Neues von der Monster-AG

Von SPOX
Messi und Ronaldo: die "Monster AG" stellt alle anderen in den Schatten
© Getty

In Spanien besteht die Liga bekanntlich nur aus zwei Mannschaften, die noch dazu von Außerirdischen angeführt werden. Miroslav Klose ist auf dem besten Weg als "San Miro" in die Serie-A-Geschichte einzugehen und in England bestätig Ashley Cole nicht nur durch "Vitaminspritzen in den Hintern" sein Image als geistiger Tiefflieger. Die Blitzlichter aus Europa, zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.

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Serie A

von Oliver Birkner

Spiel des Spieltags: Man weiß leider nicht so genau, auf welchem Niveau sich das erste Derby zwischen Milan und Inter vor fast genau 104 Jahren im Schweizer Chiasso abspielte. Man weiß allerdings, dass beide Teams die rund 50 Kilometer zusammen mit dem Zug anreisten, Karten spielten und sich Salami und Rotwein teilten - zur Stärkung war auch ein kleiner Whiskey drin. Eine bunte Runde, unter anderem mit den Herren Colombo, wegen seiner überharten Zweikämpfe das "Kalb" genannt, dem übergewichtigen Meschia, gerufen "Pinguin", "Langnase" Campelli und Aebi, der mit den kleinen Füßen, den man deshalb "Signorina" getauft hatte. Vermutlich sorgten sie an jenem 18. Oktober 1908 für ein größeres Spektakel als 277 Stadtvergleiche später, denn einst berichtete die "Gazzetta dello Sport" von einem "herrlich glühenden Duell, in dem der Ball mit technischer Versiertheit mal vor das eine, dann vors andere Tor getragen wurde". Am Sonntagabend wurde der Ball bei Inters 1:0-Sieg meist von der einen Seitenlinie zur anderen getragen, und es bestätigte sich die Befürchtung aus dem Vorfeld, es stünde eines der kärgsten Derbys des neuen Millenniums bevor. Im Sparkurs beider Klubs muss sich Mailand wohl daran gewöhnen, dass die Fantasie für ein Weilchen andernorts wohnt. Davon angespornt, brachte es Referee Paolo Valeri tatsächlich fertig, sich die schlechteste Note aller Protagonisten zu angeln. Silvio Berlusconi hatte es natürlich mal wieder geahnt und ließ es am Sonntag lieber beim 60. Geburtstag von Vladimir Putin in St. Petersburg krachen - eventuell sogar wie einst inklusive Whiskey und einer Signorina.

Spieler des Spieltags: Der vierte italienische Doppelpack von Miroslav Klose bei Lazios 3:0 in Pescara führte zum nächsten Teil der medialen Seligsprechung des Deutschen. Miro wurde unter anderem zum "bionischen Mann" und zur "deutschen Lokomotive" umfunktioniert, der "Corriere dello Sport" wagte sich noch weiter: "Gold-Klose! Der Tyrann von Europa, der ewige Bomber stürzt auf Pescara herab. Er ist gierig und bekommt nie genug. Klose packte seine Beute und verschlang sie in zwei Bissen. Einer wie er wird nicht oft geboren. Mit seiner ballistischen Skala schießt Seine Hoheit Klose Lazio in den Orbit." Selbst die Pescara-Tifosi waren von so viel Adel verzückt und spendierten dem gegnerischen Stürmer reichlich Applaus. Das sieht man in Italien nicht alle Tage.

Und sonst? Einen Platzverweis der besonderen Art kassierte Siena-Coach Serse Cosmi bei der Partie gegen Juventus. Laut fluchend wollte er einem Helfer vom Roten Kreuz an den Kragen, weil der einen Ball nicht schnell genug herausgerückt hatte. Dafür musste Cosmi auf die Tribüne. Später bekam dann Juves Ersatz-Coach Massimo Carrera ebenfalls sein Fett weg, der Cosmi kritisiert hatte. "Carrera? Ich kenne nur den Porsche Carrera, den ich mir natürlich nicht leisten kann. Im Vergleich zu manch anderem Gernegroß habe ich schon in der Kreisklasse trainiert und weiß, was gewinnen und verlieren wirklich bedeutet. Aber kein Problem, jeder arrogante Wichtigtuer bekommt am Ende, was er verdient." Vielleicht sogar einen Porsche.

