Die schmutzigsten Hunde im Hundeheim

Von SPOX
Blackpool-Coach Ian Holloway (r.) im Gespräch mit Blackburn-Hühne Christopher Samba
© Getty

Blackpool-Manager Ian Holloway ist kein Party-Tier, fühlt sich als Köter aber pudelwohl. In Italien ging Silvio Berlusconis Mama jahrelang fremd und Spanien hat seinen Nachfolger des legendären Jesus Gil y Gil. Die Blitzlichter aus Europa.

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Dies und mehr wie immer montags in den Blitzlichtern aus Europa - zusammengetragen von unseren Korrespondenten vor Ort.

Serie A

von Oliver Birkner

Berlusconi reicht es: Der Champagner darf getrost kalt gestellt werden, denn seit Sonntagabend ist Milan der Scudetto kaum noch zu nehmen. Sechs Punkte Vorsprung auf Napoli, acht auf Inter, dazu liegt der AC gegen beide im direkten Vergleich vorne - das sollte bei fünf ausstehenden Partien locker langen. Silvio Berlusconi reagierte entzückt und klärte auf, warum Milan seit 2004 keine Meisterschaft mehr holte: "Meine Mutter war Sekretärin bei Massimo Morattis Vater Angelo. Nach all meinen Trophäen sagte ich deshalb aus sentimentalen Gründen: Wir lehnen uns zurück und lassen Inter mal ein bisschen machen. Aber jetzt reicht's, nun sind wir wieder dran." Bei solcher Großherzigkeit von Papi wird einem richtig warm ums Herz. Inters träges Herumgekicke der vergangenen Wochen hingegen schmerzt selbst neutrale Beobachter. Vier Pleiten in fünf Partien gab es zuletzt unter der Schreckensherrschaft von Marcello Lippi vor elf Jahren. Selbst Jose Mourinho kommentierte die Inter-Niederlage in Parma nach dem Clasico überrascht: "Schon wieder verloren? Vaffanc...!" Mou hat seine Kinder übrigens für das kommende Schuljahr in Lugano angemeldet. Von dort sind es nur 30 Minuten bis zum Inter-Trainingsgelände in Appiano Gentile. Sollte es in Madrid schieflaufen, bei den Nerazzurri steht ihm die Tür immer offen.

Onkel Tom, du wirst draufzahlen! Berlusconis Titel hat sich übrigens Thomas Di Benedetto zum Vorbild genommen. Der Italo-Amerikaner aus Boston, den Italien flugs Onkel Tom taufte, übernahm zusammen mit drei weiteren Geschäftsleuten die Mehrheit beim AS Rom und stellte gleich mal klar: "Ich will so viele Trophäen wie Signor Berlusconi mit Milan holen." Sind ja bloß 26. Man mag in Frage stellen, ob die amerikanische Viererkette wirklich weiß, auf was sie sich da eingelassen hat. "Hier in Boston ist das Interesse an der Roma astronomisch und wird bald explodieren", sagte einer der neuen Besitzer - auch das darf durchaus angezweifelt werden. Die neuen Besitzer, mit Anteilen von den Basketballern Boston Celtics und dem Baseball-Team der Red Sox, gestanden ein, den Soccer in den vergangenen Jahren nicht unbedingt intensiv verfolgt zu haben. Bei der Aufarbeitung werden sie feststellen, wie brach der Merchandising-Markt im Calcio liegt, und dass für die ersehnten 26 Titel reichlich in neue Spieler investiert werden muss. 40 Millionen Euro will man für den kommenden Mercato zur Verfügung stellen. Vielleicht erinnert sich Onkel Tom eines Tages an die Worte von Berlusconi, der die Übernahme so kommentierte: "Di Benedetto wird schnell merken, dass man im Fußball kein Geld verdient, sondern nur draufzahlt."

