Genuas Transfer-Coup Krzysztof Piatek: Revolverheld auf Robert Lewandowskis Spuren

Von Dennis Melzer
Krzysztof Piatek ist auf Robert Lewandowskis Spuren.
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Krzysztof Piatek entwickelte sich in Rekordzeit vom No-Name zum Shootingstar beim CFC Genua. Seinen irren Lauf setzt er auch in Polens Nationalelf fort.

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Am Ende wog die Tatsache gar nicht so schwer für die italienischen Fans, dass ihre Squadra bei der Weltmeisterschaft in Russland nicht vertreten war. Die fußballbegeisterte Nation im Süden Europas wurde in diesem Sommer, der sich aktuell noch etwas ziert, seiner Nachfolgejahreszeit Platz zu machen, fußballtechnisch dennoch in Atem gehalten.

Grund war das furiose Gebaren einiger Erstliga-Klubs auf dem Transfermarkt. Allen voran Juventus Turin , das für 117 Millionen Euro Cristiano Ronaldo ins Piemont lockte, um später noch einen spektakulären Tausch zwischen Gonzalo Higuain und Leonardo Bonucci in die Wege zu leiten, sorgte für Aufsehen. Auch Inter Mailand schlug ordentlich zu, holte namhafte Stars wie Radja Nainggolan und Stefan de Vrij. Deals, die bisweilen ein mediales Erdbeben auslösten - und die Tifosi in Scharen an die Flughäfen oder Geschäftsstellen strömen ließen.

Während sich im Norden der Wechselwahnsinn Bahn brach, arbeiteten die Verantwortlichen des FC Genua im stillen Kämmerlein, tüftelten ohne großes Trara am Kader für die kommende Spielzeit. Das ist nicht ungewöhnlich, zählt der Verein aus der Hafenstadt nicht unbedingt zu den Schwergewichten der Serie A, sondern dümpelt Jahr für Jahr bestenfalls im Niemandsland der Tabelle herum. Und so nahm auch kaum jemand Notiz von den Aktivitäten des CFC, der mit über 41 Millionen Euro verhältnismäßig viel Geld locker machte.

Piatek auf Rang fünf der teuersten Neuzugänge in Genua

Auch, weil allein mit den Verkäufen von Mattia Perin (12 Millionen Euro / Juventus Turin) und Diego Laxalt (14 Millionen Euro / AC Milan) ordentlich Einnahmen generiert wurden. Auf Platz fünf der teuersten Neuzugänge Genuas für die Saison 2018/19 reihte sich mit Krzysztof Piatek ein weitestgehend unbekannter Angreifer aus Polen ein. 4,5 Millionen Euro überwiesen die Rossoblu an Cracovia nach Krakau - ein Deal, der sich schon nach kurzer Zeit bezahlt machen sollte.

Gut drei Monate später ist Piatek der absolute Durchstarter in Italiens Beletage. In acht Ligaspielen netzte der 23-Jährige neunmal. Dank eines Viererpacks in der Coppa gegen die zweitklassige US Lecce steht der Mittelstürmer inzwischen bei beeindruckenden 13 Pflichtspieltoren in acht Spielen. Eine Quote, die selbst Andriy Shevchenkos Ausbeute zum Start bei Milan im Sommer 1999 in den Schatten stellt. Seine Tore zelebriert Piatek gerne, indem er seine Fingern zu zwei imaginäre Pistolen formt, um seine Treffsicherheit zu symbolisieren.

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Piatek mit Premierentreffer für Polen gegen Portugal

"Auf dem Platz denke ich ausschließlich darüber nach, wie sich der nächste Spielzug entwickeln könnte. Dann überlege ich, wo ich mich positionieren muss, um den Ball zu bekommen", erklärte Piatek jüngst im Interview mit der Gazzetta dello Sport und ergänzte: "Ich habe nur ein Ziel. Ich möchte in jedem Spiel ein Tor erzielen."

Doch wo kommt der überraschende Shootingstar her, der so unscheinbar aus Polen an den Stiefel gekommen war? Piatek wurde am 1. Juli 1995 in Dzierzoniow, unweit der tschechischen Grenze geboren und spielte zunächst in seiner Heimatstadt für Dziewiatka und später für Lechia Dzierzoniow. 2013 zog es den talentierten Offensivmann zum Profiklub Zaglebie Lubin, bei dem er allerdings erst im Mai 2014 sein Erstliga-Debüt feiern durfte, als er gegen Cracovia eingewechselt wurde.

