"Ich wollte bei den Bayern bleiben"

Serdar Tasci spielte in seiner Karriere für Stuttgart, Spartak Moskau und Bayern München
© getty

Anfang 2016 lieh der FC Bayern München am letzten Tag der Wintertransferperiode Serdar Tasci von Spartak Moskau aus, da drei etatmäßige Innenverteidiger verletzt fehlten. In dem halben Jahr beim Rekordmeister kam Ex-Stuttgart Tasci aber nur selten zum Einsatz. Im Interview spricht Tasci über seine Rückkehr nach Russland, die Zeit beim FC Bayern und seine Verbundenheit zum VfB Stuttgart.

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SPOX: Herr Tasci, nach den sechs Monaten beim FC Bayern München sind Sie wieder zu Spartak Moskau zurückgekehrt. Am Wochenende haben Sie nach Verletzungspause Ihr Comeback im siegreichen Derby gegen ZSKA Moskau gefeiert und 90 Minuten durchgespielt. Wie verlief Ihr persönlicher Saisonstart?

Serdar Tasci: Mein Saisonstart verlief sehr gut, bis mich leider eine Muskelverletzung für einige Wochen außer Gefecht gesetzt hat. Jetzt bin ich wieder bei 100 Prozent und es läuft sehr gut.

SPOX: Spartak wartet seit 2001 auf die Meisterschaft und seit 2003 auf einen Titel. Nun führt man die Tabelle an. Wie kam's?

Tasci: Nachdem wir in der Qualifikation zur Europa League ausgeschieden sind, musste Chefcoach Dmitri Alenitschew gehen und wurde durch dessen Co-Trainer Massimo Carrera ersetzt. Mit dem neuen Trainer haben wir einen guten Lauf erwischt, wir sind extrem fit und taktisch hervorragend geschult. Ich hoffe, dass wir diesen Lauf über die gesamte Spielzeit aufrechterhalten und nach langer Zeit wieder einen Titel holen.

SPOX: Carrera war lange Zeit Co-Trainer unter Antonio Conte bei Juventus Turin und später auch bei der italienischen Nationalmannschaft. Er soll an der Seitenlinie ähnlich emotional coachen wie Jürgen Klopp, kann man die beiden vergleichen?

Tasci: Ja, so ähnlich. Sowohl vom emotionalen Charakter, als auch von der reinen Gestik her. Er fiebert immer enorm mit, selbst bei den Trainingseinheiten. Bei den Partien noch viel mehr, der setzt sich ja nie hin. (lacht) Er gibt sehr lautstarke Anweisungen von außen und wirkt so permanent auf die Mannschaft ein. Sein Training ist typisch italienisch mit vielen Einheiten, in denen ausschließlich taktische Varianten geübt werden. Er betont auch den physischen Bereich während der Saison, wir machen regelmäßig intensive Läufe.

SPOX: Es scheint, als haben Sie mit der Rückkehr zu Spartak die richtige Entscheidung getroffen. Waren Sie dennoch zunächst enttäuscht, dass es in München nicht weiterging?

Tasci: Ich wollte bei den Bayern bleiben. Das war mein erklärtes Ziel. Es war allerdings von Anfang an nicht einfach für mich.

SPOX: Weshalb?

Tasci: Ich bin nach sechs Wochen Urlaub in München angekommen. In Russland gibt es eben diese ziemlich lange Winterpause. Zur Veranschaulichung: Als Spartak ins Trainingslager ging, unterschrieb ich in München - und hatte im Gegensatz zu meinen Mitspielern weder Spiele, noch Training in den Knochen. Ich war einfach nicht fit und habe Zeit benötigt, um körperlich auf der Höhe zu sein.

SPOX: Warum sind Sie dann das Risiko, nicht oder nur selten zu spielen, überhaupt eingegangen?

Tasci: Ich wollte wieder zurück in die Bundesliga. Es gab zu dem Zeitpunkt auch Interesse von anderen deutschen Klubs. Dann kam der Anruf der Bayern. Ich habe es mir angehört und war schnell sicher, dass ich das machen will. Es war immer mein Ansporn, so schnell wie möglich fit zu werden. Ich wusste natürlich, dass dies einige Wochen dauern kann. Ich hatte eigentlich nie den Gedanken, dass es in München nicht klappen könnte. Hätte es die sechs Wochen Pause zuvor nicht für mich gegeben, wäre es bestimmt auch anders gelaufen.

SPOX: Wie sind Sie dann vorgegangen?

Tasci: Als klar war, dass ich nicht bei den Bayern bleiben werde, kamen auch andere interessante Angebote. Schlussendlich habe ich mich dazu entschieden, zu Spartak zurückzukehren, da ich mich dort sehr gut fühle und einer der Leistungsträger bin. Ich habe mich in Moskau auch schnell wieder wohlgefühlt.

SPOX: Streben Sie dennoch weiterhin eine Rückkehr nach Deutschland an?

Tasci: Im Fußball weiß man nie, was passiert. Es läuft bei Spartak und so macht es einem Spieler natürlich auch viel Spaß. Ich bin glücklich hier und will unbedingt Meister werden. Das hieße dann auch, im nächsten Jahr in der Champions League vertreten zu sein. Momentan sind das die Ziele, die ich auf alle Fälle mit Spartak erreichen möchte. Daher hege ich derzeit keine Wechselgedanken.

SPOX: Sie sind am letzten Tag der Wintertransferperiode 2016 zu den Bayern gewechselt. Wie viel Zeit blieb Ihnen denn, sich das genau zu überlegen?

Tasci: Es war natürlich relativ kurzfristig. Die Gespräche liefen aber schon ein paar Tage, bevor ich die Unterschrift geleistet habe. Ich habe dann zugesagt und ab da ging alles ganz schnell.

SPOX: Die ersten öffentlichen Reaktionen gingen alle in dieselbe Richtung: Was will der FC Bayern mit Tasci? Wie sind Sie mit dieser Wahrnehmung umgegangen?

Tasci: Es gab ja sowohl positive, als auch negative Bemerkungen. Ich glaube einfach, dass das darauf zurück zu führen ist, wie die russische Liga in Deutschland wahrgenommen wird. Nämlich gar nicht beziehungsweise höchst spärlich. Dass dies so ist, war mir aber auch schon bei meinem Wechsel klar. Daher ist es irgendwo auch verständlich, dass sich manche anfangs nicht sicher waren. Insofern spiele ich halt unterm Radar, die breite Masse in Deutschland verfolgt meine Partien nicht. Die Teilnahme an der Champions League würde sicherlich helfen.

SPOX: Pep Guardiola hat einmal über Sie gesagt, er sei unfair mit Ihnen umgegangen, weil Sie immer gut trainiert, aber kaum gespielt hätten. Wie sah Ihre persönliche Beziehung zu ihm aus?

Tasci: Er gehört ohne Frage zu den besten Trainern der Welt. Es war für mich daher auch ein riesiger Ansporn, unter ihm trainieren zu können. Und es stimmte auch, er geht bei den Spielanalysen und Trainingseinheiten sehr akribisch vor. Guardiola sucht die Perfektion, für ihn zählt jedes kleine Detail. Das färbt auch ab, für meine Position habe ich einige neue Dinge gelernt. Natürlich hätte ich mir gewünscht, mehr zu spielen.

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