Der Star fehlt - na und?!

Von Florian Bogner
Kroatien
© Getty

München - Kroatiens Weg zur Europameisterschaft wurde von zwei Daten bestimmt: dem 21. November 2007 und dem 23. Februar 2008. Beide Mal spielte sich das Geschehen auf der Insel ab.

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Im November der K.o. des selbsternannten Fußball-Mutterlands in Wembley. England 2, Kroatien 3. Die Three Lions bleiben zuhause, Kroatien feiert seine Helden. Zehntausende empfangen die "Kockasti" (die Karierten) bei ihrer Rückkehr in Zagreb.

"Ganz Europa hat wahrgenommen, wie stark Kroatien wirklich ist", meinte Trainer Slaven Bilic damals. Im Februar dann die schlimme Verletzung von Eduardo da Silva, mit zehn Toren in der Qualifikation die EM-Hoffnung schlechthin, beim Auswärtsspiel des FC Arsenal in Birmingham. Unterschenkelbruch, EM-Aus.

Bei der Euro muss Bilic nun ohne seinen Star auskommen. Doch vielleicht tut das den Kroaten gut. Nach Wembley wurde man in der Heimat schon als EM-Sieger gesehen, die Euphorie verklärte die Misserfolge der Vergangenheit.

"Es wäre fatal, jetzt jeden Tag daran zu denken, wie toll wir damals doch waren", meinte Bilic im "kicker". Seit Platz drei bei der WM 1998 wartet man in der Heimat auf ein Lebenszeichen der Nationalelf. Bei den letzten drei Turnieren (WM 2002, EM 2004, WM 2006) schied man jeweils in der Vorrunde aus.

Dennoch: Für die EM 2008 gelten die Kroaten nicht nur im eigenen Land als Mit-Favorit. Zusammen mit Schalkes Ivan Rakitic, der im 23-köpfigen EM-Kader der Kroaten steht, stellt SPOX.com die Kroaten vor.

Die Stärken:

Mit Josip Simunic (30) und den Kovac-Brüdern Robert (34) und Niko (36) setzt Bilic auf ein erfahrendes Grundgerüst. Die drei "Leitwölfe" sollen die jungen Mitspieler führen. "Die Mischung stimmt", bekennen Bilic und Rakitic unisono.

Unter Bilic' Vorgängern neigten die technisch versierten Kroaten in Führung liegend gerne mal zu Überheblichkeit, bei Rückstand zu Disziplinlosigkeit. Das hat der ehemalige Karlsruher seinem Team ausgetrieben.

Das Spiel der Kroaten ist offensiv ausgerichtet, mit Luka Modric sowie den Bundesliga-Spielern Mladen Petric, Ivica Olic und Rakitic hat Bilic viele Optionen nach vorne. "Wir leben von unserem Offensivdrang. Bei uns können mehrere Spieler ein Spiel alleine entscheiden", meint Rakitic.

Die Schwächen:

Torwart Stipe Pletikosa von Spartak Moskau hat allenfalls mittleres Niveau, Ersatzmann Vedran Runje nicht mal das. Die Innenverteidigung ist zwar international erfahren, Simunic, Robert Kovac und Dario Simic gehören aber nicht mehr zu den Schnellsten.

Das größte Problem ist das Umschalten von Offensive auf Defensive. "Weil alle Spieler bei uns richtig offensiv denken, vernachlässigen wir die Defensivarbeit manchmal etwas. Das kann bei der EM zum Problem werden", sagt Rakitic.

Bilic' erste Elf steht und bietet wenig Platz für Alternativen. Fällt einer der Schlüsselspieler wie Mladen Petric (sieben Tore in zehn Quali-Spielen) aus, wird es eng.

Der Trainer:

Slaven Bilic ist authentisch, kommt bei den Spielern gut an und muckt auch schon mal gegen den Verband auf. Der Erfolg gibt ihm recht: Seit seinem Amtsantritt im August 2006 hat Kroatien nur zwei Spiele verloren.

"Er ist  ein echter Glücksfall für uns", sagt Rakitic. "Er passt perfekt in die neue Trainer-Generation, arbeitet viel mit uns Spielern, auch individuell. Er sucht immer den Kontakt und ist geradeaus."

Taktisch presst Bilic seine Elf nicht in ein starres Gerüst, sondern legt Wert auf individuelle Freiheiten. Ein 4-4-2 wandelt er mit einem offensiveren Niko Kranjcar auch mal in ein 4-2-3-1 um. Seine Devise: "Wir spielen Angriffsfußball."

Der Spieler im Fokus:

Luka Modric. "Er steht vor einer Weltkarriere. Er gehört für mich zu den besten drei Mittelfeldspielern Europas", schwärmt Bilic in der "Sport-Bild". Offensiv so stark wie Diego, defensiv so bissig wie Frings sei er, meint der Trainer.

Starke Standards, gefährliche Pässe und eine herausragende Technik sind seine Markenzeichen. Barcelona und Chelsea waren an ihm dran, der 22-Jährige entschied sich jedoch für Tottenham Hotspur. Dinamo Zagreb bekommt für Modric satte 26 Millionen Euro überwiesen.

Die Prognose: 

Kroatien ist launisch, dass haben die letzten Turniere bewiesen, bei denen man mit ähnlichen Voraussetzungen antrat.

Die Erwartungshaltung ist dennoch groß, die K.o.-Phase schon fast Pflicht. "Danach geht es für alle bei Null los", meint Rakitic. "Und für uns gibt es keine Grenzen."

 

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