Esswein: "Magath war eine Art Mentor"

Von Interview: Kevin Bublitz / Mark Heinemann
Wechselte im August 2010 für 50.000 Euro vom VfL Wolfsburg nach Dresden: Alexander Esswein
© Getty

Kurz vor Ablauf der Transferfrist im August besserte Dynamo Dresden nach einem holprigen Start in die 3. Liga noch einmal im Sturm nach und holte Alexander Esswein. Schon im Winter wollte Trainer Matthias Maucksch seinen Wunschkandidaten vom VfL Wolfsburg in die Elbstadt lotsen. Im Sommer klappte es dann endlich. Mit vier Toren hat sich der 20-jährige Esswein bei Dynamo auch gleich gut eingefunden.

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Im SPOX-Interview spricht Esswein über seinen Traumstart in Dresden, Felix Magath und die Meisterschaft mit den Wölfen.

SPOX: Herzlichen Glückwunsch zum Titel "Spieler des Monats September" der 3. Liga.

Alexander Esswein: Das freut mich natürlich sehr! Das ist eine tolle Auszeichnung, besonders weil die Fans abstimmen. Vielen Dank dafür.

SPOX: Sie haben die Wahl sehr deutlich mit 55,6 Prozent vor Dominick Kumbela (21,2 %, Braunschweig) und Dennis Berger (12,9 %, Offenbach) gewonnen. Ihren Start in Dresden kann man mit vier Toren in sieben Spielen durchaus als gelungen bezeichnen.

Esswein: Ich fühle mich hier seit dem ersten Tag sehr wohl. Dennoch ist das erstmal nur eine Momentaufnahme und ich hebe bestimmt nicht ab. Es kann auch ganz schnell wieder in die andere Richtung laufen. Aber natürlich genieße ich den Moment, das zahlreiche Lob und eben eine solche Auszeichnung wie die Wahl zum Spieler des Monats.

SPOX: Das Team ist seit fünf Spielen ungeschlagen. Wie erklären Sie sich den Aufschwung nach dem eher holprigen Saisonstart?

Esswein: Die Mannschaft ist in den letzten Wochen stark zusammengerückt und versucht immer alles auf dem Platz zu geben. Wichtig ist, dass wir inzwischen auch Spiele wie in Ahlen gewinnen, wo wir nicht so gut gespielt haben. Seitdem ich hier bin, spüre ich bei allen Beteiligten immer den unbedingten Willen, ein Spiel zu gewinnen.

SPOX: Viele sehen in Ihnen den Heilsbringer. Ist das nicht zu einfach?

Esswein: Klar läuft es für mich sehr gut. Aber ohne die Jungs hätte ich die Tore nicht geschossen. Es geht im Fußball immer nur zusammen und nicht alleine. Ich sehe mich also weder verantwortlich für unsere positive Serie noch bin ich der Heilsbringer. Wir sind ein Team und versuchen gemeinsam Erfolg zu haben.

SPOX: Der Klub soll bereits im vergangenen Winter großes Interesse an Ihnen gegeben haben, der Transfer klappte aber nicht. Was hat Sie letztendlich doch noch nach Dresden geführt?

Esswein: Ich hatte sehr gute Gespräche mit Matthias Maucksch, der mich unbedingt haben wollte. Der Trainer hat mir klar gemacht, dass ich hier spielen kann und er von mir überzeugt ist. Das hat mir Auftrieb gegeben und seitdem läuft es. Ich habe bei ihm auch das Gefühl, dass er zu mir steht, wenn es mal nicht so reibungslos läuft. Und das war für mich als Stürmer, der an seinen Toren gemessen wird, enorm wichtig. Dieses Vertrauen versuche ich ihm zurückzuzahlen.

SPOX: Sie kommen vom VfL Wolfsburg. Sind Dzeko und Grafite eine Nummer zu groß für Sie gewesen?

Esswein: Es ist natürlich extrem schwer, sich gegen Edin und Grafite zu behaupten, gerade im Meisterjahr, wo die beiden getroffen haben, wie sie wollten. Die haben einfach alles andere in den Schatten gestellt. Hier in Dresden habe ich endlich wieder das Gefühl, gebraucht zu werden. So kann man natürlich auch bessere Leistungen bringen.

