"Klose, ein Scharfschütze aus Eis"

Von SPOX
Miroslav Klose erzielte gegen US Palermo einen Doppelpack
© Getty

Während die Presse wegen Miroslav Klose völlig aus dem Häuschen ist, sorgt das italienische Fernsehen für einen Haufen Scheiße. In England regiert das Transferchaos. Und Spanien freut sich über einen Treffer von Christian Lell und ein Maskottchen fast ohne Hose.

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Serie A

von Oliver Birkner

Spiel des Spieltages: Natürlich denkt nun jeder an Inter gegen die Roma (1:3). War ja auch ein sexy Spektakel wie die wilden Jungs aus dem Zeman-Land besonders in Hälfte zwei Inter klinisch sezierten. Zwei Assists vom kongenialen Francesco Totti (wirklich schon zu alt?), ein Treffer vom jungen Alessandro Florenzi, den Inter-Coach Stramaccioni in der Roma-Jugend förderte und zur Belohnung ein Spruchband der Mailänder Kurve: "Wir ehren Zeman - Idol des sauberen Fußballs", erster ernster Kritiker des Dopings im Calcio, ausgesprochener Juventus-Gegner und übrigens auch größtes Idol von Stramaccioni. Unfreiwillig modifizierte allerdings das TV Cagliari gegen Atalanta zur Partie des Tages. In der Mode, jeden Verein mit drei Lettern abzukürzen, kickte somit CAG-ATA, was nun Scheiße oder gleich einen ganzen Haufen davon bedeutet. Und damit traf man sogar ins Schwarze: Die neue "ls Arenas" ist noch gar nicht ganz umgebaut und halb Stadion, halb Baustelle. Somit kickten die Teams vor leeren Rängen, während die Ultras auf der anliegenden Straße residierten, Cagliari verschoss zwei Elfmeter binnen acht Minuten und lediglich die zwei Treffer in der Schlussphase weckten die wenigen VIP-Zuschauer aus der Lethargie auf. Tja, gegen CAG-ATA verblasste selbst Zemans Offensiv-Sause.

Mann des Spieltages: Miro Klose versetzt die Hauptstadt schon wieder in Raserei - solange man dort Lazios himmelblaue Farben im Herzen trägt. Drei Einsätze, drei Tore - am Sonntag zwei davon gegen Palermo. Zugegeben, der Treffer zum 3:0-Endstand geht schon als feine Leistung durch, für die römischen Gazetten war es hingegen offenbar der unglaublichste Treffer der Historie: "Klose, ein Spektakel, ein Scharfschütze aus Eis, Phänomen von Lazio, König von Deutschland! Grazie Klose, grazie für die Blume - ein Tor zum Ausflippen. Die Klasse und das Genie eines absoluten Champions. Die verwüstende Kraft des einzigartigen Klose macht in solchen Spielen allein den Unterschied aus. Das zweite Tor war von seltener Schönheit und lachte all seinen Rückenproblemen und fortschreitenden Jahren ins Gesicht - ein Meisterwerk", schrieb der "Corriere dello Sport" - verbleiben noch neun Monate für weitere Superlativen. Eines muss man Miro jedoch lassen: Dieser Mann ist tatsächlich ein Phänomen und hat sich jede Schlagzeile verdient.

Und sonst? Hach war das schön früher, auf dem Bolzplatz und diesem Sand-Asche-Gemisch zu kicken. In derartige Nostalgie fiel man wohl auch in Neapel, wo ein schädlicher Pilz den Rasen komplett getilgt hatte. So ackerten die Profis von Napoli und der Fiorentina auf einer unfassbaren mit Kratern durchsetzten Sandschicht umher. Alles so wie früher eben - wie auch ein Tifoso twitterte: "Zeman bei der Roma, Toni in Florenz, Borriello bei Genoa, Berlusconi kandidiert als Premier: Wenn jemand nach vielen Jahren aus dem Koma aufwacht, denkt er wohl, er hätte bloß ein kurzes Mittagsschläfchen gehalten."

 

Premier League

von Raphael Honigstein

Spiel des Spieltags: Wenn Manchester United bei Southampton antritt, ist traditionell was los. Unvergessen ist das 3:1 der Saints vom April 1996, als die Red Devils zur Halbzeit (3:0) die Trikots wechselten. Alex Ferguson machte die neuen, grauen (und selten hässlichen) Shirts für die Niederlage verantwortlich, die Dinger wurden danach nie wieder gesehen. Sechs Monate später setzte es im St. Mary's eine 6:3-Niederlage für United. Beinahe wäre am Sonntag eine neue Pleite hinzugekommen. Die Aufsteiger lagen kurz vor Schluss 2:1 vorne, bevor Robin van Persie einen "Panenka"-Elfer verdaddelte und mit zwei Toren Fergies 1000. Ligaspiel noch sensationell drehte.

