"Ist das wirklich mein Traumjob?"

Alexander Zorniger belegt mit Bröndby IF den zweiten Platz in der dänischen Superliga
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SPOX: Sie haben sich dann ein Spiel vor Ort angeschaut und sich zunächst dagegen entschieden. Wieso?

Zorniger: Die Bedingungen waren denen in Stuttgart ähnlich: Es sollte ein Strategiewechsel hin zu den ursprünglichen Bröndby-Wurzeln stattfinden. So etwas muss man jedoch vor allem verbal begleiten können und daran hatte ich mich beim VfB aufgerieben. Diese Befürchtung hatte ich hier auch, diesen Prozess nicht perfekt in der inhaltlichen Tiefe begleiten zu können.

SPOX: Sie können sich doch aber sehr ordentlich auf Englisch verständigen.

Zorniger: Ich war vor meiner Studienzeit vier Monate in den USA. Dabei habe ich nicht nur meinen Wortschatz erheblich erweitert, sondern auch gelernt, dass ich vor allem drauf los kommunizieren muss. Ich bin weit davon entfernt, jeden Satz grammatikalisch korrekt zu formulieren. Mir fehlen hier und da auch die exakten Termini, aber es ist wichtig, trotzdem viel zu sprechen. Mittlerweile habe ich erkannt, dass man als Trainer im Ausland nicht davon ausgehen sollte, man müsse seinem Gegenüber alles bis ins letzte Detail mitgeben. Hier war es so, dass Spieler und Kollegen ohnehin ein großes Interesse mitbrachten, mich verstehen zu wollen.

SPOX: Wie kam es dann zur finalen Zusage?

Zorniger: Ich habe die Situation mehrfach mit meinem Berater Christian Nerlinger durchgesprochen. Es war abzusehen, dass es in diesem Moment schwierig werden würde, in Deutschland etwas zu finden. Ich wollte nicht ein Jahr lang beschäftigungslos abwarten und erst dann herausfinden, ob dieser Job überhaupt noch der richtige für mich ist. Den letzten Ausschlag gab dann ein Abendessen.

SPOX: Inwiefern?

Zorniger: Dort war ein Kumpel dabei, der im Laufe des Abends mitbekommen hat, dass ich in Kopenhagen war. Er fragte mich: Aber es ist ja wohl nicht Bröndby, oder? Ich dann: Doch. Er: Bist du eigentlich noch zu retten? Das ist doch eine absolute Top-Adresse! Mir ist danach aufgefallen, dass ich zunächst nur überlegt habe, welche Auswirkungen es hätte, wenn ich künftig nicht in Deutschland arbeiten würde. Ich habe mir aber keine Gedanken darüber gemacht, was außerhalb von Deutschland überhaupt interessant für mich sein könnte.

SPOX: Hätten Sie nach dem Aus in Stuttgart gedacht, sechs Monate später wieder einen neuen Verein zu übernehmen?

Zorniger: Mein Zeitplan sah schon vor, dass ich dazu nach rund einem halben Jahr wieder bereit sein möchte. Gerade auch deshalb, weil mich der Job an sich glücklich macht und dieses Empfinden nicht primär vom Niveau der Liga abhängig ist. Ich habe einst in der Verbandsliga angefangen. Ab 2009 sagte ich mir, dass ich das als Beruf machen möchte. Bröndby ist nun die Station, bei der ich für mich herausfinden will: Ist das wirklich mein Traumjob, auch in den nächsten zehn Jahren? Oder gibt es Einflussgrößen, die mich ständig derart stören, dass ich diese Frage letztlich verneinen müsste? Noch ferner in die Zukunft zu blicken möchte ich erst einmal nicht.

SPOX: Sie sind jetzt etwas mehr als ein halbes Jahr in Dänemark. Ziehen Sie doch bitte mal ein Zwischenfazit!

Zorniger: Die Balance zwischen Arbeit und Beruf ist viel ausgeglichener als in Deutschland. Ich kann noch nicht sicher sagen, ob dies für ganz Dänemark gilt, ob ich es jetzt besser manage oder ich das so empfinde, weil wir momentan erfolgreich sind. Ich habe in der letzten Länderspielpause einen Ausdauerlauf angesetzt und anschließend drei Tage freigegeben. Im Vertrauen auf meine Mitarbeiter bin ich dann für vier Tage mit meiner Freundin weggefahren, weil mir das in dem Moment besser tat. In Deutschland wäre das wohl noch undenkbar gewesen.

SPOX: Ihnen fällt das Genießen wieder leichter.

Zorniger: Genau. In Stuttgart hatte ich wie hier in Kopenhagen eine schöne Wohnung. Nur konnte ich die und das Privatleben irgendwann gar nicht mehr so richtig wertschätzen, da ich vom Trainingsgelände nach Hause kam und alle beruflichen Themen mitschleppte. Gehe ich hier jedoch nach dem Training in die Stadt, wird man zwangsläufig auf natürliche Art und Weise abgelenkt. Das tut mir und meinem gesamten Umfeld richtig gut.

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