Deutschland vereint im Fußball-Fieber

SID
Feiern, Fans
© Getty

Berlin - Deutschland vereint in Fußball-Freude: Millionen deutsche und türkische Fans fiebern vor Anpfiff zum EM-Halbfinalspiel in Basel der Begegnung beider Nationen mit Hoffen und Bangen entgegen.

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Ob in Schwarz-Rot-Gold oder im Zeichen des Halbmonds: Auf Straßen und vor Riesenleinwänden, in Kneipen und Parks, Vereinshäusern und Cafés quer durch die Republik - das Geschehen dreht sich fast nur noch um die Partie der Emotionen.

Auf der größten Fanmeile der Republik in Berlin hatten sich seit den Mittagsstunden schon die ersten Anhänger beider Mannschaften versammelt, die zwischenzeitlich einem heftigen Gewitter trotzten. Mehr als 100 000 Fans waren rund anderthalb Stunden vor Anpfiff auf der Strecke, die meisten drückten Ballack und Co. die Daumen. Ein Meer aus Deutschland-Fahnen wogte vor dem Brandenburger Tor.

"Die Stimmung ist super, die Leute sind ausgelassen", sagte ein Sprecherin. Doch verglichen mit dem Andrang zur WM 2006 blieb noch reichlich Platz auf den 1,2 Kilometern. Bei der Neuauflage der Feierstrecke der Fußballweltmeisterschaft 2006 rechneten die Veranstalter mit bis zu 500 000 Besuchern.

Tausende in Hamburg

Auf dem größten Fanfest im Norden feierten sich auf dem Hamburger Heiligengeistfeld tausende Anhänger beider Teams warm. Im deutschen Süden wurden auf dem Stuttgarter Schlossplatz 40 000 Menschen erwartet. Auch in der Türkei sangen sich Hunderttausende auf den Straßen zum Lob der Mannschaft von Nationaltrainer Fatih Terim ein. In Basel wurden zwischen Stadion und Innenstadt bis zu 100 000 Fans erwartet.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wollte in Basel live dabei sein. Demonstrativ an ihrer Seite sollte ein ranghoher türkischer Politiker sitzen - nach unbestätigten Informationen wurde der türkische Staatspräsident Abdullah Gül erwartet.

Obwohl die Sicherheitskräfte von einem friedlichen Fußballfest ausgingen, war die Polizei in den meisten Teilen der Bundesrepublik verstärkt im Einsatz. Es bestehe kein Anlass zur Sorge, sagte etwa Christoph Gilles von der Polizei Köln. Die Erfahrungen bei der WM 2006 in Deutschland seien eine gute Grundlage. In Berlin waren 1700 Beamte im Einsatz.

Ob "Deutschland, Deutschland!" oder "En büyük Türkiye, baska büyük yok!" ("Die Türkei ist das Größte, es gibt nichts größeres") - ein Sprachgemisch tönte überall dort, wo sich Fans beider Länder für das Spiel warmsangen.

Super Stimmung

Schon seit Tagen ist Deutschland türkisch "eingefärbt". Die Halbmond-Fahne und die Deutschland-Flagge hingen oft demonstrativ gemeinsam auf Privatautos und Taxis oder in nachbarlicher Harmonie an vielen Häusern.

In den Schweizer Fanshops wurden die Preise für die Trikots unterdessen drastisch reduziert, allerdings hauptsächlich für die Teams, die schon aus dem Rennen sind: So sind Hemden für Portugal, Frankreich, Italien um 50 Prozent gesenkt. Die von Deutschland und der Türkei standen noch hoch im Kurs.

Politiker und Funktionäre riefen zu Fairness und Friedfertigkeit auf. Die Präsidenten beider Fußballverbände appellierten, das Spiel zu einer großen multikulturellen Feier werden zu lassen. Bei aller sportlichen Rivalität dürfe es keinen Platz für Gewalt und Randale geben, sagten DFB-Präsident Theo Zwanziger und sein türkischer Amtskollege Hasan Dogan.

"Auch wenn unsere Mannschaften 90 oder sogar 120 Minuten mit höchstem Einsatz und allen fairen Mitteln um den Einzug ins EM-Finale kämpfen - wir verstehen uns gut", erklärten sie.

Bundespräsident Horst Köhler zeigte sich überzeugt, dass das Spiel dazu beitragen wird, das Verhältnis zwischen Deutschen und Türken zu verbessern. Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, forderte die Fans auf: "Schaut euch das Spiel Hand in Hand an, schwingt die Fahnen beider Länder und habt einfach Spaß zusammen."