EM

Ungarn blamiert Rot-Weiß-Rot

SID
Zoltan Stieber setzte den Schlusspunkt beim Sieg über Österreich
© getty

Andreas Möller schossen Freudentränen in die Augen, David Alaba hingegen blickte schockiert auf die Anzeigetafel. Ein "0:2" leuchtete dem Star der Österreicher schonungslos entgegen, damit hatte nun wirklich niemand gerechnet. Nicht der Bayern-Profi Alaba, der doppelt so viel wert ist wie der gesamte Kader des Gegners, nicht seine Mitspieler, und schon gar nicht "Co" Möller und Bernd Storck, das deutsche Trainerduo der Ungarn.

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"Es ist ein Traum in Erfüllung gegangen! Jeder meiner Spieler ist über sich hinausgewachsen, es war toll, grandios", sagte Storck in seiner Euphorie nach dem 2:0 (0:0), dem ersten EM-Sieg der Ungarn seit 52 Jahren. "Das kann man nicht besser spielen als wir in der zweiten Halbzeit. Bravo!" Es kam freilich nicht ungelegen, dass in der 66. Minute der Österreicher Aleksandar Dragovic Gelb-Rot sah.

Der nur zu Beginn starke Alaba dagegen kam gesenkten Hauptes zum Interview, seine Worte klangen schon wie Hülsen. "Die Enttäuschung ist sehr groß. Aber wir dürfen den Kopf jetzt nicht hängenlassen. Wir können die nächsten beiden Spiele gewinnen", sagte er mit wenig Kampfgeist in der Stimme.

Hochgelobt waren sie, die Rot-Weiß-Roten, jetzt ist die vielbeschriebene "EUROphorie" im Lande erst mal dahin. "Ungarn blamiert Österreich", titelten die Zeitungen in der Heimat sofort - es könnte ungemütlich werden. Gegen Portugal und Island wird der Achtelfinaleinzug in der Gruppe F schwierig.

Szalai leitete Sieg ein

Dafür zeichneten der Torwart-Methusalem Gabor Kiraly und die Deutschland-Legionäre Adam Szalai und Zoltan Stieber verantwortlich. Der nun älteste Spieler der EM-Geschichte und der zuletzt so harmlose Stürmer des Absteigers Hannover 96 mit seinem Tor führten Ungarn zum Triumph. Den Schlusspunkt setzte Stieber, zuletzt vom Hamburger SV an den 1. FC Nürnberg ausgeliehen, mit einem Traum-Lupfer (87.).

Kiraly, am Dienstag 40 Jahre und 74 Tage alt, zeigte eine spektakuläre Parade, Szalai erzielte in der 62. Minute das 1:0. Zudem half der Torpfosten bei einem krachenden Fernschuss Alabas nach 32 Sekunden.

Seit 82 Jahren, seit der WM 1934, waren sich die einstigen Verbündeten nicht mehr bei einem Turnier begegnet. Dabei ist das Duell der Klassiker des europäischen Fußballs: 1902 maßen sich Österreich und Ungarn im ersten Länderspiel überhaupt ohne britische Beteiligung (5:0), es folgten 136 weitere Spiele. Weltweit haben nur Argentinien und Uruguay mehr Länderspiel-Duelle ausgetragen.

Alaba im Mittelfeld

Kiraly schrieb mit dem Anpfiff EM-Geschichte. Der frühere Bundesliga-Profi löste Lothar Matthäus als ältesten EM-Spieler ab - Matthäus gratulierte umgehend via Twitter. Nach 32 Sekunden wäre das beinahe nichts mehr wert gewesen, als Alabas Schuss an den Pfosten klatschte - ein Stangenschuss, wie der Österreicher sagt.

Alaba spielte wie im Nationalteam üblich zentral im Mittelfeld. Er überzeugte nur anfangs als Verteiler, Einfädler und Ruhepol. Regisseur Zlatko Junuzovic (Werder Bremen) verletzte sich am rechten Knöchel und droht, im zweiten Gruppenspiel gegen Portugal am Samstag auszufallen.

Storck und Möller hatten den Außenseiter gut vorbereitet. Die Österreicher fanden Wege durch die dichten Reihen, ohne aber dauerhaft Gefahr zu signalisieren. In der 43. Minute wäre dann Ungarn schon in Führung gegangen, hätte der starke Balasz Dzsudzsak den Ball besser getroffen.

34.424 Zuschauer sahen dann, wie Christian Fuchs vom englischen Meister Leicester City bei Kleinheislers Pass das Abseits aufhob. Szalai spitzelte den Ball unter dem herausstürmenden Almer durch.

Österreich - Ungarn: Die Statistik zum Spiel

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