EM

Deutschland mit Last-Minute-Pleite gegen Holland

Von Für SPOX in Petach Tikwa: Jochen Tittmar
Lewis Holtby erzielte das zwischenzeitliche 2:2 gegen die Niederlande
© getty

Die deutsche U-21-Nationalmannschaft hat zum Auftakt in die EM in Israel eine 2:3 (0:2)-Niederlage gegen die Niederlande einstecken müssen. Nach einer schwachen ersten Halbzeit steigerte sich Deutschland erheblich, glich einen Zwei-Tore-Rückstand aus und kassierte in der Schlussminute dennoch den dritten Treffer.

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Vor 7664 Zuschauern im HaMoshava-Stadion in Petach Tikwa erzielten Adam Maher (24.) und Georgino Wijnaldum (38.) die Tore für Holland. Im zweiten Durchgang glich Deutschland durch Sebastian Rudy (47.) per Elfmeter und Lewis Holtby (81.) aus. In der Schlussminute köpfte Leroy Fer die Niederlande zum Sieg.

Damit kassierte die deutsche U 21 die erste Pflichtspielniederlage seit über zwei Jahren und hat am kommenden Sonntag gegen Titelverteidiger Spanien, der Russland 1:0 bezwang, bereits ein Endspiel um den Einzug ins Halbfinale vor der Brust.

Die Reaktionen:

Lewis Holtby (Kapitän Deutschland): "Es ist schade, dass wir das Spiel doch noch verloren haben. Aber ich bin unheimlich stolz auf die Mannschaft. Bei der Art und Weise, wie wir gefightet haben, wie wir zurückgekommen sind, da bekomme ich Gänsehaut."

Rainer Adrion (Trainer Deutschland): "Wir haben eine schlechte erste und eine gute zweite Halbzeit gespielt. Die Mannschaft ist für ihre Moral nicht belohnt worden. Niemand aus unserem Team macht Bernd Leno einen Vorwurf."

Der SPOX-Spielfilm:

Vor dem Anpfiff: Adrion mit einer etwas überraschenden Aufstellung: Thesker und Ginter - in seinem ersten U-21-Spiel - beginnen in der Innenverteidigung, Sobiech sitzt draußen. Das tut auch Volland, für den Mlapa über den linken Flügel kommt. Lasogga ist die Sturmspitze.

Die Niederländer mit der zu erwartenden Startelf und einer A-Länderspielerfahrung von insgesamt 51 Partien. Gladbachs De Jong spielt im Sturm, Strootman zentral vor der Abwehr im Mittelfeld.

8.: Oranje kombiniert sich sehenswert in den Sechzehner, Rückpass von der linken Grundlinie auf Maher, der aus zehn Meter freistehend an Leno scheitert.

24., 1:0, Maher: John nach einer kurzen Ecke mit einem schönen Dribbling auf der linken Seite. Rode kommt Sorg zur Hilfe und lässt Maher ziemlich frei. Der Schuss des Alkmaar-Profis geht zentral aufs Tor, aber Leno greift daneben.

38., 2:0, Wijnaldum: Der Niederländer zieht in die Mitte, Rudy lässt ihn mit einem viel zu passiven Zweikampfverhalten passieren. Wijnaldums Schuss kommt hoch aufs linke Eck, Leno ist dran, faustet den Ball fünf Meter vor dem Tor aber einfach in die Höhe und so springt die Kugel hinter die Linie.

40.: Holtby bedient Rudy, der ziemlich an der Strafraumgrenze zum Schuss kommt - knapp links vorbei.

47., 2:1, Rudy (FE): Torhüter Zoet foult Holtby. Den fälligen Strafstoß verwandelt Rudy sicher.

63.: Volland zieht aus 22 Metern, die Kugel klatscht an die Latte. Den Abpraller bekommt Clemens, der den Ball aber nicht drücken kann.

81., 2:2, Holtby: Einwurf für Deutschland auf links. Holtby bekommt den Ball und zieht vom Strafraumeck zur Mitte. Die Niederländer begleiten ihn nur und der deutsche Kapitän setzt den Ball aus 20 Metern mit rechts ins rechte Eck.

86.: Flanke Strootman, Kopfball Fer aus zehn Metern, hauchdünn neben den linken Pfosten.

90., 3:2, Fer: Ecke der Niederlande von links durch van Ginkel. Der Ball segelt durch den Fünfer, Leno bleibt auf der Linie, Fer rauscht heran und drückt das Ding zum Siegtreffer ins Tor.

Fazit: Durch eine klare Leistungssteigerung im zweiten Durchgang hätte sich die deutsche Elf ein Unentschieden verdient. Eine Unaufmerksamkeit kurz vor dem Ende war letztlich ausschlaggebend für die Niederlage.

