Rekordchampion Brasilien vor Schicksalsduell

SID
International, Brasilien, Carlos Dunga, Ronaldinho
© Getty

Schicksalsduell in den Anden: Rekordweltmeister Brasilien spielt in der WM-Qualifikations-Partie in Chile um die Zukunft von Trainer Carlos Dunga. Eine weitere Pleite kann sich Dunga nach den jüngsten Misserfolgen nicht leisten.

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"Es ist verrückt. Die brasilianischen Fans wünschen sich eine Niederlage, damit Dunga entlassen wird. Man hat mich auf der Straße mehrfach aufgefordert, viele Tore zu schießen", staunte der vor einer Woche von Flamengo Rio de Janeiro verpflichtete chilenische Nationalspieler Gonzalo Fierro.

In einer Umfrage der Zeitung "O Globo" sprachen sich 86 Prozent der Leser gegen den früheren Stuttgarter Profi Dunga als Coach aus.

Brasilien nur Durchschnitt?

Bei einer Schlappe in Santiago könnte die Selecao nach sieben von insgesamt 18 Spieltagen vom fünften auf den siebten Tabellenplatz des südamerikanischen Turniers rutschen. Nur die ersten Vier qualifizieren sich direkt für Südafrika 2010. Der angesehene Sportjournalist Juca Kfouri glaubt, dass man bald von der "schlimmsten Krise in der Geschichte unseres Fußballs" sprechen wird.

"Brasilien ist heute nur Durchschnitt", ist "O Globo"-Kolumnist Fernando Calazans überzeugt. In den letzten drei Begegnungen gelang Brasilien kein Tor, und die brasilianische Olympiaauswahl musste sich in China mit Bronze zufriedengeben.

Die Situation ist so schlimm, dass sich sogar Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva bei Pressekonferenzen eher dem Fußball als der Börsenkrise oder einem schweren Abhörskandal widmet. Die Nationalspieler wirkten "seelenlos", klagte er dieser Tage.

Da Silva: "Luxemburgo ist der beste Trainer"

Er respektiere Dunga, aber der beste Trainer Brasiliens sei Vanderlei Luxemburgo vom Traditionsklub Palmeiras. Viele Medien fanden unterdessen neue Schwachpunkte des Trainers, dem eine zu defensive, ängstliche Spielweise vorgeworfen wird. Dunga lasse kaum trainieren, die Brasilianer seien im Vergleich zu den Konkurrenten faul, hieß es.

Zu allem Übel muss Brasilien in Chile und daheim gegen Bolivien ohne den angeschlagenen Weltstar Kaka vom AC Mailand auskommen. Die Hauptverantwortung ruht deshalb auf den Schultern der formschwachen Dribbelkünstler Ronaldinho und Robinho.

Der in die Enge getriebene Dunga wird sein Team ungewöhnlich offensiv einstellen und auch den Bremer Diego und Mittelstürmer Luis Fabiano von Anfang an aufs Feld schicken. Mit von der Partie werden auch die Bundesliga-Legionäre Lucio und Josue sein.

"Die Lage ist wirklich nicht gut", räumt Luis Fabiano als einer der wenigen "Realisten" ein. Man dürfe nur nicht verzweifeln, warnt er.

Brasilianer heute leichter zu schlagen als früher

Chile, das zuletzt 1998 an einer WM teilnahm und zur Zeit mit zehn Punkten (einem Zähler mehr als Brasilien) den vierten Tabellenplatz einnimmt, will im Estadio Nacional die Gunst der Stunde nutzen.

"Die Brasilianer sind heutzutage leichter zu schlagen als früher", provozierte der aus Argentinien stammende Coach Marcelo Bielsa. Spielmacher Jorge "Mago" (Der Magier) Valdivia, beteuert, nur der Sieg sei für die Andenkicker interessant. "Wir wollen den Brasilianern die Lust am Fußball nehmen", tönte er.