Drei-Millionen-Dollar-Geburtstagsparty für Carlos

SID
Ist zufrieden mit der sportlichen Entwicklung bei Dinamo Moskau: Kevin Kuranyi
© Getty

Kevin Kuranyi brach im letzten Sommer seine Zelte in Deutschland ab und spielt nun für Dynamo Moskau in Russland. In seiner SPOX-Kolumne berichtet der 29-Jährige regelmäßig von seinen Erlebnissen im fernen Russland. Dort läuft die Saison auf Hochtouren und bei Dinamo Moskau läuft's. Kevin Kuranyi erklärt die Gründe und berichtet von einer völlig verrückten Party.

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Priwjet is Moskwi, hallo aus Moskau!

Und? Habt ihr schon Entzugserscheinungen? Bei euch war in den letzten Wochen fußballmäßig ja noch nicht viel los. Bei uns ist dagegen schon rund ein Drittel der Saison vorbei. An der Spitze ist es richtig spannend: Zwischen den ersten fünf Teams ist es ziemlich eng - und wir sind mit dabei!

Bis vor kurzem waren sogar noch die ersten neun Mannschaften ganz dicht beieinander. Darunter auch Teams, die man nicht unbedingt weit oben erwartet hätte. Allen voran Anschi Machatschkala. Wobei, so überraschend ist es gar nicht, dass sie oben mitspielen.

Der Club hat vor der Saison groß eingekauft und einige Stars geholt. Der größte Coup war die Verpflichtung von Roberto Carlos, ihr wisst schon, der kleine Brasilianer, der um die Ecke schießen kann.

Flo Rida und Sportwagen für Roberto Carlos

Vielleicht habt ihr es ja mitbekommen: Clubchef Sulejman Kerimow hat seinem Star eine Party zum 38. Geburtstag geschmissen - und dafür angeblich drei Millionen Dollar springen lassen.

Allein 1,5 Millionen waren für den Auftritt des Rappers Flo Rida. Falls ihr jetzt denkt, nettes Geschenk: weit gefehlt. Zum Geschenk kommen wir erst noch. Kerimow band noch eine Schleife um einen noblen Sportwagen. Manches ist hier eben schon ein bisschen anders als in der Bundesliga...

Hier geht's zu Kuranyis Facebook-Seite

Aber der Plan von Machatschkalas Macher scheint aufzugehen: Derzeit steht das Team auf Platz fünf - mit Tendenz nach oben. Und der Abstand auf die folgenden Plätze wächst langsam. Gut möglich, dass also bald ein Bundesliga-Team zum Europapokal-Spiel ans Kaspische Meer fliegen muss. Anschi selbst fliegt zu den Heimspielen übrigens selbst auch ein. Das Team lebt und trainiert in Moskau. Wie gesagt - manches ist ein bisschen anders.

2:0-Sieg gegen Spartak Moskau

Bei uns im Team übrigens auch. Wir sind deutlich stabiler als in der vergangenen Saison und es ist ziemlich schwer geworden uns zu besiegen. Das ist auch gut so, denn von den Top-Teams gibt sich niemand eine Blöße. Deshalb war unser 2:0-Sieg gegen Spartak Moskau am vergangenen Mittwoch auch immens wichtig.

Wir sind oben drangeblieben und haben außerdem unseren Fans eine besonders große Freude gemacht. Siege gegen Spartak sind einfach die schönsten. Zur Erklärung: Dinamo und Spartak, das ist in etwa so wie Schalke und Dortmund - man mag sich nicht so richtig.

Nun stehen wir auf dem vierten Platz und können für den Moment echt zufrieden sein. Zumal der Start in die Saison etwas durchwachsen war. An den ersten Spieltagen sind wir nicht so richtig in Tritt gekommen und im Pokal im Viertelfinale gegen Rostow ausgeschieden.

Trainerwechsel war richtig

Trainer Miodrag Bozovic und der Verein haben daraufhin entschieden, getrennte Wege zu gehen. Bozovics Nachfolger Sergeij Silkin war eigentlich nur als Übergangslösung gedacht.

Aber dann haben wir eine Serie hingelegt: Neun Spiele ohne Niederlage - Vereinsrekord! Silkin ist geblieben und hat nun auch einen festen Vertrag als Chefcoach.

Ich kam mit Bozovic immer sehr gut zurecht, aber der Trainerwechsel scheint richtig gewesen zu sein. Sergeij Silkin ist schon seit 1997 bei Dinamo, er kannte die Mannschaft also schon vor seinem Amtsantritt sehr gut.