Mann des Spieltags: Van Persie rettete mit seinem Hattrick Uniteds Sieg, doch richtig gut hatte der über den Sommer überraschend ergraute Niederländer eigentlich nicht gespielt. Die besten individuellen Leistungen hatte man zuvor bei Arsenals 2:0-Sieg in Liverpool gesehen. Abou Diaby galoppierte majestätisch durchs Mittelfeld, Per Mertesacker räumte trotz früher Verwarnung alles ab und vorne traf Lukas Podolski zum ersten Mal. Der beste Londoner aber hieß Santi Cazorla. Der kleine Spanier ging überall dorthin, wo es den Gastgebern weh tat und zog meisterlich die Fäden. Es kann nur noch ein paar Monate dauern, bis man auf der Insel seinen Namen richtig ausspricht.

Und sonst? Am letzten Tag der Transferperiode ging es wie gewohnt hoch her. Fulhams US-Angreifer Clint Dempsey, der eigentlich zum FC Liverpool wollte, hatte plötzlich ein Angebot von Aston Villa, landete aber bei den Spurs, die es aber ihrerseits nicht schafften, Joao Moutinho rechtzeitig vom FC Porto loszueisen. Wer hätte auch gedacht, dass sich ein 20 Millionen-Euro-Transfer mit mehreren Eigentümern nicht in den letzten paar Stunden würde abwickeln lassen? "Man sieht an solchen Tagen, welche Klubs gut geführt werden, und welche nicht", twitterte Gary Neville. Michael Owen, der sich ungefragt dem AC Milan andiente, blieb auf dem Regal, darf aber darauf hoffen, dass Liverpool ihn zurückholt. In der Zwischenzeit können sich Fans von Mickey O mit diesem sympathischen Video trösten, dass den bescheiden gebliebenen Stürmer dabei zeigt, wie er sich über einen 13-Jährigen lustig macht.

 

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Spiel des Spieltags: Fünf Tore, eine Gelb-Rote Karte, der Siegtreffer in der Nachspielzeit und Christian Lell mittendrin. Der Ex-Bayernspieler, der aufgrund seines für Spanier unangenehmen Nachnamens nur "Chris" auf seinem Trikot stehen hat, erzielte das 2:2 und damit seinen ersten Treffer in La Liga. Es war aber ein Tor auf Umwegen. Lell reklamierte zuvor noch gestenreich ein angebliches Elfmeterfoul an ihm, bevor ihm der Ball nochmal glücklich vor die Füße fiel und "Chris" ihn humorlos ins Tor zimmerte. Dabei spielte Espanyol Levante im Ciudad de Valencia eine Halbzeit lang an die Wand und führte nach zwei sehenswerten Distanzschüssen mit 2:0. Erst als Juanlu ebenfalls eine Rakete zum Anschluss abfeuerte, konnte Levante von der Wende träumen. Das Tor von Lell und ein Eigentor von Raul Rodriguez in der dritten Minute der Nachspielzeit brachten Levante den Sieg in Unterzahl.

Mann des Spieltags: Aus sportlicher Sicht hat Cristiano Ronaldo seine Pflicht erfüllt. Mit seinen Pflichtspieltoren 149 und 150 leitete der Portugiese den ersten Saisonsieg der Königlichen ein und hätte eigentlich auch Grund zur Freude gehabt. Aber Ronaldo verzichtete auf ausgelassene Jubelgesten, die man von ihm gewohnt ist. Dafür gab er hinterher zu Protokoll, dass er traurig sei und die Leute im Klub Bescheid wüssten. Warum? Das wollte er nicht genau verraten. Spanien ist seither in heller Aufregung. Will er weg? Will er mehr Geld? Nur mit der Tatsache, dass er nicht zu Europas Fußballer des Jahres gewählt wurde, hat das Ganze laut Ronaldo nichts zu tun.

Und sonst? Was in Deutschland und der Welt von Goleo übrig blieb? Die Erinnerung daran, dass Maskottchen ohne Hose einfach keinen Spaß machen. Ganz anders sah das am Samstagabend aber im Riazor aus. Das heimische Depor hatte die in La Coruna geborene Segel-Olympiasiegerin Sofia Toro eingeladen, um den symbolischen Anstoß vorzunehmen. Dabei trug sie ein Depor-Trikot und auf den ersten Blick nichts drunter. Nur die Goldmedaille baumelte um ihren Hals. Erst als sie den Ball wegkickte, blitzte die Jeans-Hotpant hervor. Das Maskottchen mit Hose brachte nur bedingt Glück: Depor spielte gegen Getafe 1:1.

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