Die Niederlande haben in Amsterdam völlig verdient mit 2:0 gegen Österreich gewonnen und sich vorzeitig für das Achtelfinale qualifiziert. Entscheidend waren der heimliche Star des Turniers, ein defensiver Stabilisator und Österreichs Offensivprobleme. Drei Thesen zum Spiel.
Dumfries ist bisher der heimliche Star des Turniers Für Denzel Dumfries war das Prozedere nichts Neues: Erst die Durchsage über die Stadionlautsprecher, dann die bläu- und grünlich schimmernde Trophäe mit rotem Stern, gestiftet von einer lokalen Brauerei aus Amsterdam. Wie schon nach dem 3:2-Auftaktsieg gegen die Ukraine wurde Dumfries auch nach dem 2:0 gegen Österreich zum offiziellen Spieler des Spiels gekürt.
Er hat also 100 Prozent aller verfügbaren Brauerei-Preise abgeräumt und war passend dazu auch an 100 Prozent aller Treffer seiner Mannschaft beteiligt. Gegen die Ukraine leitete er die ersten beiden ein, ehe er das entscheidende selbst erzielte. Gegen Österreich holte Dumfries im Zweikampf mit David Alaba den Elfmeter heraus, den Memphis Depay zum 1:0 verwandelte (11.), und schob später zum 2:0 ein (67.).
Nach zwei Spielen lässt sich festhalten: Der international eher unbekannte Dumfries ist bisher der heimliche Star des Turniers. "Wir sind wirklich überrascht, dass er so gut spielt", sagte Kapitän Georginio Wijnaldum und erklärte: "In unserem System hat er mehr Freiheiten, nach vorne zu gehen."
Niederlande - Österreich: Die Noten und Einzelkritiken zum Vorrundenspiel
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Im zweiten EM-Gruppenspiel hat sich die Niederlande mit 2:0 gegen Österreich durchgesetzt. Während bei der Elftal ein Rückkehrer überzeugte, fiel bei den Österreichern David Alaba ab. Die Noten.
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NIEDERLANDE – MARTEN STEKEELENBURG: Der Keeper blieb nahezu beschäftigungslos. Note: 3,5.
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STEFAN DE VRIJ: Als rechter Innenverteidiger war er viel im Spielaufbau gefordert, de Vrij ging aber auch mit in die Offensive. Im Zweikampf ließ er sich anfangs zu einfach ausspielen, letztendlich gewann er nur jeden vierten. Note: 3.
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MATTHIJS DE LIGT: Der Juve-Verteidiger lieferte bei seiner Rückkehr einen guten Auftritt ab. Er präsentierte sich sehr zweikampf- und passstark (100 Prozent). Er belohnte sich beinahe mit dem 2:0 (61.). Note: 1,5.
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DALEY BLIND: Wie de Vrij sehr in den Spielaufbau eingebunden. Blind eroberte viele Bälle und verhielt sich sehr clever im Zweikampf (100 Prozent). Hatte nach rund 60 Minuten Feierabend. Note: 2,5.
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DENZEL DUMFRIES: Anders als gegen die Ukraine war er mehr in der Defensive gefordert. Sobald er in die Offensive ging, war er wie gewohnt brandgefährlich. Dumfries holte den Elfmeter raus und belohnte sich mit dem Tor zum 2:0. Note: 1,5.
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PATRICK VAN AANHOLT: Der linke Schienenspieler war oft etwas zu weit aufgerückt, sodass hinter ihm ein großer Raum entstand. Offensiv dafür mit vielen guten Aktionen, bei denen er zahlreiche Chancen einleitete. Note: 3.
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MARTEN DE ROON: In der ersten Hälfte noch mit vielen Ballverlusten und verlorenen Zweikämpfen. Zudem bekam er für sein überhartes Einsteigen die Gelbe Karte. Nach dem Seitenwechsel stabilisierte er sich. Note: 4.
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FRENKIE DE JONG: Er schaltete immer wieder schnell um und verlieh somit dem Spiel der Niederländer das nötige Tempo. Auch mit vielen guten Aktionen gegen den Ball. Note: 2,5.
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GEORGINIO WIJNALDUM: Wie gewohnt sehr ballsicher und mit guter Übersicht. Der Kapitän, im nächsten Jahr im PSG-Trikot, führte die meisten Zweikämpfe und hatte das 2:0 auf dem Fuß (41.). Note: 2,5.
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WOUT WEGHORST: Der Wolfsburg-Stürmer bewies gute Übersicht, als er auf Depay auflegte (40.) - der schoss frei weit drüber. Ansonsten war Weghorst wenig ins Spiel eingebunden und hatte einen schweren Stand. Note: 4.
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MEMPHIS DEPAY: Sein Elfmetertor brachte die Niederländer in Führung, dafür vergab er die große Chance auf das zweite Tor (40.). Depay gab die meisten Schüsse des Spiels ab (6) und leitete den zweiten Treffer mit einem tollen Pass ein. Note: 2,5.
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Nathan AKE (64.): In der Innenverteidigung war er mit zunehmendem Druck der Österreicher mehr gefordert. Ake blieb aber ruhig und meisterte seine Aufgabe souverän. Note: 3.
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DONYELL MALEN (64.): Kurz nach seiner Einwechslung brachte er sich mit der Vorlage für Dumfries ein. Hätte die eine oder andere Kontersituation besser lösen können. Note: 3.
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OWEN WIJNDAL (64.): Übte die Aufgabe wesentlicher defensiver als van Aanholt aus. Ohne große Aktionen. Note: 3,5.
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RYAN GRAVENBERCH (74.): Der 19-Jährige durfte noch ein paar Minuten EM-Luft schnuppern. Keine Bewertung.