SPOX: Fühlen Sie sich trotzdem als deutscher Meister 2009?

Esswein: Doch, ich war immer im Kader und habe vier Spiele gemacht. Ich war natürlich nicht maßgeblich an der Meisterschaft beteiligt, aber ich zähle mich schon dazu, weil ich bis zum Ende zum Team gehört habe. Und ich bin sehr froh, dass ich damals dabei war.

SPOX: Was hat Ihnen Felix Magath mit auf den Weg gegeben?

Esswein: Das war ja insgesamt eine verrückte Saison. Es hat unheimlich viel Spaß gemacht und ich habe in meiner ersten Profisaison viel dazugelernt. In Felix Magath habe ich eine unheimlich starke Persönlichkeit kennengelernt, das hat mich auch in der Entwicklung meiner Persönlichkeit enorm nach vorne gebracht. Ich wusste nicht so richtig, wie es in der Branche zugeht. Magath war eine Art Mentor für mich.

SPOX: Klingt in der Tat so, als hätten sie viel mitgenommen aus Ihrer Wolfsburger Zeit. Was haben Sie sich denn von Grafite und Dzeko abgeschaut?

Esswein: Einiges. Ich konnte in jedem Training miterleben, wie sie an sich arbeiten und wie sie sich bewegen. Nach jedem Training habe ich versucht, mir etwas von den beiden abzugucken. Bei Edin waren das zum Beispiel seine überragende Ballannahme und Kopfballstärke. Grafite habe ich bewundert, wie eiskalt er vor dem Tor war und jetzt auch wieder ist.

SPOX: Nach der Länderspielpause stehen für Dresden zwei Highlights auf dem Spielplan. Erst reist Dynamo nach Erfurt, dann geht es gegen Hansa Rostock. Wie wichtig sind diese Prestigeduelle für Sie, aber auch für die Region?

Esswein: Das sind extrem wichtige Spiele, ganz einfach schon aus dem Grund, weil es Derbys sind. Das ist immer heikel. Im Endeffekt können wir viel Kraft aus diesen Duellen für den weiteren Saisonverlauf schöpfen, wenn wir sie erfolgreich gestalten. Wir können unsere Tabellensituation entscheidend verbessern.

SPOX: Für das Heimspiel gegen Rostock gibt es keine Karten mehr, das Stadion war bereits nach drei Tagen restlos ausverkauft. Wie erleben Sie die Fankultur in Dresden?

Esswein: Hier steht wirklich die ganze Stadt hinter dem Verein. Wenn ein Spiel nach drei Tagen ausverkauft ist, kann mir auch niemand das Gegenteil erzählen wollen. Ich bin froh, dass wir solche Fans haben, die uns immer so toll unterstützen. Gerade in den Derbys können wir einiges zurückzahlen.

SPOX: Welche Ziele verfolgen Sie mit der SGD?

Esswein: Ich will spielen, das ist erstmal mein primäres Ziel. Dass dieser Traditionsverein mittelfristig mindestens in die 2. Bundesliga gehört, ist gar keine Frage. Davon träumen die Fans, davon träumen die Stadt und natürlich auch der Verein.

SPOX: Dabei ist das Know How von einem Ulf Kirsten oder Reiner Calmund sicher auch hilfreich, oder?

Esswein: Der Verein hat viele große Spieler und Persönlichkeiten hervorgebracht und ich finde es toll, dass sich einige jetzt revanchieren wollen, indem sie ihr Wissen in den Klub einbringen. Das ist auch mit Blick auf die Entwicklung des Ostfußballs sehr wichtig und positiv zu werten.

SPOX: Was sagen Sie als gebürtiger Wormser eigentlich zum bisherigen Durchmarsch der Mainzer?

Esswein: Das ist eine super Sache. Damit hätte ich nicht gerechnet, aber das gefällt mir.

SPOX: Das wird man in Kaiserslautern, wo Sie Ihre Jugend verbracht haben, aber nicht so gerne hören.

Esswein: (lacht) Da könnten Sie richtig liegen. Aber ich finde es einfach schön, wenn eine Mannschaft aus meiner Heimatregion für so viel Furore sorgt.

Alexander Esswein im Steckbrief