Wie Fabian Ernst mit einem dänischen Zweitligisten und ghanaischen Talenten in den Europapokal will

Fabian Ernst spielte in der Bundesliga für Hannover, Hamburg, Bremen und Schalke.
© getty
Cookie-Einstellungen

Eine Gratwanderung in zweierlei Hinsicht

Der Plan von Ernst und Quaye mit dem Klub ist klar: "Wir wollen die talentiertesten Spieler der Akademie nach Dänemark holen, weiterentwickeln und dann je nach Fortschritt behalten oder an einen größeren Verein weiterverkaufen." Bis zu fünf, sechs Spieler könnten pro Jahr den Schritt von Ghana nach Dänemark machen. Im Winter kam bereits der erste, zwei weitere sollen alsbald folgen - letzte Formalitäten seien aber noch zu klären. Außerdem verpflichtete Naestved zwei junge Serben. Nicht nur Ghanaer, sondern "alle talentierten 19- bis 23-Jährige mit Entwicklungspotenzial sind willkommen", sagt Ernst. Dieses Konzept ist jedoch eine Gratwanderung - in zweierlei Hinsicht.

Einerseits besteht berechtigte Sorge, wie die alteingesessenen dänischen Spieler mit dem plötzlichen Influx ausländischer Talente umgehen werden. Schließlich nehmen sie ihnen in letzter Konsequenz Spielanteile weg. Die Integration der Talente in die Mannschaft soll deshalb "behutsam" ablaufen, erklärt Ernst: "Das darf man nicht überstürzen, ansonsten gibt es innerhalb der Mannschaft zu viel Unruhe."

Andererseits dürfen die ghanaischen Akademiespieler nicht den Eindruck bekommen, einen "Freifahrtschein nach Dänemark" zu bekommen, wie es Ernst nennt. "Das würde recht schnell für Zufriedenheit sorgen und wäre kontraproduktiv." Aktuell spielen in der Akademie 20 Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren. Sie kommen aus der 2,4-Millionen-Einwohner-Stadt Accra oder dem Umland und erhalten in der Akademie lediglich Extra-Training. Gleichzeitig spielen sie jeweils für eine altersentsprechende lokale Jugendmannschaft und nehmen mit dieser an einem geregelten Ligabetrieb teil.

Naestved hat in dieser Saison noch Chancen auf den Durchmarsch in die erste Liga.
© imago
Naestved hat in dieser Saison noch Chancen auf den Durchmarsch in die erste Liga.

Fabian Ernst: "Naestved ist eine Fußballstadt"

Nach dem Kauf von Naestved wollen Ernst und Quaye weiter in die Akademie investieren, um die Ausbildungsbedingungen für die Talente zu optimieren. Ein neues Gebäude und ein Platz sollen es sein, erklärt Ernst. Aber auch in Naestved selbst besteht Investitionsbedarf. "Das Stadion ist leider nicht wirklich modern. Da müssen wir mit der Stadt noch reden, ob es Unterstützung für eine Sanierung gibt."

Im Schnitt kommen zu den Spielen 3.000 bis 4.000 Menschen in das Stadion mit seinen 10.000 Plätzen. Und die, die da sind, bereuen es nicht. In Naestved gibt es derzeit viel Grund zum Jubeln. Nach dem Aufstieg im vergangenen Sommer ist Naestved aktuell Vierter der zweiten Liga und hat Chancen auf den Durchmarsch. Der Rückstand auf Tabellenführer Viborg FF beträgt lediglich drei Punkte, Nyköbing FC auf dem Relegationsplatz drei ist punktgleich. "Wir wollen den Aufstieg schaffen. Aber wenn es nicht klappt, ist es kein Beinbruch", erklärt Ernst. "Unser Ziel ist der Aufstieg innerhalb der nächsten drei Jahre. Langfristig träume ich vom Europapokal."

Dort war Naestved schon mal, in den glorreichen 1970er und 1980er Jahren. Nach einem Durchmarsch von der dritten in die erste Liga etablierte sich Naestved ab 1971 im Oberhaus. Zweimal wurde der Klub Vizemeisters, viermal qualifizierte er sich für den UEFA-Cup, 1973 kam es zu einem Duell mit Fortuna Düsseldorf - mit dem besseren Ende für die Deutschen. "Der Verein hat eine große Vergangenheit. Naestved ist eine Fußballstadt", sagt Ernst. 1996 aber stieg der Klub ab und kam bis heute nicht mehr wieder. Finanzielle Probleme ließen Naestved beinahe in den Amateurfußball abstürzen.

Die Fans sehnen sich nach Erfolg und einer Rückkehr in die erste Liga. Dem Konzept der neuen Eigentümer scheinen sie wohlwollend gegenüber zu stehen. "Bisher habe ich von den Fans nur positive Rückmeldungen für unser Engagement bekommen", sagt Ernst. "Wobei ich die negativen vielleicht auch einfach nicht mitbekommen habe - mein Dänisch ist nicht ganz so gut, alles kann ich nicht verstehen."