ashley Cole in der Zusammenfassung