Fernab der Normalität

Von Max Schöngen
Celtic hat seine Vormachtstellung in Schottland eingebüßt
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Metalist Kharkiv

8 Spiele - 3 Siege, 2 Remis, 3 Niederlagen - 12:14 Tore - 11 Punkte

Tabellenplatz: 7

Lediglich der 7. Platz in der Tabelle und 11 Punkte aus den bisherigen acht Spielen. Rein sportlich ist die aktuelle Saison für Metalist Kharkiv wohl eine herbe Enttäuschung.

Über sportliche Misserfolge, den möglicherweise falschen Trainer, die falsche Taktik oder über Leistungen der Spieler spricht derzeit aber niemand in der Ukraine. Wen vermag das zu überraschen, angesichts der politischen Lage im Land?

"Der Fußball darf nicht von der Politik abhängig sein", hieß es noch vor der Saison in einer Erklärung des ukrainischen Verbandes. Eine Wunschvorstellung, die mit der aktuellen Situation wohl nicht viel gemein hat.

Abbild des Ausnahmezustands

Je weiter sich der Blick gen Osten des Landes richtet, desto weiter ist man von Normalität entfernt. Vor allem Donetsk ist von der Krise schwer getroffen, aber auch in Kharkiv ist nichts mehr, wie es mal war.

Kaum ein anderer Klub ist derart vom Bürgerkrieg betroffen wie Metalist, die jüngere Vergangenheit ein Abbild des Ausnahmezustands.

Galt der Verein noch vor wenigen Jahren als aussichtsreicher Kandidat, der die anhaltende Dominanz der Spitzenklubs Dynamo Kiew und Shakhtar Donetsk durchbrechen könnte, so ging es beim Klub aus der Metallarbeiterstadt in der jüngeren Vergangenheit stetig bergab.

Besitzer auf der Flucht

Auf höchst dubiose Weise hatte Alexander Jaroslawski, einst "König von Kharkiv" und langjähriger Förderer des Klubs, die Anteile vor rund zwei Jahre an Sergej Kurtschenko verkauft. Rund 400 Millionen hatte der Mäzen zuvor in seinen Klub investiert. Neues Stadion, neue Spieler hohe Ambitionen, der Weg an die Spitze war gepflastert.

Der neue Besitzer Kurtschenko wiederum, dem Vernehmen nach ein enger Freund des ehemaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch, befindet sich seit den Protesten zu Beginn des Jahres auf der Flucht, übereinstimmenden Medienberichten zufolge soll er sich inzwischen in Moskau niedergelassen haben.

Wie es aber mit dem Klub weitergeht, weiß so recht niemand im Moment. In Folge der ungeklärten politischen Lage verließ der langjährige Trainer Miron Markewitsch noch in der vergangenen Saison den Verein, für ihn übernahm Co-Trainer Ihor Rachajew. Er stand und steht vor einer Mammutaufgabe.

Viele Abgänge, kaum Neue

Marlos, Alejandro Gomez oder Marcio Azevedo sind nur wenige Spieler aus der langen Liste derer, die den Verein vor dem Saisonstart verlassen haben. Vor allem durch Leihgeschäfte konnte zur laufenden Saison der Kader aufrechterhalten werden, konkurrenzfähig aber ist dieser bei Weitem nicht, wie sich in der laufenden Saison herausstellt.

Hinzu kommt auch die Sorge, dass Spieler vom ukrainischen Militär eingezogen werden könnten - beinahe geschehen bei Edmar, der vor der Saison einen Einberufungsbefehl erhalten hatte. Zwar konnte sein Einzug verhindert werden, dies jedoch ist nur ein Beleg von vielen, wie weit man sich in der Ukraine vom normalen Fußball-Alltag entfernt hat.

Wer trotzt den Umständen?

"Am Ende wird sich diejenige Mannschaft durchsetzen, die mit diesen widrigen Umständen am besten klar kommt", prophezeite Donezk-Trainer Mircea Lucescu schon vor dem Saisonstart.

Mit dem derzeitigen Tabellenführer Dnepropetrowsk ist das bislang einer Mannschaft aus dem Westen des Landes am besten gelungen. Einer Mannschaft, der die Krise zumindest geographisch etwas ferner ist als Kharkiv oder Donetsk.

Trainer dort ist übrigens Miron Markewitsch, jener Mann, der zuvor acht Jahre lang bei Metalist an der Seitenlinie gestanden hat und den Verein zu einem der besten ukrainischen Teams geformt hatte, bevor die Krise alles zerstörte.

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