Ein Leben fürs Kleeblatt

Von Christian Rapp
Robbie Keane ist die Torgarantie schlechthin für Irland
© getty

Robbie Keane sorgte mit seinem Hattrick gegen Gibraltar für Furore. Lohn ist ein weiterer Rekord für die irische Legende. Gegen Deutschland soll der Rekord ausgebaut werden. Der "ewige" Keane scheint seinen x-ten Frühling zu erleben. Mit 34 hat der Stürmer eine ereignisreiche Karriere hinter sich. Doch das letzte Puzzlestück soll noch folgen.

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Es dauert exakt 18 Minuten bis Robbie Keane einen weiteren Rekord in seiner bemerkenswerten Karriere pulverisiert: 21 Tore in EM-Qualifikationsspielen. Damit überflügelt die irische Legende den Türken Hakan Sükür. Keiner hat mehr Tore in EM-Qualifikationsspielen erzielt. Auf Robbie Keane ist eben Verlass. Seit 16 Jahren trifft Irlands Nummer 10 nach Belieben für sein Land. Auf der Grünen Insel wird Keane verehrt, gefeiert wie ein Heiliger.

Wenn man an irischen Fußball denkt, fallen einem zwei Dinge ein. Erstens die überragenden Fans und eben jenen Robert David Keane. Gefühlt schon mehrere Jahrzehnte beackert der Stürmer bereits die Fußballplätze dieser Welt. Ein letztes großes Ziel hat der Stürmer jedoch vor Augen: Mit seiner großen Liebe will er nach Frankreich stürmen.

Dafür steuert er verlässlich wie eh und je Tore bei. Zugleich dient der Routinier als Identifikationsfigur für die jungen Burschen im Team. Denn, so viel ist klar, irgendwann wird auch die irische Legende seine Karriere an den Nagel hängen, ein Nachfolger muss dann für das fußballverrückte Irland her.

Stolzer Ire

Robbie Keane hat in seinem fußballerischen Leben schon viel erlebt. Reist der 34-Jährige aber zur Nationalmannschaft, ist es immer wieder etwas Besonderes für den Stürmer von L.A. Galaxy. "Wenn du dieses grüne Trikot anziehst, musst du stolz sein und es mit Stolz ausfüllen", sagt Irlands Rekordnationalspieler voller Überzeugung. Gegen Gibraltar ging er zum 136. Mal für sein Land auf Torejagd. Dabei gelangen ihm bisher 65 Tore.

Es versteht sich von selbst, dass Keane damit Rekordtorschütze der Iren ist. Eingestellt bereits mit 24 Jahren. Zudem ist er mit seinen aktuell 65 Buden seit Kloses Rücktritt der aktive Spieler mit den meisten Toren auf Länderebene. Doch die Einträge in die Rekordbücher bedeuten ihm nichts - was zählt ist das Team. "Es dreht sich alles nur um die Mannschaft. Erst im Alter bekommst du ein Gespür dafür und weißt es zu schätzen."

Wenn der Oldie trifft, kann Irland meistens jubeln. Denn erst 2010 kassierten die Iren die erste Niederlage überhaupt, wenn er in einem Spiel ins gegnerische Tor traf. Keane ist sozusagen die personifizierte Glückseligkeit der Iren.

Traumhaftes Profidebüt

Tore pflastern in den bisherigen 17 Jahren seiner Profikarriere stets den Weg des 1,75 m kleinen Angreifers. Mit 17 erzielt er bei seinem Profidebüt für die Wolverhampton Wanderers auf Anhieb zwei Tore. Zwei Jahre später wiederholt sich die Geschichte. Bei seinem ersten Spiel für Coventry in der Premier League trifft er ebenfalls doppelt. Beim Wechsel blätterte Coventry damals sechs Millionen Pfund hin. Keane wird zum teuersten Teenager auf der Insel.

Doch lang bleibt das Nachwuchstalent nicht auf der Insel. Der damalige Inter-Trainer Marcelo Lippi lockt ihn nach Italien. "Inter wollte verjüngen, und Keane war der beste junge Spieler, den ich damals sah", war der Star-Trainer voll des Lobes. Lippi war jedoch bald Geschichte, Keane unter dessen Nachfolger auf verlorenem Posten.

Heimat gefunden

Was folgt, ist der Gang zurück auf die Insel. Leeds United nimmt ihn unter Vertrag - die Liaison scheitert. Keane wandert weiter - und findet sein großes Glück bei Tottenham. In den folgenden sechs Spielzeiten wird Keane Torgarant, Führungsspieler und Fanliebling.

Der Angreifer weist in jedem Jahr eine zweistellige Torquote für die Londoner auf. Doch immer wieder werden neue Stars an die White Hart Lane geholt: Defoe, Kanoute oder Berbatov. Die englische Presse hält angesichts der starken Konkurrenz des Öfteren ein Abgesang auf den Iren. Doch im Gegensatz zur Konkurrenz spielt nur das irische Schlitzohr beständig gut. Mit seinem unbändigen Einsatzwillen, der Leidenschaft sowie seinem angeborenen Torriecher und Spielintelligenz verzückt "Robbie" die Fans an der White Hart Lane und erzielt für die Spurs 91 Tore.

Einmal Kindheitstraum, bitte!