Am Ende der Saison musste Lubin den Gang in Liga zwei antreten, schaffte im darauffolgenden Jahr aber den sofortigen Wiederaufstieg. 33 Spiele standen in Piateks drittem Jahr bei Lubin zu Buche, wobei ihm in der Ekstraklasa sechs Tore gelangen. Innerhalb Polens hatte sich der Emporkömmling also einen Namen gemacht, Cracovia sicherte sich seine Dienste. In Krakau schaffte Piatek den endgültigen Durchbruch. In zwei Saisons steuerte Cracovias Neuner satte 32 Treffer bei, womit er sich schließlich auch für ausländische Vereine interessant machte, bis Genua letztlich den Zuschlag erhielt.

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Juventus, Bayern München und BVB angeblich an Piatek interessiert

Im Vorfeld der WM zählte Piatek zunächst zum erweiterten Kreis von Polens Auswahl zählte, wurde am Ende aber von Trainer Adam Nawalka nicht berücksichtigt. Nach der schwachen Darbietung in Russland musste der Coach seinen Hut nehmen, wurde von Jerzy Brzeczek ersetzt, der den Durchstarter prompt in den Kader zurückberief. Mitte September debütierte Piatek für die A-Nationalmannschaft und stand vor heimischer Kulisse gegen Irland in der Startelf. In seinem zweiten Länderspiel gegen Portugal gelang Piatek am Donnerstag nun beim 2:3 im Nations-League-Spiel gegen Porugal sein Premierentreffer.

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge buhlen inzwischen längst mehrere Top-Klubs um den Pistolero. Juventus Turin soll sich bereits bei Genua erkundigt haben, der deutsche Rekordmeister FC Bayern schickte laut Transfermarkt.de Scouts nach Italien, um Piatek zu beobachten. Auch Borussia Dortmund sendete offenbar Späher aus. Das berichtete calciomercato.com zuletzt.

Eine Entwicklung, die Genua-Trainer Davide Ballardini mit zwiespältigen Gefühlen wahrnimmt, hofft er doch, dass sein neues Juwel so lange wie möglich für seine Truppe auf Torejagd geht. "Ich habe fast Angst, über Piatek zu reden, weil es den Druck auf ihn nur erhöht", sagte Ballardini jüngst und führte aus: "Aber es sieht wirklich so aus, als bringe er das Komplettpaket mit. Ich habe das Gefühl, dass er wirklich ein wichtiger Spieler werden kann. Aber das flüstere ich lieber, als dass ich es von den Dächern rufe."

Piatek wird mit Lewandowski verglichen

Selbstredend wird Piatek in der Presse schon mit seinem Landsmann Robert Lewandowski verglichen, der ebenfalls erst mit Anfang 20 den Schritt aus Polen in eine große Liga wagte, als er sich 2010 Borussia Dortmund anschloss, um sich in der Folge zu einem der besten Stürmer der Welt zu entwickeln.

Auch Piateks Spielweise erinnert an den Bayern-Star: Starker Abschluss, gutes Stellungsspiel im gegnerischen Strafraum, beidfüßig und teilweise auch mit dem Kopf zur Stelle. Von diesbezüglichen Vergleichen möchte der aufstrebende Angreifer allerdings nichts wissen. "Ich kann nicht mit Lewandowski verglichen werden, er spielt für Bayern München und ich bei Genua", stellte der zwölfmalige U21-Nationalspieler gegenüber Sky Italia fest.

Es gilt zu beweisen, ob es sich bei Piatek lediglich um eine viel zu früh gehypte Eintagsfliege handelt oder ob er weiterhin den treffsicheren Revolverhelden mimt. Sollte Letzteres zutreffen, dürfte sein nächster Wechsel mit großer Wahrscheinlichkeit nicht im allgemeinen Transferwust untergehen. Vielleicht strömen Fans seines neuen Arbeitgebers dann in Scharen zur Geschäftsstelle oder zum Flughafen, um ein Selfie mit ihrem neuen Helden abzustauben.

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