EM

Die Iniesta-Täuschung und der andere Xavi

Von Daniel Börlein
Topfavorit auf den EM-Titel: Spanien mit Trainer Del Bosque und dem genialen Duo Iniesta und Xavi
© Getty
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Die Iniesta-Täuschung

Auf Andres Iniesta war Pep Guardiola schon sehr früh aufmerksam geworden. Als sich seine aktive Karriere dem Ende entgegen neigte und er den jungen Iniesta bei ein paar Jugendspielen beobachtet hatte, nahm Guardiola Mitspieler Xavi - damals selbst gerade erst frisch bei den Profis dabei - zur Seite und sagte: "Schau dir diesen Jungen an. Du wirst mich mal in den Ruhestand schicken. Aber Iniesta wird alle in Rente schicken."

Seitdem ist viel passiert. Guardiola gewann als Trainer mit dem FC Barcelona 14 Titel und machte aus den Katalanen die beste Vereinsmannschaft der Welt. Maßgeblich daran beteiligt: Xavi und Iniesta - Hirn und Herz von Barca.

Während sich Xavis Karriere mit 32 Jahren zumindest langsam dem Ende entgegen neigt, ist der seit kurzem 28-jährige Iniesta noch im vermeintlich besten Fußballeralter.

Für Spaniens Nationalmannschaft ist er unverzichtbar. Im WM-Finale vor zwei Jahren war er es, der mit seinem Treffer den ersten Weltmeister-Titel nach Spanien holte. Und auch bei der EM könnte er wieder den Unterschied ausmachen.

In der Grundordnung von del Bosque wird Iniesta seinen Platz aller Voraussicht nach auf dem linken Flügel haben. Doch wer sich darauf einstellt, den Barca-Star dort zu empfangen, der wird eine Überraschung überleben.

Denn: Auf Linksaußen taucht Iniesta nur ganz selten auf. Lediglich um sich ein bisschen Platz zu verschaffen und der direkten Bedrängnis zu entziehen, orientiert er sich mal auf den linken Flügel. Ansonsten ist er mittendrin und überall.

Iniesta rückt früh ins Halbfeld ein und ist häufig die erste Anspielstation der beiden Sechser. Teilweise lässt er sich sogar hinter die beiden defensiven Mittelfeldspieler zurückfallen und bekommt den Ball von einem Innenverteidiger zugepasst.

Das Besonderes an Iniesta: Dank seiner außergewöhnlichen Ballannahme (nach Möglichkeit mit dem vom Gegner entfernten Fuß) verliert er selbst in Bedrängnis kaum einen Ball und ist gleichzeitig in der Lage, schon mit dem ersten Ballkontakt einen Impuls zu geben. Und sobald der Ball seinen Fuß verlassen hat, bewegt er sich dorthin, wo der nächstmögliche logische Pass ihn wieder erreichen kann.

So taucht Iniesta während einer Partie im Offensivbereich fast überall mal auf und ist keineswegs auf den linken Flügel festgelegt. Für den Gegner ist er so kaum zu greifen, weil er sich andauernd zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen und Verteidigungslinien bewegt.

Teil 1: Spanische Grundsätze I

Teil 2: Spanische Grundsätze II

Teil 4: Der andere Xavi