 

Premier League

von Raphael Honigstein

Spiel des Spieltags: Den absoluten Knüller gab es dieses Wochenende nicht, aber ein Londoner Derby hatte es schon ziemlich in sich. Arsenals 3:1-Sieg bei West Ham United begeisterte mit feinen Toren von Mohammed Diame und Theo Walcott, Olivier Girouds erstem Treffer für die Gunners und Santi Cazorlas 20-Meter-Wuchtbrummer. Dazu gab es noch miese Schmähgesänge gegen Arsene Wenger und fiese Verletzungen für die Hammers Guy Demel, Winston Reid und Ricardo Vaz Te (wahrscheinlich ein Schlüsselbeinbruch). Die Gunners sind damit nach dem enttäuschenden 1:2 gegen Chelsea wieder in der Spur, allerdings mit sieben Punkten Rückstand auf Chelsea (4:1 gegen Norwich) noch auf Platz sieben.

Spieler des Spieltags: Ashley Cole muss gerade in der Biografie von Ex-Frau Cheryl allerhand unangenehme Dinge lesen. "Vitaminspritzen in meinen Hintern halfen mir, mit seinen Affären umzugehen", enthüllte die Dame zum Beispiel. Am Freitag kam als Leselektüre für Ashley noch der 63-seitige Bericht der Disziplinarkommission zum Urteil im Terry-Rassismus-Prozess hinzu. Cole wird darin vorgeworfen, seine Zeugenaussagen zu Gunsten von "JT" verändert zu haben. Der Linksverteidiger reagierte mit einem impulsiven Tweet ("ein Haufen Fotzen") und muss zur Strafe länger auf sein 100. Länderspiel warten. Chelsea hat ihn auch mit einer Geldstrafe belegt, aber um seine Klub-Karriere muss man sich keine Sorgen machen. Wer wie der sympathische Cole auf dem Trainingsgelände einem Praktikanten mit dem Luftgewehr in den Bauch schießen darf (Februar 2011), wird auch "Twatgate" überstehen.

Und sonst? Mario Balotelli lief nach seiner Auswechslung beim 3:1 gegen QPR direkt in die Kabine, Robin van Persie wird nach einem Ellbogenschlag gegen Cabaye beim 3:0 in Newcastle vielleicht nachträglich gesperrt, Robert Huth hat Luis Suarez getreten und Suarez und Gareth Bale sammelten mal wieder Meilen auf ihren Andreas-Möller-Tieffliegerkonten. Die beste Geschichte aber lieferte Daily-Telegraph-Journalist Henry Winter. Winter hatte 2010 nach der Einstellung von Alan Pardew in Newcastle geschrieben, dass er in der Tyne schwimmen würde, wenn der Trainer seinen Vertrag erfüllen würde. Nachdem Pards vergangene Woche einen neuen Acht-Jahresvertrag unterzeichnete, begab sich Winter am Sonntag tatsächlich ins eiskalte, verdächtig trübe Wasser. Winter sammelte bei der Gelegenheit Geld für die Bobby-Robson-Stiftung; Pardew schickte ein Newcastle-Handtuch und eine Grußbotschaft ("Du bist ein Mann, der sein Wort hält"). Am meisten aber freute sich Winter, dass sich die Warnung eines Bekannten als falsch entpuppt hatte, und er unbelästigt seine Runde drehen konnte. "Man hat mir erzählt, dass es Brunftzeit bei den Seelöwen ist", lachte Winter, leicht frierend.

