Ex-Red-Bull-Torhüter Thomas Dähne im Interview: "Kimmich hat unseren Zeugwart zur Weißglut getrieben"

Von Daniel Nutz
Thomas Dähne spielt aktuell in Polen bei Wisla Plock.
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Zurück zu Salzburg: Was macht die Arbeit bei Red Bull aus?

Dähne: Schon zu meiner Zeit war alles extrem professionell. Das Internat, die Rundumbetreuung, die Lehrer, das Essen, das alles hatte ein sehr hohes Niveau. Wenn man beispielsweise als Jugendspieler gut trainiert hatte, wurde man auch mal mit einem Training bei der zweiten Mannschaft belohnt. Für mich war das alles eine komplett neue Welt. Welch gute Arbeit dort generell geleistet wird, sieht man an den Spielern, die in den vergangenen Jahren für viel Geld verkauft wurden: Erling Haaland, Sadio Mane, Naby Keita, Dayot Upamecano und noch viele mehr. Dahinter steckt der klare Plan, auf junge Spieler zu setzen und diese zu entwickeln.

Wie lebte es sich auf einem Fußballinternat und welchen Stellenwert genoss die schulische Ausbildung?

Dähne: Die schulische Ausbildung und Erziehung spielten eine große Rolle. Wenn dein Zimmer nicht aufgeräumt war oder du zur Bettruhe nicht auf deinem Zimmer warst, gab es einen auf den Deckel. Wenn man in der Schule schlecht war, kam durchaus mal die Ansage: Nimm dir Nachhilfe, dafür musst du halt mal ein Training ausfallen lassen. Bereits damals herrschte allerdings ein gewisses Konkurrenzdenken: Bin ich schlecht in der Schule, verpasse ich ein paar Einheiten und ein anderer schnappt sich eventuell meinen Platz in der Mannschaft. Das sorgte dafür, dass viele die Schule ernst nahmen. Für die langfristige Perspektive war das auf jeden Fall wichtig.

Thomas Dähne im DFB-Trikot.
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Thomas Dähne im DFB-Trikot.

Dähne blickt zurück: "Mane war schnell wie der Blitz"

Mit etwas Abstand: Wie sehen Sie die Red-Bull-Vereine, die vor allem in Deutschland durchaus kritisch beäugt werden?

Dähne: Es gibt auch andere Vereine, hinter denen Investoren stecken. Bei den Klubs von Red Bull ist es ja nicht so, dass gesagt wird: Lasst uns ein paar Spieler für 500 Millionen Euro kaufen. Da wird mit dem vorhandenen Geld sinnvoll gewirtschaftet. Sicherlich darf jeder seine eigene Meinung haben, wo das Geld teilweise herkommt, aber letztlich ist es ein Fußballverein, der wie jeder andere wirtschaften muss, Fans ins Stadion lockt und nach Erfolgen strebt. Damit habe ich kein Problem.

In Salzburg haben Sie mit einigen großen Namen trainiert und teilweise auch gespielt. Der Name Sadio Mane sticht dabei heraus. Wie war er als Mitspieler?

Dähne: Er war ganz unscheinbar, ein ruhiger Typ. Aufgefallen ist er nur auf dem Platz, da hat man sofort gesehen, dass er es draufhat. Mittlerweile ist er Champions-League-Sieger und einer der Stars in der Premier League. Als er 2012 kam, konnte man schon erahnen, dass er richtig gut werden kann, aber dass er acht Jahre später zu den womöglich zehn besten Spielern weltweit gehört, war aufgrund des Alters natürlich schwierig vorherzusehen. Wenn er den Ball am Fuß hatte und zum Dribbling angesetzt hat: Puh, der war schnell wie der Blitz. Fußballerisch hat ihn Jürgen Klopp noch einmal auf eine ganz andere Stufe gebracht. Als Persönlichkeit wirkte er auf mich sehr introvertiert. Welch bescheidener Typ er ist, sieht man an sämtlichen wohltätigen Aktionen, die er für sein Heimatland macht.

2014 wechselten Sie nach Leipzig. Ralf Rangnick war damals einer der Hauptverantwortlichen für Ihren Transfer. Was zeichnet seine Arbeit aus?

Dähne: Rangnick hatte schon bei Hoffenheim als Trainer enormen Erfolg. Er ist ein sehr kompetenter Fußballtrainer mit einem klaren Plan. Auch als Sportdirektor oder Global Manager wird er im Hintergrund sicherlich auf gewisse Weise die Fäden ziehen, ohne sich in die tägliche Arbeit einzumischen. Er ist extrem ehrgeizig, aber auch sehr intelligent. Wenn es sein muss, kann er auch mal auf den Tisch hauen.

2015 ging es für Sie weiter zu HJK Helsinki. Lagen in den vergangenen knapp fünf Jahren spannende Angebote auf dem Tisch, die Sie gereizt hätten?

Dähne: Im vergangenen Sommer hat sich der englische Zweitligist FC Barnsley gemeldet. Eigentlich war schon alles geklärt bezüglich Ablöse und Gehalt, es fehlte nur noch die Unterschrift. Nach meiner Zusage wurde dem Klub allerdings ein vertragsloser Torhüter angeboten, für den sich Barnsley letztlich entschieden hat, um die Ablösesumme einzusparen, die für mich fällig geworden wäre. Ich hätte den Schritt damals gerne gemacht, sich im Nachgang darüber zu ärgern, bringt aber nichts.

Dähne: Mexiko? "Vor unserem Hotel standen bewaffnete Soldaten"

In der Jugend liefen Sie insgesamt 16-mal für eine deutsche U-Auswahl auf. 2011 waren Sie Teil der deutschen U17-Nationalmannschaft, die bei der WM in Mexiko mit Samed Yesil, Emre Can und Co. für Aufsehen sorgte. Welche Erinnerungen haben Sie an dieses Erlebnis?

Dähne: Das war ein überragendes Event. Wir haben leider das Halbfinale verloren, wenn man aber sieht, dass beim Spiel um Platz drei über 90.000 Zuschauer im Stadion waren, war das schon ein Gänsehautmoment. Ein Juniorenturnier mit einem derartigen Zuschauerinteresse war definitiv etwas Besonderes. Generell waren die vier Wochen extrem cool, dennoch gab es auch Momente, die für uns junge Spieler auf gewisse Weise beängstigend waren.

Erzählen Sie.

Dähne: Jede Fahrt fand mit Polizeieskorte statt, vor unserem Hotel standen bewaffnete Soldaten. Da es reine Vorsichtsmaßnahmen waren, haben wir uns mit der Zeit aber damit arrangiert.

Yesil war einer der Stars des Turniers. Heute spielt er - auch aufgrund schwerer Verletzungen - in der dritten türkischen Liga.

Dähne: Für Samed ist es echt bitter gelaufen. Er ist damals nach Liverpool gewechselt, dort hatte er schnell die erste große Verletzung. Nach seinem Comeback folgte gleich die zweite, das ist einfach Pech und nicht die Schuld des Spielers. Mir hat es wehgetan, seine Situation aus der Ferne zu beobachten, weil ich ihn kenne und weiß, dass er das Potenzial hat, ein richtig starker Spieler zu sein.

Can hingegen hat den Sprung in die Weltspitze geschafft.

Dähne: Bei Emre habe ich damals schon gemerkt, dass er sehr reif ist. Er war unser Kapitän und Anführer, deshalb war für mich klar, dass er es weit bringen kann. Die Mischung passte einfach. Es spricht für sich, wenn man Profispiele für Bayern, Liverpool, Juventus und den BVB absolviert hat.

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