Der Tod des Calcio mal wieder

Von SPOX
Am Wochenende in Catania: Juventus diskutiert mit den Schiris einen Gegentreffer weg
© Getty

Catania Calcio beklagt die Untertänigkeit der Schiedsrichter gegenüber Meister Juventus Turin. Liverpools Stürmer Luis Suarez kommt im Derby gegen Everton erstaunlicherweise ohne Kopfnuss davon. In Spanien gab's Gelb-Rot für einen Bewusstlosen. Die Blitzlichter aus Europa, zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.

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Serie A

Von Oliver Birkner

Spiel des Spieltags: Na endlich rappelt es mal wieder im Schiedsrichter-Kasten der Serie A, wurde ja auch irgendwie langsam langweilig. Aber der Reihe nach. Catania erzielte beim Stand von 0:0 gegen Juventus ein reguläres Tor, das die Referees zunächst bestätigten.

Es folgte das Jüngste Gericht. So schnell wie sie noch nie gelaufen waren, befanden sich einige Profis der Juve-Bank inklusive Startelf beim Linienrichter, um das Urteil flugs revidieren zu lassen. 44 Sekunden lang berieten die Unparteiischen theatralisch über ihre albernen Headsets und kamen nach der entscheidenden Intervention des Torrichters schließlich zur falschen Überzeugung: Abseits. In dieser Zeit hätte man statt Audiobeweis auch den TV-Beweis einschalten können. Der Mittagskick wurde dann komplett rund, als derselbe Linienrichter später eine Abseitsstellung von Nicklas Bendtner vor dem entscheidenden 1:0 der Turiner durch Arturo Vidal übersah - der Torrichter blieb dieses Mal stumm. Jetzt bricht sie also wieder los, die leidige Diskussion um die "sudditanza psicologica", die psychologische Untertänigkeit, die man den Referees in puncto Juventus seit langem unterstellt. Vielleicht sollte eher erkannt werden, dass sechs Schiedsrichter keinen Sinn ergeben. Zudem dominierte Juve die gesamte Partie, so verfälscht wirkte das Ergebnis nicht. Catanias Groll ließ sich zwar nachvollziehen, doch hysterisch vom "Tod des Calcio" zu palavern (Catania-Präsident Antonio Pulvirenti), na ja. Catanias Bürgermeister sprach derweil von einer "Beleidigung gegenüber der gesamten Stadt" und forderte eine offizielle Entschuldigung. Vielleicht sollte er die Zeit in seiner Stadt drängerenden Problemen widmen.

Spieler des Spieltags: Der Bediener der Anzeigetafel in Bologna hatte wohl einen lustigen Abend bei reichlich Lambrusco hinter sich. Als Bologna auf 1:2 gegen Inter verkürzte tippte der mal fleißig "0:3" ein, kurz nach Inters Treffer zum 3:1 ließ er dann lange 3:3 aufblinken. Augenzeugen beschwören, die Partie ging tatsächlich 1:3 aus - der achte Inter-Erfolg im achten Auswärtsspiel dieser Saison und damit Klubrekord.

Und sonst? Bei Florenz gegen Lazio musste die Florentiner Lokalpresse nicht lange überlegen. "Das Oktoberfest-Duell", titelte sie und fand flugs Fotos von Luca Toni und Miro Klose beim gemeinsamen Bierkrug-Heben zu Münchner Zeiten. Am Ende prostete lediglich Toni, der den 2:0-Sieg seiner Fiorentina fantastisch eintütete. "Herrliche Zeiten damals", lächelte der Stürmer hinterher. Eventuell hätte auch Klose nach der verdienten Niederlage lieber ein Fass angestochen - oder einen Karpfen geangelt.

Zum Abschluss das Transparent des Tages aus San Siro: "Ich heirate morgen, liebe aber Galliani!" Na also, erster Sieg nach drei Pleiten und dazu noch eine durchaus ansehbare weibliche Bewunderin in der Kurve. Das dürfte in dieser Saison das schönste Wochenende von Onkel Fester der Milan-Family gewesen sein.

Premier League

Von Raphael Honigstein

Spiel des Spieltags: Chelseas 2:3-Heimniederlage gegen Manchester United hatte alles, was ein Schlager braucht: schöne Tore, eklatante Patzer, wilde Fouls, Schiedsrichter-Fehler, zwei rote Karten und mehrere Kontroversen. Vor dem Match hatte der wegen einer rassistischen Beleidigung gesperrte John Terry im Stadionheft geschrieben, er sei "stolz", dass Chelsea das Anti-Rassismus-Programm "Kick it out" unterstütze. Doch damit nicht genug der Ironie: nach dem Match bezichtigten die Blauen Schiedsrichter Mark Clattenburg zwei Spieler mit "unanständiger Sprache" beleidigt zu haben. Die Worte "spanischer Depp" und auch rassistische Worte in Richtung von John Obi Mikel sollen gefallen sein. Die Behörden untersuchen die Vorwürfe. Zudem hat Chelsea einen längeren Ausfall zu beklagen. Ein Ordner fiel nach dem 3:2 von Chicharito - der aus dem Abseits kam - aus bisher ungeklärten Gründen über die Werbebande und verdrehte sich das Knie.