Todesdrohungen gegen Samp-Spieler: Für das Geld offeriert der Calcio dann bisweilen magische Momente oder die Hölle. Herauszuheben war am Wochenende ein Schuss von Michele Marcolini aus fast 50 Metern in den Winkel, der zum 2:0 für Chievo gegen Bologna führte. Hut ab vor den Vorstädtern aus Verona, die sich abgesehen von einem Einjahres-Ausflug in die Serie B seit 2001 mit äußerst bescheidenen Mitteln in Liga eins halten. Ekelhaft gebärdet sich hingegen eine vermummte 30-Idioten-Truppe in Genua. Nach Sampdorias Rutsch auf einen Abstiegsplatz stoppten sie nachts den Teambus, demolierten ihn und drohten den Insassen: "Entweder ihr bleibt in der Serie A oder wir töten euch." Kapitän Angelo Palombo, seit 2002 bei der Samp, versuchte zu schlichten und musste vernehmen: "Du bist als Erster dran!" Einfach widerlich, auf welch ranzigem Niveau sich einige so genannte Tifosi bewegen.

 

Premier League

von Raphael Honigstein

Die schmutzigsten Hunde im Hundeheim: Gareth Bale wurde am Sonntagabend von der Spielergewerkschaft zum Kicker des Jahres gewählt, Arsenals Jack Wilshere bekam den Preis als bester Nachwuchsspieler. Blackpool-Trainer Ian Holloway blieb den Festivitäten in einem Londoner Hotel jedoch fern. Er ärgerte sich, dass seine Schützlinge wegen der Party am Montag trainingsfrei hatten. "Das ist alles Quatsch, ein getarnter Saufabend mit Krawatte und Tischen", sagte der 48-Jährige nach dem 1:3 gegen Wigan. "Wir können uns alle auf die Schulter klopfen und sagen, wie toll wir sind. Ich gehe da nicht hin. Interessiert mich nicht. Ich will lieber oben bleiben." Holloway hat natürlich auch das richtige Rezept gegen den Abstieg parat: "Wir müssen um jeden Millimeter kämpfen. Wir wissen, dass wir die schmutzigsten Hunde im Hundeheim sind". Woof!

Dalglish' "Piss Off" vs. Wenger: Im Emirates läuft bekanntlich vor jedem Spiel "The Wonder of You" von Elvis Presley. Am Sonntag hatte jedoch ein anderer King, King Kenny von Anfield, das letzte Wort. Als Arsene Wenger mit Kenny Dalglish nach dem Schlusspfiff über die Rechtmäßgkeit von Dirk Kuyts 1:1-Ausgleich diskutieren wollte, wurde er mit einem herzhaften, von den "Sky"-Mikrofonen gut eingefangen "Piss Off!" abgewiesen. Demnächst sollten die Gunners vielleicht "50 Ways to Leave Your Lover" von Paul Simon als neue Klubhymne einführen: niemand sonst schafft es, Jahr für Jahr im Titelrennen auf so verschiedene Arten zu scheitern.

Blamabler Journalisten-Auftritt: Journalisten verraten ihre Quellen nicht, das ist ein ehernes Gesetz. Aber sie sollten vielleicht auch nicht im Programm eines Klub-Senders auftreten. Martin Lipton vom "Daily Mirror" wurde vergangene Woche live im Chelsea-TV von der Moderatorin Gigi Salmon bloßgestellt. Lipton hatte von Spielern berichtet, die sich für die Rückkehr von Jose Mourinho stark gemacht haben sollen. Auf Gigis Frage: "Wer hat ihnen das in der Kabine verraten, eine Sandalette vielleicht?", wusste der arme Martin leider keine Antwort.

 

