Duell der Überraschungs-Teams

SID
EM 2008, Fussball, Spanien, Russland, Halbfinale
© Getty

Wien - Der spanische Stier und der russische Bär haben an der EM-Börse Hochkonjunktur. Die Aktien der beiden Teams sind bei diesem Turnier von Tag zu Tag gestiegen. Vor allem der Kurs der Sbornaja kletterte nach dem sensationellen 3:1 gegen Titelfavorit Niederlande in ungeahnte Höhen.

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Die Russen sind inzwischen der Geheimtipp unter Insidern. Die Überwindung des Viertelfinal-Traumas und der "Italo-Phobie" haben auch den Wert der Seleccion nach oben getrieben, wenn auch der Aufschwung nicht ganz so steil verlief.

Am Donnerstag wird allerdings für einen der Börsen-Kracher im Halbfinale die "Hausse" mit einem Knall in eine "Baisse" umschlagen.

Russen im Aufwind

"Unsere Aktien stehen ganz gut", sagt Luis Aragones vor der Neuauflage des Gruppenduells optimistisch. Allerdings stellte Spaniens Trainer klar, dass das souveräne 4:1 beim EM-Auftakt kein Maßstab für das Semifinale im Wiener Ernst-Happel-Stadion (Do, 20.30 Uhr im SPOX-TICKER) sei.

"Das wird ein völlig anderes Spiel. Die Russen haben im Verlauf des Turniers enorme Fortschritte gemacht. Wir müssen auf der Hut sein." Kollege Guus Hiddink hat seine "naive Schülermannschaft" innerhalb kürzester Zeit auf Kurs gebracht.

"Wir haben enorme Fortschritte gemacht", bescheinigte der Niederländer seinen Schützlingen einen rasanten Formanstieg.

Spanien wieder Favorit

Trotzdem steht für den intimen Spanien-Kenner das Kräfteverhältnis fest. "Neues Spiel, neues Team - aber Spanien ist wieder Favorit", sagte Taktik-Fuchs Hiddink und nahm auch angesichts der ins Unermessliche explodierten Euphorie in der Heimat allen Druck von seiner Mannschaft.

"Meine Spieler sollen das Halbfinale genießen. Denn egal, was am Donnerstagabend passiert, meine Jungs werden von diesem Match sehr viel für die Zukunft profitieren", sagte er.

"Aber wenn man in der Lage ist, ein Spiel zu genießen, dann spielt man oft auch gut." Er verlange von seinen "Jungs" nur, dass diese "Genuss-Fußball" zeigten.

Abschied mit EM-Titel

Aragones will sich mit dem ersten Titel-Triumph für Spanien nach 44 Jahren als Nationaltrainer verabschieden. Am Mittwochnachmittag gab der türkische Verein Fenerbahce Istanbul auf seiner Internetseite die Verpflichtung des 69-Jährigen für zwei Jahre bekannt.

"Wir wollen diese Partie gewinnen und ins Finale", sagte Aragones. Zugleich stellte er klar, dass dies kein Selbstläufer werde. "Sie spielen dynamisch und sind sehr stark besetzt."

Xavi, die Schaltzentrale der erstmals bei der EM im ungeliebten gelb-goldenen Auswärtsdress antretenden Rot-Blauen, pflichtete dem Mister bei: "Russland ist mehr als Arschawin. Wir müssen vom ersten Moment an auf der Hut sein."

Umstellungen bei den Russen

Personell könnte Spanien einen kleinen Vorteil haben. Während Aragones erneut seine bewährte Stammformation aufbieten kann, muss Hiddink umbauen.

Der gelb-gesperrte Innenverteidiger Denis Kolodin, im Viertelfinale gegen die Niederlande einer der Stärksten, könnte durch Wassili Beresuzki oder Roman Schirokow ersetzt werden. Zudem fehlt Dimitri Torbinski aus dem gleichen Grund.

Duell der Stürmer-Stars

Angesichts der Treffsicherheit und Durchschlagskraft der jeweiligen Offensivabteilungen dürfte auf die Vierer-Abwehrketten - und ganz speziell den Innenblock - Schwerstarbeit zukommen. Mit seinem Dreierpack hatte David Villa den Russen-Riegel quasi im Alleingang geknackt.

Der EM-Torjäger (4) und Sturmkollege Fernando Torres (1) trafen bislang zusammen fünfmal wie auch ihre Kontrahenten. Roman Pawljutschenko (3) hätte seinen spanischen Rivalen bei etwas mehr Treffsicherheit sogar längst überflügelt.

Der zwei Spiele gesperrte Wirbelwind Andrej Arschawin (2) ist ebenfalls äußerst gefährlich und eigentlich noch effektiver.

Hiddink kennt spanischen Fußball

Hiddink kennt den spanischen Fußball aus seiner Trainertätigkeit beim FC Valencia, Real Madrid und Betis Sevilla aus dem Eff-Eff.

Zudem schlug er dem vermeintlichen Favoriten schon einmal ein Schnippchen: Bei der WM 2002 bezwangen seine als klarer Außenseiter geltenden Südkoreaner die Spanier im Viertelfinale 5:3 (0:0) nach Elfmeterschießen.

Hiddinks nächster Coup?

Auch wenn sich laut Hiddink wegen der völlig unterschiedlichen Systeme und Spielweisen Südkoreas und Russlands ein Vergleich verbietet, hofft der gewiefte Taktiker auf einen ähnlichen Coup:

"Spanien und Russland sind jeweils spielerisch starke Teams, die Kurzpass und Ballabgabe nach nur einer Berührung beherrschen. Deswegen kann man schwer Prognosen über den Ausgang treffen."

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