Das Fest der Hiebe

Von Haruka Gruber
Fabregas, Cesc, Ashley, Cole
© Getty

München - Zur Abwechselung waren es mal keine Kurzpässe und Tempodribblings, mit denen die Spieler des FC Arsenal ihren Trainer verzückten.

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"Wir haben im Kampf, in den Eins-gegen-Eins-Duellen, unseren Charakter gezeigt. Wir waren körperlich dominant, und das ist bei uns wirklich nicht üblich", freute sich Arsene Wenger nach dem 1:0 gegen den FC Chelsea (die Highlights als Video bei SPOX.TV).

Spielstark aber auch soft, so lautet das gängige Klischee über den FC Arsenal. Gegen das körperlich äußerst robuste Chelsea jedoch waren die Gunners spielstark - und tough. Wenger: "Mein Team hat physisch dagegengehalten. In diesem Bereich haben wir uns am meisten verbessert."

Mit der neu entdeckten Zähigkeit gilt Arsenal endgültig als Topfavorit auf die Meisterschaft. Der Vorsprung auf Chelsea beträgt sechs Punkte, Liverpool liegt nach dem 0:1 gegen Manchester United bei einem Nachholspiel zehn Zähler zurück. Nur ManU hält mit einem Punkt dahinter Schritt.

Terry fällt drei Monate aus

Vor dem Feiertagsstress mit vier Spielen bis zum 2. Januar gilt es jedoch, die ungewohnte Aggressivität von Cesc Fabregas und Co. in die richtigen Bahnen zu lenken. Denn gegen Chelsea war es wohl nur der Milde - oder der Unaufmerksamkeit - von Schiedsrichter Alan Wiley zu verdanken, dass Arsenal das Spiel mit elf Mann beendete.

So wurden weder Fabregas, der den Ex-Gunner Ashley Cole in der Schlussminute mit beiden Beinen niederstreckte, noch Emmanuel Eboue, der John Terry so beherzt über den Fuß fuhr, dass dieser wegen eines Mittelfußbruchs drei Monate ausfällt, vom Referee ernsthaft zur Verantwortung gezogen.

Nachspiel für Cole?

Ausgleichende Gerechtigkeit mag wohl die Triebfeder des Schiedsrichters gewesen sein, denn auch auf Seiten der Blues wurde kräftig zugelangt. Zunächst grätschte Terry Fabregas von hinten gegen die Schenkel, obwohl schon längst abgepfiffen war, später rächte sich Joe Cole für einen Ballverlust an Eboue und grätschte diesen aus dem Spiel. Und Ashley Cole hatte wohl am meisten Glück, dass er für seine Würgeattacke nach Fabregas' Einsteigen nicht Rot sah.

Dem ehemaligen Wenger-Schützling droht allerdings ein Nachspiel: Nachdem Cole 90 Minuten lang hartnäckig ausgepfiffen wurde, ließ er sich nach dem hitzigen Spielschluss zu einer obzsönen Geste (Zeige- und Mittelfinger zu einem V geformt) hinreißen. Die FA untersucht den Vorfall. Am Tag danach formulierte es der "Daily Star" ebenso treffend wie nüchtern: "Es war ein dreckiges und nickeliges Spiel."

Starker Almunia - Lehmann außen vor

Während Arsenal über seine neu entdeckten Nehmer- und Geber-Qualitäten jubelte, fand Blues-Coach Avram Grant jedoch einen anderen Grund für die Niederlage: Die mangelnde Chancenverwertung. "Wir hatten genügend Chancen, aber Manuel Almunia hat glänzend gehalten", sagte der Israeli.

Im Gegensatz zu Petr Cech, der bei William Gallas' goldenem Tor patzte, war Arsenals Nummer Eins ganz und gar nicht das Nervenbündel, das Konkurrent Jens Lehmann gerne sehen würde. Eine Rückkehr von Lehmann ins Tor der Gunners ist nach dieser Leistung des Spaniers ferner denn je.

Neben der geklärten Torwartfrage, genoss Wenger den Respekt der Konkurrenz. Und der Franzose hat Großes vor: "Wir glauben an den Meistertitel", sagte er, fügte jedoch an: "Dennoch glaube ich, dass es ein Vierkampf bleibt."

Krisengipfel oder Meinungsaustausch?

Den FC Liverpool rechnet Wenger demnach trotz der Heimniederlage der Reds gegen Manchester United (0:1) explizit mit ein. "Es ist viel zu früh, um aufzugeben", gab sich Liverpools Coach Rafael Benitez kämpferisch: "Das Gegentor von Carlos Tevez hatte viel mit Glück und Pech zu tun. Diesmal lief es gegen uns."

Pech für den Spanier, dass er sich prompt nach der Niederlage rechtfertigen musste. Im Anschluss an die zweite Premier-League-Pleite in Folge und dem Abrutschen auf Platz fünf traf sich der zur Disposition stehende Trainer mit den amerikanischen Teambesitzern Tom Hicks und George Gillett zu einer dreistündigen Diskussion.

Seit Wochen gilt das Verhältnis als zerrüttet, weil sich Benitez einerseits in seiner Entscheidungsbefugnis bei Transfers beschnitten sieht, die Eigner aber auf der anderen Seite mit dem sportlichen Abschneiden alles andere als zufrieden sind.

Stahlbad der Ehe 

Zumindest nach außen wurde das Treffen als deeskalierende Maßnahme verkauft. "Das Treffen verlief positiv und es wurden viele Themen angesprochen", teilte der Verein lediglich in einer Stellungnahme mit. "Die Gespräche verliefen freundlich und konstruktiv. Alle Teilnehmer sind sich einig im Wunsch, den Verein zu weiteren Erfolgen zu führen."

Gehaltreicher waren allerdings Gilletts Ausführungen im "Liverpool Echo". Dort meinte der Amerikaner: "Die Unstimmigkeiten in letzter Zeit hätten nicht passieren dürfen. Jetzt müssen wir wieder eine Plattform finden, um weiter zusammenarbeiten zu können."

Zu Benitez' Zukunft sagte der Milliardär: "Ich bin seit 40 Jahren verheiratet und weiß aus erster Hand, wie man Meinungsverschiedenheiten löst." Und damit hat er vermutlich nicht Scheidung gemeint.