Die größten Fehlgriffe aller Zeiten

Von Raphael Honigstein
Thomas Brolin erzielte bei der WM 1994 in den USA drei Tore in sieben Spielen für Schweden
© Getty
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Die Flop-Transfers

1. Faustino Asprilla (Newcastle United): Der Kolumbianer vom AS Parma sollte im Februar 1996* Tabellenführer Newcastle United zur Meisterschaft schießen. Trainer Kevin Keegan tat sich mit der Umstellung auf ein 4-4-2 jedoch keinen Gefallen. Die Elstern kamen völlig aus dem Tritt, Asprilla fiel mehr mit Eskapaden neben dem Platz auf und Manchester United wurde am Ende Meister. Ohne Übertreibung: der schwerwiegendste 10-Millionen-Euro Fehlgriff aller Zeiten.

2. Tomas Brolin (Leeds United): "Ein Weltklasse-Mann. Wir werden das ideale Duo sein", sagte Tony Yeboah im November 1995* über seinen neuen Sturmpartner. Brolin gelangen nach seinem Sieben-Millionen-Euro-Transfer vom AS Parma  zunächst ein paar Tore, bald aber gar nichts mehr. Er verkrachte sich mit mehreren Trainern, wurde immer dicker und fand keinen anderen Profi-Klub, der ihn dauerhaft verpflichten wollte. Passenderweise eröffnete der nicht wirklich tödliche "Killer mit dem Babyface" (Sun) nach dem Ende seiner Karriere im August 1998 in Stockholm ein italienisches Restaurant. Buon Appetito.

3. Dong Fangzhou (Manchester United): Der Chinese qualifiziert sich gleich doppelt für die "Worst-Ever Winter-Buy"-Kategorie. Er kam im Januar 2004 für eine halbe Million Pfund nach Manchester, sah das Old Trafford aber zunächst aber nur von außen; das britische Innenministerium erteilte ihm keine Arbeitsgenehmigung. Dong Fangzhou - oder Fangzhou Dong, die Meinungen gehen auseinander - wurde zu Royal Antwerp in die zweite belgische Liga abgeschoben, bis er exakt drei Jahre später einen Vertrag bei United unterschrieb. "Wir sind alle aufgeregt, dass er endlich angekommen ist und spielen kann", sagte Sir Alex. So richtig spielen konnte er aber leider nicht. Im Sommer 2008 wurde Dong zum großen Bedauern der Merchandising-Abteilung zurück nach China geschickt.

4. Paul Dalglish (Newcastle United): Spätestens seit Jordi Cruyff, George W. Bush und Enrique Iglesias ist bekannt, dass der richtige Nachnahme mitunter mehr hermacht als Kompetenz oder Talent. Das Engagement von Dalglish bei Newcastle United im November 1997* könnte möglicherweise - wir spekulieren hier wirklich nur - auch ein klein wenig mit der Tatsache zu tun gehabt haben, dass Papa Kenny damals Trainer im Nordosten war. Dalglish Jr. stümperte durch elf Spiele und wurde nach der Demission des Vaters in die zweite Liga zwangsversetzt. Sein Glück fand er letztlich in der MLS bei Houston Dynamo.

5. Igor Biscan (Liverpool): "Igor" und "Biscan" sind zwei Worte, die es noch heute jedem eingefleischten Liverpool-Fan eiskalt den Rücken hinunter laufen lassen. Der Kroate wurde im Dezember 2000 von Gerard Houllier für 8 Millionen Euro von Dinamo Zagreb auf die Insel geholt und konnte in seinen fünf Jahren bei den Reds nie überzeugen. Im denkwürdigen Champions-League-Finale von Istanbul war Rafael Benitez in der Pause (Spielstand 0:3) so durch den Wind, dass er zwölf Mann auf die Taktiktafel schrieb, aber trotzdem immer noch vernünftig genug, Biscan draußen zu lassen.

6. Ramon Vega (Tottenham): Der Verteidiger aus der Schweiz kam im Winter 1996 nach sieben Monaten bei Cagliari völlig überraschend für 5 Millionen Euro zu den Spurs. Er war sofort eine echte Verstärkung - für alle gegnerischen Sturmreihen. Vegas Verpflichtung wurde im Jahr danach noch kostspieliger, weil er Tottenham seinen Landsmann Christian "Ich bin mit der U-Bahn gekommen"-Gross als Trainer aufschwatzte.

7. Wayne Bridge (Manchester City): Manchester City zahlte im Januar 2009 zwölf Millionen Euro für den ehemaligen Nationalspieler an Chelsea und erhöhte sein Gehalt auf 5,5 Millionen Euro im Jahr. Wundert sich da noch jemand, dass Citys Geschäftsführer Garry Cook in der Branche unter dem Spitznamen Santa Claus firmiert? Bridgey kommt wie Kollege Dong bzw. Fangzhuo gleich doppelt für die Liste des Winter-Schreckens in Betracht. Im ersten Spiel für West Ham United, das ihn bis zum Saisonende ausgeliehen hat, verschuldete er am Samstag gegen Arsenal (0:3) alle drei Treffer.

8. Andy Cole (Arsenal): Nicht der Stürmer selbst, sondern Arsenal-Trainer George Graham gehört eigentlich an dieser Stelle auf die Liste. Der Schotte verkannte im März 1992* eindeutig die Fähigkeiten von Cole und gab ihn für eine halbe Million Pfund an Bristol City ab. Cole wurde bei Newcastle und danach bei Manchester United zu einem der herausragendsten Torjäger seiner Generation und machte 187 Buden in der Premier League. Ein klarer Fall von Fehlverkauf, wenn man so will.

9. Juan Pablo Angel (Aston Villa): Gut 15 Millionen Euro zahlte Aston Villa im Januar 2001 für den Kolumbianer. Angel war bei weitem keine Katastrophe - ihm gelangen 74 Tore in 205 Spielen - aber wie sich später herausstellte, wäre er wohl auch für die Hälfte der Transfersumme zu haben gewesen. Villa-Trainer John Gregory dürfte das durchaus gewusst haben.

10. Manucho (Manchester United): Der angolanische Dong. Manucho kam im Januar 2008 für einen einstelligen Millionenbetrag zu United. "Wir hatten ihn drei Wochen im Probetraining und waren beeindruckt, er bekommt einen Drei-Jahresvertrag bei uns", sagte Alex Ferguson. Der Stürmer musste wegen Problemen mit der Arbeitserlaubnis zunächst für Panathinaikos spielen. Im Sommer kam er wieder zurück, doch es reichte nur zu drei Einwechslungen, bevor er zu Hull City weiter geschoben wurde. Heute spielt er Manisaspor. Eingefädelt hatte den United-Deal damals übrigens Spielerberater Jorge Mendes, der auch den großartigen Bebe für nur neun Millionen Euro bei den Red Devils unterbrachte. Reiner Zufall, natürlich.

(* vor Einführung der Transferfenster im August und Januar)

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Raphael Honigstein lebt und arbeitet seit Oktober 1993 in London. Für die "Süddeutsche Zeitung" berichtet er über den englischen Fußball und ist Kolumnist für die britische Tageszeitung "The Guardian". Beim früheren Premier-League-Rechteinhaber "Setanta Sports" fungierte Honigstein als Experte für den deutschen Fußball. In Deutschland wurde der 36-Jährige auch bekannt durch sein Buch "Harder, Better, Faster, Stronger - Die geheime Geschichte des englischen Fußballs". Zudem ist er als Blogger bei footbo.comtätig und auch unter twitter.com/honigstein zu finden.

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