Er hat ein paar andere Ansätze und Methoden als sein Vorgänger und hat uns offenbar richtig angepackt.

Jedenfalls halten wir mit den ganz großen Teams mit - in der Tabelle und im direkten Vergleich. Gegen Tabellenführer ZSKA Moskau und den derzeitigen Zweiten Zenit haben wir jeweils ein verdientes Remis geholt - gegen Zenit war sogar eindeutig mehr drin. Kurzum: Es läuft rund und es macht einen Riesen-Spaß.

Genuss der Vier-Mann-Deckung

Dabei ist es für mich selbst in dieser Saison ein bisschen schwieriger geworden: Ich komme mittlerweile in den Genuss der Drei-bis-Vier-Mann-Deckung. Und all das nur, weil ich in der letzten Saison ein paar Tore geschossen habe... Aber ich habe mich mittlerweile darauf eingestellt.

Außerdem hat das Ganze den Vorteil, dass ich so für meine Mitspieler viel Platz schaffen kann. So 100-prozentig lief es für mich aber bisher trotzdem nicht. Ich hatte wochenlang große Probleme mit der Halswirbelsäule. Kopfbälle waren eine ziemlich schmerzhafte Angelegenheit - was für meine Torausbeute nicht gerade förderlich war.

Aber halb so wild: Ich habe einfach kurz umgeschult vom Torjäger zum Vorbereiter - und war zwischenzeitlich der gefürchtetste Vorlagengeber des Landes... Das war nicht schlecht, aber ewig konnte es so natürlich nicht weitergehen. Ich war dann in München bei Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Seither geht es meinem Nacken wieder besser - und ich habe gegen Tom Tomsk auch gleich wieder getroffen.

Besuch des treuesten Fans

Wobei ich dafür vielleicht nicht nur Müller-Wohlfahrt danken sollte, sondern auch Lisa. Sie ist seit Jahren mein größter Fan und auf Schalke hatten wir regelmäßig Kontakt. Jetzt ist sie extra mit ihrem Vater nach Moskau gereist, um mich zu besuchen und spielen zu sehen. Prompt habe ich nach einer etwas längeren Durststrecke wieder ein Tor gemacht.

Woraufhin ich sie zu meinem persönlichen Glücksbringer ernannt habe, als wir nach der Partie noch gemeinsam essen waren. Ich hoffe, dass ihr der Besuch gefallen hat - mich hat es jedenfalls gefreut, dass sie da war.

Mammutsaison mit 44 Spielen

Aber noch einmal zurück zum Fußball. Wir spielen am Sonntag noch gegen Lokomotive Moskau, dann pausiert die Liga für vier Wochen. Das fühlt sich schon ein bisschen merkwürdig an, aber wahrscheinlich ist es keine schlechte Idee.

Der russische Spielplan wird ja an den der anderen europäischen Ligen angepasst, weshalb wir uns mitten in einer Mammut-Saison mit 44 Begegnungen befinden (nach der normalen Runde spielen die ersten Acht der Tabelle nochmals in einem Heim- und einem Auswärtsspiel gegeneinander, die hinteren Acht ebenso).

Wobei es nicht ganz richtig ist, von einer Pause zu sprechen. Von den vier Wochen haben wir nur eine frei, die anderen drei steht Training an. Ich werde die freie Woche irgendwo in der Sonne verbringen, dann geht es bis zum 14. Juli ins Trainingslager nach Lienz in Österreich.

Da ich dann schon mehr oder weniger in der Nähe bin, werde ich versuchen, am 9. Juli frei zu bekommen - da steigt das Abschiedsspiel von meinem Freund und Ex-Teamkameraden beim VfB und Schalke, Marcelo Bordon. Ich hoffe, dass ich dabei sein kann. Es wäre schön, mal wieder auf Schalke zu spielen und viele alte Bekannte zu treffen. Vielleicht ist der eine oder andere von euch auch da.

Bis bald,

Euer Kevin

 

 

 

 

 

Kevin Kuranyi, geboren am 2. März 1982 in Rio de Janeiro, gehört zu den besten Stürmern Deutschlands. Von 2001 bis 2005 spielte er als Profi für den VfB Stuttgart, danach wechselte er zum FC Schalke 04. Seit Sommer 2010 trägt Kuranyi nun das Trikot von Dynamo Moskau. Für die Nationalmannschaft war er bislang 52 Mal im Einsatz. Mehr Informationen über Kevin Kuranyi gibt es unter www.kevin-kuranyi.de

Kevin Kuranyi im Steckbrief

 

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