Nach sechs überaus erfolgreichen Jahren erfüllt sich Keane einen Kindheitstraum. Er wechselt zum FC Liverpool an die Anfield Road - für stolze 20 Millionen Pfund. "Als Kind in Dublin hatte ich immer das Liverpool-Trikot an", schwärmte Keane nach dem Transfer. Es soll der nächste Schritt zum Weltklassespieler sein.

Doch zwischen dem Traditionsklub und dem bodenständigen Arbeiter aus Tallaght passt es nicht. Nach einem halbjährigen Intermezzo wechselt er zurück nach London. Nicht ohne eine gehörige Portion Spott. Die Bahngesellschaft Virgin Trains wirbt mit dem sympathischen Iren: "London - Liverpool und zurück, schneller als Robbie Keane."

Die Reise geht weiter

Nach der Rückkehr an die White Hart Lane kann Keane an die früheren Leistungen nicht gänzlich anschließen. Ein halbjähriges Leihgeschäft mit Celtic folgt. Wieder scheint Historie und Fan-Wahnsinn lukrative Angebote zu schlagen. Schnell wird er zum Fanliebling, seine Spielweise von den Fans geschätzt. Und Tore schießt er auch wie am Fließband: 12 in 16 Spielen.

2011 ist Keane für den letzten großen Sprung bereit. Mittlerweile im fortgeschrittenen Fußballer-Alter angekommen, wechselt Keane in die MLS zu L.A. Galaxy. Zusammen mit David Beckham spielt er groß auf und holt den Titel.

Dauerliebe "Green Army"

Abgesehen von seiner Zeit bei Tottenham ist Keane ein Wandervogel, der in Italien, Schottland und Amerika seine Kickstiefel schnürte. Doch einer Liebe bleibt Keane bis heute treu: seiner "Green Army". Wohl kaum einen anderen Spieler verbindet man so sehr mit seinem Land wie Robbie Keane. Keane ist Irland. Irland ohne Keane ist eigentlich nicht vorstellbar.

So nimmt der Altmeister auch die weitesten Reisen in Kauf, um für sein Land aufzulaufen. "Mehr als alles andere möchte ich für mein Land spielen, und es bedeutet mir immer noch genauso viel wie bei meinem Debüt." Worte, die man dem 34-Jährigen glaubt, sieht man ihn für Irland spielen.

Keane bezwingt Kahn

Wie in einer Ehe erlebt Keane während seiner Zeit im Nationaldress Höhen und Tiefen. Unvergessen bleibt die WM 2002. Im Gruppenspiel gegen Deutschland erzielt Keane den Ausgleich zum 1:1-Endstand. Damit gelingt ihm nahezu Historisches. Nur noch Ronaldo kann den deutschen Keeper im Finale ebenfalls überwinden. Keane bringt sein kleines Land beinahe im Alleingang ins Achtelfinale. Dort übernimmt er Verantwortung und erzielt in der Nachspielzeit per Strafstoß den Ausgleich gegen Spanien. Doch die Krönung bleibt aus, im Elfmeterschießen verlieren die "Boys in Green". Keane ist untröstlich.

Auch beim Playoff-Rückspiel zur WM 2010 erfährt Irlands Kapitän alle Facetten, die ein Fußballspiel mit sich bringt. Durch seinen Treffer bringt das kleine Irland die "Grande Nation" an den Rand des WM-Aus. Wäre da nicht Henry mit seinem unrühmlichen Handspiel gewesen. Ein Traum zerplatzte.

Identifikationsfigur par excellence

Von Rückschlägen lässt sich Keane aber nicht abhalten. Mit 34 strebt er als absoluter Führungsspieler die Qualifikation zur EM an. Da wäre er dann 36. Bis dahin muss Keane noch das tun, was er immer macht: Tore schießen, Identifikationsfigur und Held einer ganzen Nation sein. "Er ist eine absolute Legende. Natürlich wegen seinen Toren und seinem finalen Abschluss. Er ist ein spezieller Spieler, der noch einige Jahre für uns wichtig sein wird", sagte John O'Shea nach dem Gibraltar-Spiel.

Denn abgesehen von Keane sieht es nicht rosig aus, um potentielle Nachfolger. Der bekannteste Ire nach Keane ist O'Shea. Dieser ist jedoch auch schon jenseits der 30. Es scheint, dass Keane noch lange die Rolle des Anführers geben muss. Ein "neuer" Keane ist nicht in Sicht. Dann muss es eben das Original richten.

Die 22 soll gegen den Weltmeister folgen

Am Dienstag wartet nun Deutschland auf Robbie Keane. Wie immer wird er ackern bis zum Ende, sich in jeden Zweikampf stürzen und auf seine Torchance lauern. Wie immer wird er voller Stolz das Trikot tragen. Wie immer wird er von den fanatischen irischen Fans gefeiert, unabhängig vom Ergebnis.

Tor Nummer 22 soll gegen den Weltmeister folgen, um dem Traum von Frankreich einen Schritt näher zu kommen. Und wer weiß, ein anderer internationaler Torjäger erfuhr im Alter von 36 Jahren in Brasilien seine Krönung. Dem sympathischen Iren wäre Ähnliches zu gönnen.

Robbie Keane im Steckbrief

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