Die nobelste aller Blutgrätschen

Von SPOX
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Lazio-Boss Lotito mosert über die popligen Aufsteiger und erfindet eine neue Sportart. Diego Costa spricht über seine "noblen" Grätschen und Martin Ödegaard versinkt im Schlamm.

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Serie A

Von Oliver Birkner

Je suis Carpi des Spieltags: Carpi ist nicht Capri. Vor einiger Zeit wollte eine amerikanische Familie mal Verwandte in Carpi besuchen, das in der Provinz Modena liegt. Das US-Konglomerat landete in Milano Malpensa, gab fatalerweise Capri ins Navi, fuhr lustigerweise nach rund zweieinhalb Stunden am eigentlichen Zielort vorbei, um nach schmerzhaften 625 Extrakilometern verblüfft am Fährenhafen in Neapel zu landen. Carpi ist seit einigen Monaten prominenter auf der Landkarte. Der Klub aus dem 70.000-Einwohner-Städtchen führt nicht nur die Serie B an, er wurde nun auch zum Symbol gegen steriles Fußball-Business und für träumende Tifosi von kleineren Vereinen. Am Wochenende gab nämlich Ischia-Manager Pino Iodice sein brisantes Telefonat mit Lazio-Präsident Claudio Lotito an die Presse. Darin parlierte Lotito, dem Präsidenten der Serie B beispielsweise vorgeworfen zu haben: "Wir müssen schnell was ändern. Parma geht runter und du schickst mir Klubs wie Carpi, Frosinone oder Latina hoch in die erste Liga? Einer davon wäre okay, aber zwei, die einen Scheiß wert sind? Ich habe mit meinem Geschick 1,2 Milliarden Euro für die TV-Rechte herausgeholt. Wer zahlt das noch in drei Jahren mit Carpi oder Frosinone? Die Sender wissen doch gar nicht, dass es diese Scheiß-Vereine überhaupt gibt."

Viele kleinere Klubs solidarisierten sich am Spieltag mit Shirts oder Transparenten: "Je suis Carpi!" Lotito gab weitere Einblicke, in die machiavellistische Sportpolitik des Calcio. "Wer entscheidet wohl in der Serie A? Ligapräsident Maurizio Beretta? Der entscheidet null, rein gar nichts. Ich habe unter den Patronen 16 Stimmen sicher." Auch in der Serie C lässt Lotito, der zudem im Rat des Verbandes sitzt, offenbar seinen Einfluss spielen. Ligavorsitzender Maurizio Macalli sei nichts wert, doch man müsse ihn noch im Amt halten. Bald ginge er ohnehin von selbst und sei eben noch für 18 Monate simple Marionette. Sollte Iodice nicht für ihn stimmen, würde Lotito dafür sorgen, Verbandszuschüsse für den Drittligisten Ischia zu streichen. Kein Problem, schließlich hatte Lotito gemeinsam mit Busenfreunden wie Milan-Manager Adriano Galliani bereits die konturlose Marionette Carlo Tavecchio zum Präsidenten des italienischen Verbandes gehievt.

"Ich hatte vom Paten Lotito genug, deshalb entschloss ich mich zur Veröffentlichung des Telefonats", erklärte Iodice. Mit seinem üblich schwarzen Umhang und den fünf gleichzeitig surrenden Handys wäre Lotito im Streifen von Francis Ford Coppola keineswegs deplatziert. "Lotitogate" nannten die Gazetten den Skandal, doch das Schicksal eines Richard Nixon wird er wohl nicht erleiden. Abgesehen von Juventus, Roma und Florenz versteckte sich das Gros der 20 Serie-A-Klubs hinter der Omertà. "Im Ausland lacht man nur noch über uns. So jemand wie Lotito erinnert an die Zeit des Mittelalters", zürnte Juve-Sportchef Beppe Marotta. Ohnehin kein Kumpan des Römers, der vor einigen Monaten über den schielenden Marotta erzählte: "Den soll ich ernst nehmen? Er spielt mit einem Auge Billard und schreibt mit dem anderen die Punkte auf." Je suis Marotta et Carpi.

Provinz des Spieltags: Als Antwort auf Lotito legten sich die Klubs aus der Mitte-Unten-Kategorie besonders ins Zeug. Palermo schlug Napoli, der Letzte Parma holte ein Remis bei der Roma, Cesena überzeugte beim 2:2 gegen Juventus, Chievo besiegte Sampdoria und Empoli spielte remis beim AC Milan - in Empolis Startformation standen acht Youngster, die zum ersten Mal im San Siro kickten. Respekt. Doch die "Rossoneri" treten längst selbst wie Provinz auf. Fünf Zähler sammelten sie aus sieben Partien 2015, selbst die Tifosi haben die Geduld verloren und forderten den Kopf von Coach Filippo Inzaghi. Dessen Punkteschnitt liegt nach 23 Partien bei 1,3, der schlechteste in 29 Jahren unter dem Berlusconi-Regime.

Und sonst? Zum Valentinstag ließ sich Sampdoria-Präsident Massimo Ferrero einen herzzerreißenden Tweet einfallen: "Ein besonderer Tag, ohne die Liebe ist alles trüber. Das Schönste ist es zu lieben, viva l'amore!" Erster Kommentar nach wenigen Sekunden: "Und vor allem: Viva la figa!" Das bedeutet Muschi. An San Valentino können Männer eben doch auch mal romantisch sein.

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