Ausigschossen ins Out

SID
Fußball, WM 1978, Cordoba
© Imago

München - Eines ist ja wohl klar. "Man will natürlich jedes Spiel gewinnen, aber ganz besonders gegen Deutschland. Ich möchte dieses Spiel unbedingt gewinnen", sagte Josef Hickersberger gleich nach der Auslosung der EURO 2008.

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Dann kam der Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft auch noch auf Cordoba zu sprechen, logisch, aber er klang, als wolle er darüber gar nicht reden: "Ich war dabei, aber damit hat es sich schon. Es bringt uns nichts, wenn wir uns immer an dieses Cordoba erinnern."

Was für Deutschland die "Schmach von Cordoba", bleibt für Österreich auf immer und ewig das "Wunder von Cordoba". Wobei die Verklärung zum Wunder verwundern mag - für Österreich ging es am 21. Juni 1978 in besagter argentinischer Stadt um nichts mehr. Die Rot-Weiß-Roten um Hans Krankl, Herbert Prohaska, Bruno Pezzey oder den heutigen Teamchef Hickersberger waren ausgeschieden, sie wurden schließlich WM-Siebte.

Sternstunde Österreichs 

Die deutschen Weltmeister von Bundestrainer Helmut Schön hätten bei einem Sieg um Platz drei gespielt. Die Erinnerung an das 3:2 (0:1) ist in Österreich niemals verblasst, wohl auch, weil "wir seitdem ja nichts mehr gewonnen haben", wie Andreas Herzog, ehemaliger Bundesliga-Profi und "Co" von Hickersberger vermutet.

Das, fordert auch Herzog, "muss jetzt endlich mal aufhören." Für den damaligen zweifachen Torschützen Hans Krankl ist das "Wunder von Cordoba" freilich heute noch eine "Sternstunde des österreichischen Fußballs, die in wunderschöner Erinnerung bleibt".

Und nun aber nach Wiederholung schreit. Auch die historische Bedeutung des Sieges wurde ausführlich beschrieben. Als Referenz diente die Niederlage von Österreich und seiner Verbündeten (u.a. Bayern) gegen die Preußen in der Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 gegen die Preußen: Sie beendete die Vorherrschaft von Österreich über die deutschen Länder.

Kein nationales Unglück 

Nach der sportlichen deutschen Niederlage von Cordoba schrieb dann etwa die "FAZ": "1866: Preußen schlägt unter Moltke Österreich bei Königgrätz ... jetzt haben Krankl und Co. die Scharten ausgewetzt." Für den damaligen Bundestrainer Schön war die "Schmach von Cordoba" nun kein "nationales Unglück" für Deutschland, "nur eine sportliche Niederlage".

Das sahen und sehen die Österreicher ganz anders, noch immer erfasst sie Schadenfreude. Der österreichische Kabarettist und Sportreporter Werner Schneyder forderte gar: "Die Schlacht von Cordoba muss in die Geschichtsbücher", schließlich sollten Spätgeborene erfahren, worauf es im Leben ankomme, nämlich: "Den Deutschen Tore zu schießen".

Unvergesslich bleibt Cordoba für die Österreicher aber vor allem auch durch die Radio-Reportage von Edi Finger senior, der sich zu Spielbeginn über einen "Kurzschluss im Kopfhörer" aufregte und später "I wer narrisch" plärrte.

"Bleibts aufrecht stehen"

In der Schlussphase der Begegnung kommentierte er emotionaler als Helmut Zimmermann, der das deutsche "Wunder von Bern" bei der WM 1954 übertrug - fast schon hysterisch schilderte Finger, der 1989 verstarb, ab dem 3:2 durch Hans Krankl in der 88. Minute das "Wunder von Cordoba": "Da kommt Krankl, in den Strafraum - Schuss - Tooor, Tooor, Tooor, Tooor, Tooor, Tooor! I wer narrisch. Krankl schießt ein - 3:2 für Österreich!

Meine Damen und Herren, wir fallen uns um den Hals, der Kollege Rippel, der Diplom-Ingenieur Posch - wir busseln uns ab. ... Und warten's noch ein bisserl, warten's no a bisserl, dann können wir uns vielleicht ein Vierterl genehmigen. Also das, das musst miterlebt haben. ... I glaub jetzt hammas gschlagn! ... aber Burschen jetzt follts net um hinten, bleibts aufrecht stehn ... Eine Möglichkeit für Abramczik. Und!? Daneeeeben! Also der Abraaaamczik - obbusseln möcht' i den Abramczik dafür. Jetzt hat er uns gehooolfn. Allein vor dem Tor stehend.

Der braaave Abramczik hot daneben gschossn. Der Orme wird si ärgern. ... Und jetzt trau i mi scho gar net mehr hinschauen. Ausigschossen ins Out. ... Und jetzt ist auuus! Ende! Schluss! Vorbei! Aus! Deutschland geschlagen meine Damen und Herren, nach 47 Jahren kann Österreich zum ersten Mal wieder Deutschland besiegen!"

Die damaligen Aufstellungen 

Fußball-WM 1978 in Argentinien, 2. Finalrunde in Cordoba (letzter Spieltag): Österreich - Deutschland 3:2 (0:1)

Österreich: Koncilia - Sara, Pezzey, Obermayer, Strasser - Hickersberger, Krieger, Prohaska, Kreuz - Krankl, Schachner (71. Oberacher) - Trainer: Senekowitsch

Deutschland: Maier - Vogts, Rüssmann, Dietz, Kaltz - Bonhof, Beer (46. Hansi Müller), Rummenigge, Abramczik - Hölzenbein, Dieter Müller (61. Fischer) - Trainer:

Schön Tore: 0:1 Rummenigge (19.), 1:1 Vogts (59., Eigentor), 2:1 Krankl (66.), 2:2 Hölzenbein (68.), 3:2 Krankl (88.)

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