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LUUK DE JONG (82.): Ersetzte kurz vor Schluss Depay. Keine Bewertung.
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ÖSTERREICH - DANIEL BACHMANN: Beim platzierten Elfmeter von Depay ohne Chance, dann erst wieder nach einer Stunde gegen de Vrij geprüft. Beim 0:2 forderte er (zu Unrecht) vehement einen Abseitspfiff und sah Gelb. Note: 3,5.
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ALEKSANDAR DRAGOVIC: Hinterließ einen ordentlichen Eindruck, patzte lediglich kurz vor der Pause gegen van Aanholt und hatte in der Spieleröffnung Luft nach oben. Fing drei Pässe ab und blockte drei niederländische Abschlüsse. Note: 3,5.
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DAVID ALABA: Gab erneut den zentralen Vertediger und verschuldete früh einen Elfmeter. Hatte die meisten Ballkontakte, war aber nicht der gewohnte Stabilisator und sah auch beim zweiten Gegentor nicht gut aus. Spät noch mit einem Abschluss. Note: 4,5.
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MARTIN HINTEREGGER: Defensiv ließ er sich gegen Weghorst nur wenig zuschulden kommen und schaltete sich immer wieder in den Angriff ein. Bei einem Distanzschuss zielte er zu hoch, eroberte starke neun Bälle. Note: 3,5.
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STEFAN LAINER: Über die Seite des Gladbaches ging nahezu gar nichts. In der zweiten Halbzeit etwas verbessert, seine Bemühungen mündeten jedoch in 20 Ballverlusten. In der Defensive hingegen wie gewohnt grundsolide und laufstark. Note: 4,5.
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KONRAD LAIMER: Musste immer wieder Löcher stopfen, die durch Fehler nach gegnerischem Pressing entstanden. Diese Aufgabe löste er durchwachsen und hatte insbesondere in puncto Zweikampfverhalten Luft nach oben. Note: 4.
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XAVER SCHLAGER: Hinterließ im Zentrum seines Teams mit seiner Präsenz einen guten Eindruck, wobei er sich sehr auf seinen defensiven Part beschränkte. Führte mit Abstand die meisten Zweikämpfe bei Österreich. Note: 3,5.
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ANDREAS ULMER: Versuchte sich offensiv in Szene zu setzen und war der österreichische Aktivposten, über Ansätze kam er jedoch nur selten hinaus. Sein Flanken (5) waren häufig zu ungenau Note: 3.
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CHRISTOPH BAUMGARTNER: Knapp 30 Minuten unsichtbar, dann mit der ersten Halbchance für Österreich. Auf seiner offensiven Mittelfeldposition nahezu durchgehend auf verlorenem Posten. Ein zweiter Versuch von ihm wurde geblockt. Note: 4,5.
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MARCEL SABITZER: Versuchte als Strippenzieher das österreichische Spiel anzukurbeln und überzeugte mit starker Passquote - auch in der gegnerischen Häfte. Auch er hatte der niederländischen Übermacht im Mittelfeld wenig entgegenzusetzen. Note: 3,5.
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MICHAEL GREGORITSCH: Ersetzte Kalajdzic im Sturmzentrum und ließ sich zuweilen tief fallen, um am Spiel teilzunehmen. Dies gelang überhaupt nicht. Nach gut einer Stunde und nur 19 Ballkontakten musste er Platz machen. Note: 5.
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SASA KALAJDZIC: Der Hüne sorgte allein mit seiner Körpergröße für eine andere Präsenz im gegnerischen Strafraum. Verursachte nach Standards mehrfach Unruhe und eroberte im Mittelfeld Bälle. War seine Reservistenrolle die falsche Entscheidung? Note: 3.
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FLORIAN GRILLITSCH: Der Hoffenheimer ersetzte Lainer positionsgetreu, gegen passiver werdende Niederländer fügte er sich nahtlos ein und präsentierte sich passsicher. Note: 3,5.
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VALENTINO LAZARO: Kam in der 70. Minute für Baumgartner und zeigte sich sehr engagiert. Brachte alle Pässe in der gegnerischen Hälfte an den Mann und schlug zwei starke Flanken. Zu Zählbarem führten diese nicht. Note: 3,5.
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PHILIPP LIENHART: Der Freiburger ersetzte in der Schlussphase Dragovic, aufgrund des Spielstandes wurde er nicht mehr gefordert. Keine Bewertung.
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KARIM ONISIWO: Kam spät für Schlager und hatte nach wenigen Sekunden eine Kopfballgelegenheit. Dabei sollte es bleiben. Keine Bewertung.
Bei der PSV Eindhoven spielt Dumfries unter Roger Schmidt in einem 4-4-2-System als Rechtsverteidiger, in der Nationalmannschaft ist er wohl größter Profiteur der umstrittenen Taktik-Umstellung von Trainer Frank de Boer . Er hatte vor dem Turnierstart bekanntlich das in den Niederlanden fast schon heilige 4-3-3 durch ein 3-5-2 ersetzt, wodurch Dumfries auf der rechten Seite mehr defensive Absicherung hinter und keinen Flügelstürmer vor sich hat. Kurzerhand nutzte er die Chance und machte sich selbst zu einem Flügelstürmer.
Mit einer Mischung aus Bestätigung und Sorge dürfte Dumfries' Entwicklung Sportvorstand Hasan Salihamidzic vom FC Bayern München verfolgen. Angeblich hinterlegte er bereits vor Turnierstart bei dessen Berater Mino Raiola sein Interesse, muss sich jetzt aber wohl auf den einen oder anderen Mitbieter einstellen. Verhandlungen mit PSV werden Salihamidzic offenbar immerhin erspart bleiben: Dem Vernehmen nach hat Dumfries eine Ausstiegsklausel in Höhe von 15 Millionen Euro.