Der Star des Spiels: Adam Maher war besonders in den ersten 45 Minuten der deutlich stärkste Offensivakteur auf dem Feld. Bereitete insgesamt fünf Abschlüsse vor, versuchte sich selbst zweimal und traf zum 1:0. War nur schwer zu greifen, da er häufig den Raum zwischen deutscher Doppelsechs und Viererkette aufsuchte und sich dort einer direkten Bewachung entzog.

Der Flop des Spiels: Bernd Leno. Deutschlands Nummer eins verschätzte sich beim ersten Gegentreffer und wählte vorschnell eine Ecke. So musste er den haltbaren Schuss passieren lassen. Gab auch beim zweiten Tor der Niederlande eine unglückliche Figur ab, weil er sich die Kugel selbst ins Tor boxte. Hätte auch bei der Ecke vor dem dritten Gegentreffer rauskommen können. Zwei starke Paraden (gegen Maher und Jozefzoon) waren trotz allem auch noch dabei.

Der Schiedsrichter: Ivan Bebek aus Kroatien lag bei einigen Zweikampfentscheidungen verkehrt, auch die Vorteilsregel war nicht unbedingt seine Stärke. Der Elfmeterpfiff dagegen korrekt. John das Duell mit Janschke abzupfeifen, war grenzwertig (50.). Ebenfalls die Gelbe Karte gegen Lasogga, der klar am Trikot gehalten wurde, aber für einen Strafstoß wohl zu theatralisch fiel (52.). Bekommt dazu Abzüge für sein Stellungsspiel, da er in der 21. Minute Herrmann bei dessen aussichtsreichem Schussversuch umcheckte.

Die Trainer:

Cor Pot bot das beste Team auf, das ihm in diesem Jahrgang zur Verfügung steht. Wechselte nach einer Stunde positionsgetreu und saß im Gegensatz zu Adrion die gesamte Spielzeit über unbeeindruckt auf seiner Bank.

Rainer Adrion ging bei der Besetzung der Innenverteidigung ein Risiko ein, indem er ein Pärchen aufbot, das noch nie zusammengespielt hatte. Die erste Hälfte gab ihm dabei nicht recht. Muss sich dazu fragen lassen, warum er den schnellen und technisch starken Volland nicht von Beginn an einsetzte. Mit der Einwechlsung von Clemens zog er den Hoffenheimer in die Sturmspitze, dazu brachte er später Polter und setzte auf volle Offensive.

Das fiel auf:

  • Deutschland hatte im ersten Abschnitt enorme Probleme, die linke holländische Flanke in den Griff zu bekommen. Wenn die Niederlande aus dem Zentrum heraus auf die Außen verlagerte, sah sich Rechtsverteidiger Sorg oft einem Eins-gegen-Eins-Duell gegenüber. Ein Doppeln des Gegenspielers bei der Ballannahme fand so gut wie nie statt.
  • Holland forcierte sein Angriffsspiel im 4-3-3 klassisch über die Flügel. Doch auch im Zentrum wurde es gefährlich, wenn vor allem Maher zwischen die Linien schlich und Deutschland unzureichend übergab. Nach dem Führungstor zeigte die Niederlande ein sehr ballsicheres Auftreten und ließ Gegner und Ball gut laufen.
  • Die Offensivbemühungen der Adrion-Elf waren variabel angelegt. Mlapa und Herrmann rochierten viel auf den Seiten, Holtby stieß immer wieder mit in die Spitze. Das Problem: Das Nachrücken nach der Umschaltbewegung war zu zaghaft, der Weg oft zu weit. Deutschland sah sich so im Angriffsdrittel oft einer Unterzahlsituation ausgesetzt. Besonders schwach: Die Standardsituationen sowie die Chancenverwertung.
  • In der zweiten Hälfte verbesserte Deutschland neben der grundsätzlichen Einsatzbereitschaft auch das Spiel ohne Ball, da die Tiefenstaffelung im Zentrum funktionierte. Das wirkte sich auch auf das Offensivspiel aus, Rode löste sich immer wieder geschickt aus seiner defensiven Grundposition heraus und bot sich als zusätzliche Anspielstation an.
  • Die Niederlande stand dazu deutlich tiefer als noch in den ersten 45 Minuten und ließ die Abstände zu den Gegenspielern zu groß werden. Die Mannschaft offenbarte gegen Ende der Partie konditionelle Schwächen. Bei Ballgewinn wurde überhastet umgeschalten, das Flügelspiel funktionierte deshalb nur noch sporadisch.

Niederlande - Deutschland: Daten und Fakten zum Spiel