"Uli Hoeneß mag keine Österreicher"

Von Interview: Christoph Köckeis
Hegt eine tiefe Verbundenheit zu Köln: Toni Polster
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SPOX: Ihr Freund Andreas Herzog wird nicht müde zu betonen, Sie wären lauffaul gewesen, hätten stets darauf gewartet, bis der Ball bei Ihnen landet. Natürlich ein humorvoller Seitenhieb. Wie würde der Trainer den Spieler Toni Polster charakterisieren?

Polster: Niemand außer ich konnte Andis Flanken erreichen (lacht). Ich selbst würde behaupten, ein flexibler Stürmer gewesen zu sein. Ob mit dem linken und rechten Fuß, per Kopf, aus Freistößen oder Elfmetern - ich habe meine Tore gemacht.

SPOX: Nicht umsonst genießen Sie in Deutschland höchste Wertschätzung. In der Heimat wurden und werden Sie skeptischer beäugt. Sinnbild: die WM-Qualifikation 1990. Begleitet von einem gellenden Pfeifkonzert feuerten Sie das Nationalteam per Hattrick gegen die DDR zur WM.

Polster: Es ist schön, dass ich als Österreicher meine Spuren in der Bundesliga hinterließ. Noch heute bin ich dort gern gesehener Gast, das bereitet mir Freude. Nach dem Sieg machte sich eine gewisse Genugtuung breit. Wir haben damals ein Stück Fußball-Geschichte geschrieben.

SPOX: Seit 1998 läuft das ÖFB-Team einer WM-Teilnahme hinterher: Ihnen wurde diese Ehre gleich zwei Mal zuteil - Ihre Erinnerungen?

Polster: Bei einer Endrunde dabei zu sein, die Atmosphäre aufzusaugen, ist das Größte, was man als Österreicher erreichen kann. Ich hatte das Glück, sowohl 1990 als auch 1998 mein Land als Kapitän auf den Rasen zu führen. Vielleicht sind wir bald wieder dabei.

SPOX: Woran hakt es Ihrer Einschätzung nach?

Polster: Es fehlte in der Vergangenheit an einem starken, qualitativ hochwertigen Gerüst. Wir hatten die exzellenten Einzelkönner wie Gerhard Prohaska, Hans Krankl oder Herzog nicht. Von Torwart über Abwehr, bis hin zum Torjäger vermisste ich die Klasse. Derzeit sind wir auf einem guten Weg.

SPOX: Neben David Alaba wurde Marko Arnautovic zum Hoffnungsträger hochstilisiert. Letzteren bezeichnete Herzog als "größtes Talent aller Zeiten". Nach der Suspendierung wurde er von Werder Bremen begnadigt. Sie gehören zu Arnautovic' schärfsten Kritikern - warum?

Polster: Im Nachhinein war es keine gute Aussage von Andi. Marko ist zweifellos ein fantastischer Spieler, nur sollte der Kopf immer mitmachen. Und da habe ich meine Bedenken. Für mich ist er ein Zirkusspieler, leider hat seine Manege zu selten geöffnet. Er tappt in jedes Fettnäpfchen, und hat sich die Haltung der Medien durch sein Verhalten selbst zuzuschreiben.

SPOX: Sie meinten, eine Akademie hätten Sie wahrscheinlich nicht überstanden. Vielmehr waren Sie ein Typ mit Ecken und Kanten, im Business der Neuzeit eine Rarität. Arnautovic ist auch kein Heiliger, jemand, der polarisiert.

Polster: Ich war immer unangepasst, hatte eigene Ideen. In Akademien wird den Talenten - denke ich - viel zu viel vorgegeben. Wenn die Leistungen bei Marko passen, drückt man da öfter ein Auge zu. Nur ist das Verhältnis zwischen seinen Ausrastern und Darbietungen nicht entsprechend.

SPOX: "Die Leute fürchten sich und sind neidisch", sagten Sie in einem Interview bezugnehmend auf die Hindernisse einer Karriere an der Seitenlinie. Warum war dem so?

Polster: Einigen war der Name Toni Polster zu groß. Sie hatten Angst, nicht mehr die Aufmerksamkeit zu erhalten, wenn sie mich als Trainer verpflichten. Das Privileg erarbeitete ich mir. Mittlerweile habe ich die Chance, zu beweisen, dass ich in dieser Position Qualität habe. Mein Ziel war, in der Bundesliga zu arbeiten. Deshalb nahm ich die ganze Ausbildung auf mich. Jetzt bin ich dort angelangt, wo ich hin gehöre.

SPOX: Admira Wacker bangte in der Vorsaison um die Bundesliga-Existenz. Der Klassenerhalt wurde denkbar knapp realisiert. Kein leichtes Unterfangen für Sie?

Polster: So ein Jahr soll nicht mehr vorkommen. Wir sollten in der Vorbereitung unsere Mannschaft stabilisieren, um gefestigt den Abstiegskampf zu bestreiten. Ob der finanziellen Lage müssen wir uns zum Status des Ausbildungsvereins bekennen.

SPOX: Wann sehen wir Sie in Deutschland? Peter Stöger wagte den Sprung zu Ihrem Herzensklub.

Polster: Peter ist ein intelligenter, akribischer Arbeiter. Er kann eine Mannschaft zusammen schweißen, ist ein moderner Betreuer. Ich hoffe, er wird Erfolg haben und den 1. FC Köln dort hinführen, wo er hingehört: In die Bundesliga. Die ganze Stadt will den Aufstieg. Ich selbst würde mich sehr über eine Rückkehr freuen und versuchen, dem Verein zu altem Glanz zu verhelfen. Irgendwann.

Toni Polster im Steckbrief