Seydou Doumbia: Der neue Drogba?

Von Aufgezeichnet von Christian Bernhard
Seydou Doumbia wechselte von den Young Boys Bern zu ZSKA Moskau
© Getty

Premier League, Primera Division, Serie A - das Geschehen steht in der Sportberichterstattung fast täglich im Fokus. Weniger Beachtung hierzulande findet der Fußball aus anderen Ländern. SPOX hat sich in Europa umgesehen und zieht in Zusammenarbeit mit ausländischen Kollegen und Experten ein Hinrundenfazit einiger ausgewählter Ligen. Teil 9 beleuchtet die russische Premier Liga.

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Von Maxim Lyapin, Redakteur beim russischen Sportportal www.sovsport.ru

Die Saison kompakt

Zenit St. Petersburg wurde verdient Meister. Luciano Spalletti, der bereits im Mai den nationalen Pokal holte, ist der beste Coach der Liga und lag mit den Transfers von Alexander Bukharov, Sergej Semak (beide von Rubin Kasan) und Bruno Alves (für 22 Millionen Euro vom FC Porto) goldrichtig. In Zenits Kader stehen neun russische Nationalspieler, mehr als in jedem anderen Team. ZSKA Moskau verbesserte sich vom fünften auf den zweiten Platz und stellt die aufregendste Offensivreihe der Liga (siehe positive Überraschung).

Trotz des Verkaufs von Bukharov und Semak wurde Vorjahresmeister Rubin Kasan Dritter - und das, obwohl die Neuzugänge Carlos Eduardo (von Hoffenheim) und Obafemi Martins (von Wolfsburg) nicht wie erhofft einschlugen. Beide erzielten in sechs bzw. zwölf Spielen zwei Tore, doch Rubin denkt bereits wieder über einen Verkauf der beiden nach. Kasan stellt jedoch wie in der Vorsaison die beste Abwehr der Liga (16 Gegentore in 30 Spielen).

Als Europa-League-Teilnehmer stehen Spartak Moskau (Vierter) und Lokomotive Moskau (Fünfter) fest. Alania Wladikawkas und Sibir Nowosibirsk sind die beiden Absteiger. Allerdings ist noch nicht sicher, wer letztlich in die 2. Liga absteigt.

Saturn Moskowskaja Oblast (Platz 10) wird sich wohl wie Amkar Perm (Platz 14) wegen finanzieller Probleme freiwillig aus der höchsten Spielklasse zurückziehen. FK Moskau ereilte im Vorjahr dasselbe Schicksal. Finanzielle Schwierigkeiten gehören zu den größten Problemen im russischen Fußball. Nur sechs bis acht Vereine haben genug Geld, der Rest schiebt eine große Schuldenlast vor sich her.

Interessant: In der kommenden Saison wird die Liga nicht mehr im Kalenderjahr, sondern wie sonst in Europa üblich ausgetragen. Das ist die erste große Maßnahme des neuen Verbandspräsidenten Sergej Fursenko.

Die Abschlusstabelle in Russland

Positive Überraschung

Die beste Nachricht des Jahres betraf nicht die Liga, sondern den Verband: Russland wird die WM 2018 austragen.

Auf Vereinsebene beeindruckte die Saison von Pokalsieger ZSKA Moskau. Das Team von Trainer Leonid Slutsky fügte St. Petersburg die einzige Heimniederlage zu.

Die Offensivabteilung um Vagner Love, Seydou Doumbia, Keisuke Honda, Mark Gonzalez und Alan Dzagoev spielte bärenstark.

Das Hauptproblem bei ZSKA ist die Motivation: Anders ist es nicht zu erklären, wie man gegen deutlich schwächere Gegner so viele Punkte liegen lassen kann.

Negative Überraschung

Dynamo Moskau. Zu Saisonbeginn gab man das Ziel aus, Meister werden zu wollen. Der Verein kaufte mit Alexander Denisow, Andrej Woronin und vor allem Kevin Kuranyi einige sehr gute Spieler.

Obwohl auch die Experten davon ausgingen, dass Dynamo unter den Top 5 landen wird, reichte es am Ende nur zu Rang sieben. Lediglich neun Siege sind eindeutig zu wenig, um Ansprüche zu stellen.

Players to watch

Zenit-Rechtsverteidiger Alexander Anyukov steht seit 2005 im Kader und erledigte seine Aufgaben zuverlässig wie eh und je.

Der 28-Jährige ist einem Wechsel in eine große europäische Liga nicht abgeneigt. Der FC Bayern wäre ein geeigneter Verein für ihn.

ZSKA-Stürmer Seydou Doumbia kam vor der Saison von den Young Boys Bern als amtierender Schweizer Torschützenkönig (30 Tore) und akklimatisierte sich auch in Russland recht schnell.

In 15 Pflichtspielen gelangen ihm zwölf Treffer. Der 23-Jährige ist sehr schnell, bullig und technisch beschlagen - er könnte der nächste Didier Drogba werden.

Aiden McGeady spielt bei Spartak Moskau auf beiden offensiven Außenpositionen und wurde innerhalb von nur sechs Monaten zum unangefochtenen Leader der Mannschaft. Ist unglaublich schnell sowie dribbel- und kampfstark.

Das internationale Abschneiden

Erstmals in der russischen Geschichte spielen vier Vereine (Zenit, ZSKA, Kasan, Spartak) auch nach Saisonschluss noch in europäischen Wettbewerben.

In Russland geht man davon aus, dass ZSKA und Zenit das Finale der Europa League erreichen können. Rubin Kasan wurde in der Barcelona-Gruppe nur Dritter hinter dem FC Kopenhagen und spielt in der EL-Zwischenrunde nun gegen den Twente Enschede. Spartak Moskau erreichte in der Gruppe des FC Chelsea ebenfalls den dritten Platz. In der EL geht es nun gegen den FC Basel.

Zenit St. Petersburg war mit sechs Siegen die beste Mannschaft der EL-Gruppenphase und wird auch gegen die Young Boys aus Bern keine Probleme haben, die nächste Runde zu erreichen. Gleiches gilt für ZSKA Moskau, die ebenfalls beeindruckend durchmarschierten (18:3 Tore, 16 Punkte). PAOK Saloniki dürfte kein Stolperstein werden.

In den Playoffs zur Europa League schied neben Sibir Nowosibirsk (1:0 und 0:5 gegen Eindhoven) auch Lokomotive Moskau aus, die sich im Rückspiel gegen den Schweizer Zweitligisten Lausanne-Sport blamierten (3:4 n.E.).

Die Europa League mit St. Petersburg, ZSKA und Rubin Kasan