Die Rückkehr der Unbesiegbaren

Von SPOX
Mai 1889: Stolz posieren die Spieler von Meister und FA-Cup-Sieger Preston North End
© Imago

In der dritten Runde des FA-Cups kommt es zu einem geschichtsträchtigen Duell: Rekordmeister FC Liverpool ist zu Gast bei Preston North End (18.15 Uhr im LIVE-TICKER). Der heutige Zweitligist war Englands erster Fußball-Meister und erwarb sich Ende des 19. Jahrhunderts den Kampfnamen "Die Unbesiegbaren". Über hundert Jahre später wollen die Lilywhites wieder Geschichte schreiben.

Cookie-Einstellungen

"Alles war voller Menschen, sie klebten an den Masten und hingen von den Dachsparren", erzählt Peter Thompson vom letzten Mal, als der FC Liverpool zu Gast in Deepdale war.

Auch damals stand man sich im FA-Cup gegenüber, damals im bitterkalten Winter 1962, als sich Preston North End und die Reds einen erbitterten Kampf ums Weiterkommen lieferten, damals als es noch keine Verlängerung und kein Elfmeterschießen gab.

Nach einem 0:0 in Anfield erkämpften sich die Lilywhites auch im heimischen Deepdale ein 0:0 gegen die in der Second Division haushoch überlegenen Reds. Ein drittes Spiel auf neutralem Grund musste her. Old Trafford, die Heimat von Manchester United, gab den Rahmen.

Schneesturm auf dem Weg nach Manchester

Mit Polizeieskorte und Blaulicht wurden die Spieler aus Preston ins Stadion gebracht. Der Mannschaftsbus hatte in einem Blizzard den Geist aufgegeben und beim Ersatzbus fror der Scheibenwischer ein.

Und dennoch sollte es Prestons großer Tag werden. Zehn Minuten nach der Pause fiel das goldene Tor. Peter Thompson bezwang Liverpools Keeper Bert Slater, nachdem ihm Ron Years den Ball vor die Füße geköpft hatte.

Die Geburt der Unbesiegbaren

Fast 50 Jahre später werden wohl keine Menschen die Masten erklimmen und es wird auch niemand Stadiontore aushängen und Maschendraht durchtrennen, um sich Zugang zum Stadion zu verschaffen.

Dennoch: Wenn der Rekordmeister und aktuelle Premier-League-Spitzenreiter FC Liverpool am Samstag zum Drittrundenmatch im FA-Cup anreist, dann herrscht Ausnahmezustand bei dem Klub, der sich schon den Kampfnamen "Die Unbesiegbaren" erworben hatte, als die Reds noch nicht einmal gegründet waren.

Es war 1888, als die Football League ihre Geburtsstunde erlebte, und Preston North End war ihr Prunkstück.

Mit 18 Siegen, vier Unentschieden und ohne eine Niederlage gewannen die Lilywhites die Premierensaison vor Aston Villa. John Goodall (21) und Jimmy Ross (18) schossen gut die Hälfte der 74 Saisontore. Im gleichen Jahr holte man auch den FA-Cup, ohne ein Gegentor hinnehmen zu müssen.

Liverpool wird zur Großmacht

Auch in der kommenden Saison gewann PNE den Titel. Diesmal vor dem FC Everton, allerdings hauchdünn. Es sollte der letzte Meistertitel für Preston gewesen sein, und Liverpool war noch immer nicht gegründet. 1938 holte man noch ein zweites Mal den FA-Cup. Seit 1961 spielte der Klub nicht mehr erstklassig.

Liverpool hingegen stieg 1963 auf und schickte sich an, den englischen und den europäischen Fußball über gut zwei Jahrzehnte mitzuprägen und vor allem in den 1970ern und 80ern zu beherrschen.

Gemeinsame Legenden

Anno 2009 trennen beide Klubs Welten. Liverpool führt die Premier League an, und Preston ist tapferer Siebter der zweiten Liga, weit weg von einer Rückkehr auf die große Bühne.

Und dennoch gibt es viele Gemeinsamkeiten. Bill Shankly, dessen Bronzestatue mit der Inschrift "Er machte die Menschen glücklich" vor dem Stadion an der Anfield Road in Liverpool steht, war als Spieler in den 30er und 40er Jahren eine Legende bei den Lilywhites. Später führte er als Manager die Reds zu zahlreichen Titeln.

Peter Thompson, der große Held der Pokalschlacht von 1962, sollte über 400 Spiele für Liverpool absolvieren.

Mini-Reds-Legende in Preston

Einer, der den umgekehrten Weg gegangen ist, trägt am Samstag das Trikot von PNE. Neil Mellor spielte zwischen 2002 und 2006 in Liverpool und zwei Tore machten ihn dort zumindest zu einer kleinen Legende.

2004 schoss er keine zwei Minuten nach seiner Einwechslung das wichtige 2:1 für Liverpool gegen Olympiakos Piräus, das den Weg ebnete für den Einzug ins CL-Achtelfinale und den sensationellen Triumph im Mai 2005 über den AC Mailand im Endspiel in Istanbul.

Keine zwei Wochen zuvor war ihm mit einem sensationellen Fernschuss in der Nachspielzeit der Siegtreffer gegen Arsenal gelungen. Anhaltende Knieprobleme verhinderten jedoch seinen Durchbruch bei den Reds. 2006 unterschrieb er dann einen Dreijahresvertrag bei Preston.

Als Mellor Carragher nassmachte

Jetzt glaubt Mellor an die Sensation und erinnert an Liverpools peinliches Aus in der vergangenen Spielzeit: "Selbstverständlich haben wir eine Chance. Barnsley hat es letztes Jahr geschafft. Es ist also nicht unmöglich."

Auch wenn sein Einsatz wegen einer Hüftverletzung noch fraglich ist, weiß Mellor genau, wie er seinen Beitrag leisten kann, um den großen Favoriten nervös zu machen: "Als erstes werde ich mir Jamie (Liverpools Abwehrchef Jamie Carragher) vornehmen und ihm erzählen, wie ich ihn früher im Training nassgemacht habe. Mal sehen, wie er damit zu Recht kommt."

Mal sehen, wie der große FC Liverpool damit zurechtkommt, wenn die Lilywhites aus der Versenkung treten und zumindest für zwei Stunden wieder im Rampenlicht stehen.

Die einst Unbesiegbaren wollen wieder Geschichte schreiben, auch wenn diesmal keine Menschen an Masten und Dachsparren in Deepdale hängen werden wie damals im bitterkalten Winter 1962.

Die dritte Runde im FA-Cup auf einen Blick