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Spiel des Spieltags: Klar, auch das hammermäßige 1:1 zwischen Real Valladolid und Espanyol Barcelona hätte sich angeboten, doch das Prädikat "Spiel des Spieltags" hätte der Clasico wohl auch bekommen, hätte das Spiel gar nicht stattgefunden. Barcelona contra Madrid, Mou contra Vilanova, Messi contra Ronaldo, Katalonien contra Spanien, Gut gegen Böse - je nach Blickwinkel - garniert mit ein bisschen Nah-Ost-Konflikt und angeheizt von diversen Alt-Internationalen auf beiden Seiten. Dass das Spiel aus sportlicher Sicht wohl einer der langweiligsten Clasicos der vergangenen Jahre war, interessierte da freilich niemanden mehr. Das 2:2 beider Mannschaften, durch das Barca seinen Acht-Punkte-Vorsprung auf den Erzrivalen verteidigte, dürfte bis auf wenige Glanzpunkte wohl weder Gilad Schalit noch die restlichen 96.597 Zuschauer im Camp Nou vollends verzückt haben. Zu frisch sind die Erinnerungen an das 6:2-Spektakel 2008/2009 oder den 5:0-Heimspieltriumph der Katalanen ein Jahr später. Dass sich das Eintrittsgeld trotzdem lohnte, ist dem Mitwirken zweier "Außerirdischer" zu verdanken, die ihre Namen mal wieder in die jüngsten Kapitel der Klubannalen prägten.

Spieler des Spieltags: Eigentlich war es schon vor dem Spiel klar, dass nur Lionel Messi und Cristiano Ronaldo die Hauptrollen im "El Clasico" zuteilwerden können. Die Frage: Wer hat die Tore gemacht? Unnötig! Die Spieler, die sich seit Jahren um Torjägerkanonen, Goldene Bälle und Fangesänge duellieren, bestätigten im Camp Nou erneut ihre Ausnahmestellung, die sie bisher im Fußball zu Beginn des 21. Jahrhunderts einnehmen. Vier Tore durch die "Monster AG" (Marca) diesmal, Messi damit nun insgesamt mit 177 Toren in 221 Primera-Spielen, Ronaldo mit 120 Toren in nur 108 Spielen - phänomenal! So gut, dass die "Marca" bereits fordert 2012 zwei Weltfußballer zu ernennen. "Messi und Ronaldo sind von einem anderen Planeten", schwärmte da auch Jose Mourinho nach der Partie. "Ich will, dass mein Spieler gewinnt, aber beide sind fantastisch." Für Messi waren die beiden Buden bereits seine Clasico-Treffer 16 und 17. Nun fehlt ihm nur noch ein Treffer um Real-Legende Alfrede di Stefano einzuholen. Die Frage ob er dies schafft: unnötig.

Und sonst? Der Schatten des Clasicos ist lang, so lang, dass er - zumindest außerhalb Spaniens - die restlichen neun Partien des Spieltags ins Nirvana der Berichterstattung verdrängt. "Danke an alle, die sich dafür entschieden haben, Atletico gegen Malaga zu gucken und ins Stadion Vicente Calderon gekommen sind", bedankten sich die Colchoneros daher auch artig via Twitter bei ihren Fans. Dass die Anhänger der Rojiblancos ein Spiel des Lokalrivalen im TV bevorzugt hätten, darf aber eh getrost bezweifelt werden. Zu gut spielt ihr Team derzeit und hat nach sieben Spieltagen exakt dieselbe Punktzahl gesammelt, wie in der Saison 1995/1996, als man am Ende das Double feierte. Gemeinsam mit Barca teilt man sich mit 19 Punkten nun die Tabellenspitze. Im tabellenmäßigen Spitzenspiel zwischen Zweiten und Dritten musste Atletico aber bis zur Schlussminute warten, ehe Weligton mit einem Eigentor für großen Jubel auf den Tribünen sorgte. Zuvor hatte abermals Falcao eingenetzt. Der 26-Jährige steht mit acht Einschüssen gemeinsam mit den beiden Aliens an der Spitze der Torjägerliste und hat sogar ein Spiel weniger absolviert. Im Gegensatz zu Messi und Ronaldo stammt Falcao jedoch nicht von einem anderen Planeten, sondern aus Kolumbien.

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