Der Mann, der Fußball durchspielte

Von SPOX
Hoch soll er leben, hoch soll er leben, dreeeeeei Mal hoch - hoch - hoooooooch!
© getty

Den Italienern fallen trotz Drohneneinsatz und dem Mailänder Derby fast die Augen zu, allerdings hören sie gleichzeitig das schönste Pardon der bisherigen Saison. Während in England die Schmutzfinken De Bruyne und Courtois ihr Unwesen treiben und Adebayor von einem Voodoo-Zauber belegt ist, geht es in Spanien um echte und unechte Superhelden.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Serie A

Von Oliver Birkner

Land des Spieltags: Irgendwann kam man mit dem Chancenzählen in Neapel nicht mehr nach. Freilich war das im Vorfeld zu vermuten, da Napolis Monstersturm und Defensive der Apokalypse auf Cagliari traf. Die Sarden werden von Zdenek Zeman trainiert, dessen Klubs Italien vor langer Zeit "Zemanlandia" taufte. Am liebsten würde der gebürtige Prager, der 1968 mit 21 auf den Stiefel umsiedelte, stets eine 1-5-4-Formation aufbieten und oft scheinen seine Teams auf dem Rasen tatsächlich so geordnet. Anders war Napolis Führung nicht zu erklären: Ein langer Einwurf aus fast Mitte der eigenen (!) Hälfte flog in den Lauf von Gonzalo Higuain, der nur noch den Gästekeeper vor sich hatte. Doch wie betont Offensivfetischist Zeman regelmäßig: "Gegentore gehen mir am Arsch vorbei, wenn wir einen Treffer mehr schießen."

Mit Cagliari ist dieses Credo gewiss nicht immer so leicht umzusetzen. Immerhin kamen die Sarden nach 0:2 und 2:3 zu einem verdienten 3:3-Remis, das gut und gerne auch 6:6 hätte enden können. Man muss den größten Kettenraucher seit Helmut Schmidt einfach gernhaben, denn in Zemanland ist immer was los. Wie zu Beginn der 1990er, als er das "Wunder von Foggia" schuf, den Klub sich erst zum Aufstieg ausballern ließ und ihn dann auf Platz neun mit der zweitbesten Liga-Offensive in der Serie A hielt (58:58 Tore). Wie bei Lazio, wo er die Gegner abfiedelte (Florenz 8:2, Inter 4:1, Milan 4:0) und den besten Angriff stellte wie später bei der Roma. Vor zwei Jahren führte er Pescara ins Oberhaus und brachte dabei Youngster wie Marco Verratti (jetzt PSG), Lorenzo Insigne (Napoli) und Ciro Immobile (BVB) groß raus - Torbilanz: 90:55. Cagliari liegt nach zwölf Partien bei 20:20 - da geht sicher noch viel mehr, in Zemanlandia.

Drohne des Spieltags: Ein kleiner Tusch für "Sky Italia": Zum Mailänder Derby gab es den ersten Fußball-Einsatz einer Drohne (nicht von Serben oder Albanern gesteuert), die aus dem Mailänder Nachthimmel Bilder vom ausverkauften San Siro lieferte. Eine erneute Sky-Revolution nach den weiterhin exklusiven Bildern vor dem Anpfiff aus den Teamkabinen, in denen man sich bei bebendem Schuhebinden oder Unterhosenfarben vor Spannung die Nägel bis zur Schulter abkaut. Von der Partie selbst entsandte die Drohne nichts und das war auch besser so. Der Qualität des Kicks zwischen Milan und der Internazionale halfen weder HD noch 3D, denn die Scala des Calcio ist vorübergehend geschlossen. Die einstigen lombardischen Kolosse müssen gegenwärtig mit einem Minimum an Talent und einer Inflation an Mittelmaß über die Runden kommen. Dass eines der beiden Teams Zdravko Kuzmanovic ernsthaft als Regisseur einsetzte, gibt selbstredend Aufschluss über die aktuelle Güteklasse, wie das erneut gespenstisch umhertapsende Transfer-Mysterium Fernando Torres. Was blieb, waren ein genialer Treffer von Jeremy Menez, das erste Tor vom Nigerianer Joel Obi seit dem 29. April 2012 und der Derby-Einnahmerekord über 3,3 Millionen Euro. Aus Vorsicht vor visuellen Schäden wurde die Drohne nach der Halbzeit in einen sicheren Hafen zurückbeordert.

Und sonst? Kleiner, alter Mann ganz groß. 1,67 Meter, 37 Jahre, Antonio Di Natale. Der Udinese-Kapitän absolvierte am Sonntag sein 400. Serie-A-Spiel und setzte beim 200. Erstligator gleich noch ein Jubiläum oben drauf. Der Irrwisch aus Neapel erhielt nie wirklich die Huldigung, die ihm im Grunde zusteht. In den letzten fünf Saisons erzielte er 120 Serie-A-Buden (aktuell steht er bei sieben in elf Partien) und Di Natales Ausbeute läge vermutlich höher, wäre er nicht erst mit 25 zum Erstligadebüt gekommen. Seither kickte er für Empoli und Udine, keine Klubs, in denen der Stürmer pausenlos mit kongenialen Zuspielen gefüttert wurde. Ehre, wem Ehre gebührt: Totò, sei un grande!

Zum Abschluss noch das schönste Pardon des Spieltags. Ex-Juventus-Keeper Stefano Tacconi entschuldigte sich im TV beim neuen Juve-Coach Max Allegri folgendermaßen: "Scusa, dass ich Sie vor der Saison Vollpfosten genannt habe. Ich sagte, Juve würde nach Antonio Conte den ersten dahergelaufenen Vollpfosten engagieren. Aber Sie sind echt ein kompetenter Vollpfosten, ein absolut großartiger Vollpfosten."

Serie A: Drohen und der größte Kettenraucher seit Helmut Schmidt

Premier League: Schmutzfinger De Bruyne und Voodoo-Zauber

Primera Division: Wie Batman Valencia bedroht und Rayos Wohltat

Artikel und Videos zum Thema