Primera Division

von Paula Villamarin Temperan

Come, on Clasico! Das war er also, der erste Clasico. Von "Es hätte ein bisschen mehr sein können" (AS) bis "Guter Auftakt mit klaren Vorteilen für Barca" (Sport) war alles dabei. Gehässige Clasico-Fans stellten sich während des Spiels gelangweilt und desinteressiert die Frage: "Und? Was macht ihr an Ostern so?". Fest steht: Es kann nur besser werden, schließlich geht es ab Mittwoch nicht mehr um Punkte in der Liga, sondern um Pokale. Und da ist der Schiedsrichter ja noch viel entscheidender. Egal, wie das Pokalfinale ausgeht - es wird mit Sicherheit wieder jemanden geben, der den Ref am liebsten kurz und klein schlagen will, wie Jose Mourinho am späten Samstagabend. Am Mittwoch wird Undiano Mallenco pfeifen, die Pfeife, die Miro Klose bei der WM in Südafrika gegen Serbien vom Platz stellte. Mallenco ist in Spanien bekannt für seine Vorliebe, mit Gelben und Roten Karten um sich zu werfen. Er leitete Barcas legendären 6:2-Hammer im Bernabeu, dennoch warnen die Barca-nahen Zeitungen. "Vorsicht vor diesem Mann!", schrieb "El Mundo Deportivo". Mallenco gebe gerne Elfmeter für Real und stelle Barca-Spieler gerne vom Platz. Einspruch! Der ganz persönliche Feind von Mallenco ist Sergio Ramos. 13 Gelbe und 2 Rote Karten hielt er dem Real-Verteidiger schon unter die Nase.

2 aus 10: Meisterkampf? Gibt es nicht. Kampf um die Champions-League-Plätze? Not at all. Europa League? Ok, da geht was. Abstiegskampf? Absolut! Je weiter man in der Tabelle der Primera Division nach unten geht, desto spannender wird das Saisonfinale. Dem Letzten Almeria hilft nach dem 0:3 gegen Valencia nur noch ein Wunder, von Platz 19 (Alicante) bis Platz 10 (Mallorca) kann es aber noch zehn Teams erwischen. Mallorca hätte in Malaga den Klassenerhalt so gut wie fix machen können, ließ sich von der Demichelis-Truppe aber versohlen und hatte beim 0:3 nicht den Hauch einer Chance. Trainer Michael Laudrup sprach hinterher von einer "albernen Vorstellung" seiner Mannschaft. Dagegen verließ Malaga erstmals in der Rückrunde die Abstiegszone. Übel sieht es auch für Hercules Alicante aus. Am 2. Spieltag stürmte der Aufsteiger noch das Camp Nou (Barca 1, Hercules 2), nach dem 1:2 bei Sensations-Rückrundenteam Levante sieht's düster aus. "Ich habe keinen Bock abzusteigen, das wäre der Tiefpunkt meiner Karriere", sagte der Ex-Bremer Nelson Valdez. Doch es gibt noch Hoffnung: fünf der letzten sechs Gegner sind direkte Konkurrenten im Kampf ums Überleben. Bis Saisonende gibt es ohnehin jeden Spieltag zwei, drei, vier Duelle um den Klassenerhalt. Wenigstens unten ist's spannend in Spanien.

Frühlingsgefühle mal anders: Vor der Saison kündigte Präsident Jose Maria del Nido an, sein FC Sevilla werde um die Meisterschaft mitspielen. Alles begann mit dem peinlichen Scheitern in der Champions-League-Qualifikation gegen Sporting Braga. Der Ligastart war dann ganz gut, doch Konstanz ist ein Fremdwort in Sevilla. Nur ein einziges Mal schafften es die Andalusier in dieser Saison, zwei Spiele in Folge zu gewinnen. Nach der unterirdischen Leistung beim 0:1 in Getafe ist jetzt auch der Europa-League-Platz in Gefahr. Del Nido bekommt jedes Mal Magengeschwüre, wenn Sevilla verliert. Dem Boss geht es in diesem Frühjahr aber ohnehin nicht besonders gut. An diesem Montag beginnt in Malaga ein Gerichtsprozess, in dem del Nido vorgeworfen wird, zwischen 1999 und 2003 völlig überzogene Rechnungen bei Aufträgen der Stadt Marbella gestellt zu haben. Er ist wegen Bandenbildung, Amtsanmaßung, Betrug und fortwährender Urkundenfälschung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft fordert 13 Jahre Haft Gefängnis und vier Jahre Berufsverbot für den Rechtsanwalt. Im genannten Zeitraum war übrigens Jesus Gil y Gil Bürgermeister von Marbella. Der 2004 verstorbene Ex-Präsident von Atletico Madrid ging als korruptester Funktionär in die Geschichte des spanischen Fußballs ein.

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