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Jetzt bloß nicht durchdrehen

Dortmunds Nuri Sahin kehrte gegen Porto nach 355 Tagen zurück auf den Platz
© getty

Borussia Dortmund hat sein Heimspiel im Sechzehntelfinal-Hinspiel der Europa League gegen den FC Porto souverän mit 2:0 (1:0) gewonnen - und die Portugiesen dabei mit einigen taktischen Kniffen dominiert. Im Fokus stand dabei allerdings auch Nuri Sahin, der nach über einem Jahr Leidenszeit sein Comeback gab. Der BVB hat jetzt die Chance, die Partie als Initialzündung für den weiteren Wettbewerb zu nutzen.

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Thomas Tuchel hatte sich für klare Worte entschieden. "Für uns ist es wichtig, nicht mit einem weinenden Auge auf die Champions League zu schauen. Wir müssen die Europa League zu unserem Wettbewerb machen. Wenn uns das nicht gelingt, ist nach dieser Runde Schluss", hatte der BVB-Trainer vor dem Hinspiel gegen Porto unmissverständlich erklärt.

Der Hintergrund war klar: Dortmund spielte vor der Winterpause, als der Einzug in die nächste Runde bereits feststand, auf europäischer Bühne fahrig. Niederlagen in Krasnodar sowie zuhause gegen Saloniki waren die Quittung. Ein ähnlicher Auftritt gegen Champions-League-Absteiger Porto in der K.o.-Phase, und der Traum vom internationalen Titel wäre schnell ausgeträumt gewesen.

Dementsprechend wenig passte es Tuchel in den Kram, dass gerade jetzt im Vorfeld der Partie die Grippewelle beim BVB grassierte - und ein prominentes Opfer forderte: Mittelfeld-Regisseur Ilkay Gündogan musste passen. Gleichzeitig aber öffnete das Tuchel die Tür zu einem genauso unerwarteten wie von den Fans emotional gefeierten Schachzug.

"Konnten Nuri nicht mehr zurückhalten"

Denn plötzlich stand er auf dem Spielberichtsbogen: Nuri Sahin sollte tatsächlich von Anfang an spielen und seine unglaubliche Leidenszeit beenden. Exakt 355 Tage hatte der Mittelfeldmann infolge einer hartnäckigen Sehnenreizung auf sein Comeback gewartet, seit dem 3:0-Sieg über den FC Schalke am 28. Februar 2015 kein Spiel mehr absolviert.

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"Wir konnten Nuri nicht mehr zurückhalten. Er brennt seit Wochen darauf, zu spielen", schwärmte Tuchel und Sahin selbst sagte: "Ich habe mich wirklich gefreut und mir vorgenommen, wie ein kleines Kind alles aufzusaugen und es zu genießen." Vor dem Spiel wurde er zunächst noch vom Stadionsprecher einzeln und unter tosendem Beifall vorgestellt.

Der 27-Jährige integrierte sich anschließend überraschend gut und schnell, gemeinsam mit Mats Hummels und Julian Weigl zog er im Mittelfeld die Fäden. Es war das Ergebnis einer interessanten taktischen Umstellung, die sich Tuchel für die Portugiesen hatte einfallen lassen.

Drei Verteidiger sollt ihr sein

Der BVB agierte bei eigenem Ballbesitz aus einer Art 3-2-5-System heraus: Piszczek, Sokratis und Hummels bildeten die defensive Dreierkette, wobei sich Hummels von links als Spielgestalter ins Mittelfeld einschaltete und den offensivsten Part der drei übernahm. Der etatmäßige Linksverteidiger Marcel Schmelzer dagegen agierte wie ein Linksaußen, wodurch Marco Reus, Pierre-Emerick Aubameyang und Shinji Kagawa teilweise zu dritt das offensive Zentrum besetzen konnten.

Dortmund wollte Porto überrumpeln - was sehr gut funktionierte. Es gelang auch, weil Sahin umsichtig im Mittelfeld agierte, stets anspielbar war und sich auch von kleineren, angesichts der langen Pause logischen Fehlern nicht aus dem Konzept bringen ließ. So konnte der BVB das Spiel geschickt verlagern und die Portugiesen dazu zwingen, sich defensiv andauernd neu zu ordnen.

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Oder, um es mit Sahins Worten zu sagen: "Der Trainer entscheidet, wer spielt. Heute hat er eine Idee gehabt, und die ist aufgegangen. Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir mit Porto eine Champions-League-Mannschaft so dominiert haben."

Tuchels Umstellung erlaubte das offensiv wie defensiv: Der BVB stand extrem sicher und ließ kaum eine Torchance zu, während Porto durch das Übergewicht im Mittelfeld immer wieder am eigenen Strafraum eingeschnürt wurde.

Lediglich einen Kritikpunkt mussten sich die Dortmunder am Ende anhören: Trotz klarer Überlegenheit, auch nach dem frühen Führungstreffer durch Lukasz Piszczek, sprangen zu wenige Torchancen heraus. "Wir hatten das Spiel jederzeit im Griff, haben aber ein, zwei Tore zu wenig erzielt", monierte Sportdirektor Michael Zorc, stellvertretend für den Tenor in der ganzen BVB-Kabine: "Ein 3:0 oder 4:0 wäre gerecht gewesen. Wir wissen, dass es in Porto anders aussehen wird."

Sahin: "Endlich schmerzfrei"

Lediglich das überfällige 2:0 durch Marco Reus gelang den Dortmundern so noch in der Schlussphase, die passiven Portugiesen verbrachten den Großteil der zweiten Hälfte in ihrer 5-4-1-Grundordnung tief in der eigenen Hälfte. Weil Dortmunds aggressives Pressing Konterchancen im Keim erstickte und Hummels sowie Sokratis mit gutem Stellungsspiel glänzten, blieben Chancen für die Gäste Mangelware.

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Und trotzdem gilt: Nach dem 2:0 ist im Rückspiel Vorsicht sowie Geduld geboten - zwei Tugenden, die auch Sahin jetzt an den Tag legen muss. "Ich habe das Glück, dass ich jetzt endlich schmerzfrei bin und seit der Vorbereitung weniger Einheiten verpasst habe. Vor einigen Tagen hatte ich eine Mandelentzündung, die mich etwas zurückgeworfen hat, da habe ich mich schon sehr geärgert", gab der sichtlich erleichterte Mittelfeldmann nach dem Spiel zu.

Doch gleichzeitig weiß er: "Ich darf jetzt nicht durchdrehen, das ist jetzt genau die Phase, in der ich keine Fehler machen darf. Ich muss jetzt professionell essen, schlafen und einfach vernünftig sein."

Es ist die Marschroute, die auch der BVB im Rückspiel und in den kommenden Wochen befolgen sollte. Dann ist womöglich auch in der Europa League der ganz große Wurf drin. Klar ist: Genau wie Sahin nach monatelanger Leidenszeit ist auch der BVB in Europa spätestens jetzt mittendrin statt nur dabei.

Borussia Dortmund - FC Porto

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