EM

Vogts bescheiden, Hiddink fassungslos

SID
Berti Vogts (r.) und Olaf Janssen konnten gegen die Türkei einen 1:0-Sieg bejubeln
© Getty

Als Türkei-Trainer Guus Hiddink fassungslos von einem der schlimmsten Tage seiner Karriere sprach, rief der Aserbaidschans Berti Vogts als großer Sieger zur Bescheidenheit auf.

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"Ich bitte darum, meine Spieler nicht zu überschwänglich zu feiern. Das Glück war heute auf unserer Seite", sagte Berti Vogts, der Nationaltrainer des Fußball-Zwergs Aserbaidschan, nach dem 1:0-Coup gegen die Türkei in der EM-Qualifikation.

Trotz des größten Erfolgs in seiner bisher zweieinhalbjährigen Amtszeit in der ehemaligen Sowjetrepublik war Vogts mit seinem Team nicht rundum zufrieden. "Wir hätten vor allem in der zweiten Halbzeit noch mehr Tore schießen können", sagte der 63-Jährige.

Vogts hat nun offenbar vor allem damit zu tun, Spielern, Funktionären und Fans die Flausen aus dem Kopf zu treiben, dass man in der Gruppe nun sogar Platz zwei hinter Deutschland erreichen könne.

Sadichow ist der Held

Ausgerechnet Türkei-Legionär Raschad Sadichow traf das Team vom Bospurus nur vier Tage nach dem 0:3 in Deutschland nach einem Eckentrick erneut ins Herz.

Der Held des Abends träumte nach dem Schlusspfiff sogar davon, einigen Teamkollegen durch seinen Treffer einen lukrativen Arbeitsplatz verschafft zu haben.

"Türkische Trainer werden das Spiel gesehen haben und sich sicherlich einige Spieler aus unserer Mannschaft ausgeguckt haben", sagte der Verteidiger von Eskisehirspor.

Hiddink maßlos enttäuscht

Vogts' Amtskollege Guus Hiddink landete dagegen auf dem harten Boden der Realität. Der Niederländer musste nach seiner erfolgreichen Zeit in Australien und Russland anerkennen, dass es kein Selbstläufer wird, aus dem türkischen Team eine Siegermannschaft zu formen.

"Ich kann mich nicht daran erinnern, wann eine meiner Mannschaften einmal zwei Qualifikationsspiele hintereinander verloren hat", sagte Hiddink. "Das ist einer der schlimmsten Tage meiner Karriere." Der Gegner habe sie niedergekämpft und völlig verdient gewonnen.

Hatte Hiddink die Niederlage gegen Deutschland noch als normal bezeichnet, wirkte er nach dem Spiel gegen Vogts' Team geschockt. "Deutschland ist ein Weltklasse-Team, da kann ich mit einer Niederlage leben. Aber ich kann nicht akzeptieren, gegen Aserbaidschan zu verlieren."

Türkei hat Probleme mit Chancenverwertung

Hiddinks Mannschaft vergab vor allem in der ersten Halbzeit einige Großchancen. Hamit Altintop von Bayern München hatte zudem noch Pech, als er mit einem Distanzschuss nur die Latte traf. Der EM-Dritte von 2008 liegt zwar nur einen Punkt hinter den zweitplatzierten Österreichern, hat aber auch ein Spiel mehr ausgetragen.

Die nicht gerade als zimperlich bekannte türkische Presse nahm erwartungsgemäß auch vor dem großen Namen Hiddink keine Rücksicht. Falsche Spieler, falsche Taktik, falscher Wohnsitz waren die häufigsten Vorwürfe gegen den nicht in der Türkei lebenden Niederländer.

"Die ganze Welt lacht über uns"

"Wir haben unser Ticket für die EM 2012 eigenhändig ins Feuer geworfen. Hiddinks Ruf ist angekratzt. Die ganze Welt lacht über uns", schrieb die Zeitung "Fanatik", und das Massenblatt "Hurriyet" forderte bereits indirekt den Rauswurf des Trainers: "Die Rechnung der Niederlage muss von jemandem beglichen werden."

Zumindest von Berti Vogts, der nach dem 2:0 in Liechtenstein vor einem Jahr seinen zweiten Sieg mit Aserbaidschan in einem Qualifikationswettbewerb feierte, gab es ein paar aufmunternde Worte für Hiddink: "Für mich ist die Türkei immer noch der Favorit auf den zweiten Platz in der Gruppe."

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