Spieler des Spieltags: Luis Suarez war mal wieder... Luis Suarez. Der Uruguayer warf sich nach seinem Treffer im Derby gegen Everton demonstrativ vor David Moyes auf den Boden, wie ein mitten im Sprung vom Zehn-Meter-Brett erschossener Turmspringer. Evertons Trainer hatte den Liverpool-Stürmer im Vorfeld wegen dessen Fallsucht kritisiert, fand die Reaktion aber eher lustig. "Das ist Liverpooler Humor, ich hätte das auch gemacht", sagte der Schotte. Seine Tochter Lauren war verblüfft über soviel Großmut. "Ich bin überrascht, dass Papa ihm keine Kopfnuss gegeben hat", twitterte sie. Suarez schoss darüberhinaus noch ein fälschlich aberkanntes Siegtor und trat Sylvain Distin übelst auf die Achillesferse. "Er hatte Glück, dass er nicht vom Platz flog", sagte Moyes über das böse Foul, diesmal ganze ohne Augenzwinkern.

Und sonst? Auf Roberto Mancini kommen wohl schwierige Zeiten zu. Mit Txiki Begiristain hat ManCity jenen ehemaligen Barca-Funktionär zum Sportdirektor gemacht, der einst Pep Guardiola den Job gab. Während ganz England spekuliert, ob Pep demnächst im Etihad auf der Bank sitzt, fand die "Sun" allerdings einen anderen Ansatz. Das Blatt sieht in der Personalie einen Sieg von Mancini, der nun nicht mehr länger mit Brian Marwood zusammenarbeiten muss. Die beiden hatten sich im Sommer wegen Citys ungewohnt vernünftigen Transferaktivitäten zerkracht.

In der vierten Liga feierte derweil Steve Evans ein gelungenes Comeback. Der Trainer von Viertligist Rotherham United konnte nach einer sechswöchigen Sperre ein 1:0 gegen Plymouth Argyle bejubeln. Der 49-Jährige durfte während seiner Strafe nicht einmal das Stadion besuchen. "Ein Albtraum", sagte er, "die Truppen ziehen im Boot oder in Flugzeugen in den Krieg und der große General muss zu Hause fernsehschauen." Tja, so ist das eben, wenn man als großer General kontinuierlich über die Stränge schlägt. Im Januar 2003 wurde er schon wegen Unregelmäßigkeiten bei Vertragsabschlüssen für 20 Monate gesperrt und zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. 2008 musste er wegen verschiedenen Verfehlungen zwölf Wochen pausieren, ein Jahr später noch einmal zehn Wochen. Die letzte Sanktion betraf einen Ausraster im Kabinengang nach einem Match gegen Bradford City, das mit fünf roten Karten und einer Massenschlägerei geendet hatte. Evans beleidigte eine Angestellte von City mit sexistischen Worten, hatte aber großes Glück, dass ein zweiter Anklagepunkt fallen gelassen wurde. Er soll der Dame gegenüber seinen kleinen General gezeigt haben, hatte der Vorwurf gelautet.

Primera Division

Von Paula Villamarin Temperan

Spiel des Spieltags: Mut und Selbstbewusstsein muss man Rayo Vallecano wohl schon attestieren. Man muss aber auch festhalten, dass die Grenzen zu Ignoranz und Selbstüberschätzung fließend sind. "Ich würde mich schämen, wie Celtic zu spielen", tönte Rayos Trainer Paco Jimenez vor der Partie gegen Barca in Anbetracht des mühevollen 2:1-Siegs der Blaugrana in der Champions League trotz 90 Prozent Ballbesitz.

"Wir wollen den Ball haben und Tore schießen", sagte Paco. Beides ging nicht auf: Barca hatte die meiste Zeit den Ball und schoss fünf blitzsaubere Tore. Damit machte der Tabellenführer den besten Saisonstart der Vereinsgeschichte perfekt. Acht Siege und ein Unentschieden gab es zuvor nur in der Saison 1997/98, allerdings mit einem etwas schlechteren Torverhältnis. Richtig schwer fiel Barca der Sieg in Vallecas nicht, eine disziplinierte Defensivleistung Rayos fand ja auch nicht statt.

Spieler des Spieltags: Okay, Leo Messi und Cristiano Ronaldo haben mal wieder einen Doppelpack erzielt. Messi machte damit seine Karrieretore 300 und 301 und rückte in die Top10 in Spaniens ewiger Torschützenliste auf. Ronaldo beantwortete das Pfeifkonzert der mallorquinischen Zuschauer gegen sich mit Leistung. Neben den beiden Superstars netzte aber auch noch Obafemi Martins zweimal. Der Ex-Wolfsburger traf damit in allen seinen drei Heimauftritten für Levante und bescherte sich selbst ein Geburtstagsgeschenk. Am Sonntag wurde Martins 28 Jahre alt. Gefeiert wurde natürlich inklusive der obligatorischen Flickflacks. Levante bleibt durch den 3:1-Sieg über Granada eine Macht zuhause, 13 der 16 Punkte holte das Team aus Valencia im heimischen Stadion und liegt schon wieder auf einem Europa-League-Platz.

Und sonst? Den zweiten Platzverweis seiner Karriere wird Bruno Herrero lange in Erinnerung behalten - und das, obwohl er ihn gar nicht mitbekommen hat. Der Mittelfeldspieler war im Zweitligaspiel zwischen Deportivo Xerez und CD Lugo mit Fran Sol zusammengestoßen und blieb bewusstlos auf dem Rasen liegen. Der Schiedsrichter wertete den Zweikampf als gelbwürdiges Foul von Herrero und zückte Gelb-Rot, als dieser mit der Trage vom Platz gebracht wurde. Als er wieder bei Bewusstsein war, wurde er über den Platzverweis informiert und für medizinische Tests in Krankenhaus gebracht. Es wurden zum Glück keine schlimmeren Verletzungen festgestellt.

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