"Mir fehlt der letzte deutsche Funken!"

Von Interview: Kevin Bublitz / Mark Heinemann
Rot Weiss Ahlen ist für Arie van Lent nach seiner Zeit beim 1. FC Kleve die zweite Trainerstation
© Getty

Rot Weiss Ahlen wartet in der 3. Liga immer noch auf den ersten Saisonsieg. Der Zweitliga-Absteiger findet sich derzeit im Tabellenkeller wieder. Trainer Arie van Lent fordert Geduld mit der neu formierten Mannschaft. Im SPOX-Interview spricht der ehemalige Bundesligaprofi über den holprigen Saisonstart, die familiäre Atmosphäre bei Werder Bremen und die Mentalität junger Spieler.

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SPOX: Herr van Lent, Sie warten seit sieben Spielen auf einen Sieg. Haben Sie schon einmal eine solch lange Durststrecke mitgemacht?

Arie van Lent: Da muss ich lange überlegen. Sieben waren es nicht, aber ich hatte schon einmal sechs Niederlagen in Folge. Das schmerzt noch mehr. (lacht) Eigentlich will ich darüber nicht nachdenken. Es läuft gerade nicht gut und das wissen wir.

SPOX: Ihr Team wurde vor der Saison neu zusammengestellt. Fehlt einfach noch die Eingespieltheit?

Van Lent: Tatsache ist, dass sich die Mannschaft gut zu Recht findet. Das sieht man an der Art und Weise wie wir Fußball spielen. Richtig ist aber auch, dass vor dem Tor noch die letzte Konsequenz fehlt und in der Defensive noch zu viele Unkonzentriertheiten dabei sind. Das wird auch in der 3. Liga immer bitter bestraft.

SPOX: Ihr nächster Gegner heißt Carl Zeiss Jena, die auch nicht wirklich gut gestartet sind. Ein Sieg ist Pflicht, oder?

Van Lent: Es wird für uns nicht besser, wenn wir gegen Jena verlieren, das ist klar. Der Gegner ist aber egal. Es wird Zeit, dass wir gewinnen.

SPOX: Nach Jena geht es gegen Heidenheim und Dresden. Wie richtungweisend sind diese Spiele?

Van Lent: Klar ist, dass wir uns derzeit im Abstiegskampf befinden. Das eigentlich auch schon seit drei Wochen, weil wir zu wenige Punkte haben. Unser Ziel ist es jetzt ganz klar, den Anschluss ans gesicherte Mittelfeld herzustellen.

SPOX: Behält der Verein die Ruhe?

Van Lent: Es war uns allen klar, dass es in der 3. Liga gegen den Abstieg gehen kann. Wenn man dann aber wirklich dort unten steht, ist es nicht schön. Vor der Saison war jedem bewusst, dass unser Ziel nur heißen kann, auch in der kommenden Saison in der 3. Liga zu spielen. Daher bewahren wir die Ruhe.

SPOX: Dazu kommen noch die finanziellen Probleme des Vereins. Wie sehen Sie den Klub derzeit aufgestellt?

Van Lent: Es ist nicht einfach. Jeder macht sich hier täglich Gedanken, wie wir vorankommen können. Es geht nicht nur um die Infrastruktur an sich. Wir müssen besonders im sportlichen Bereich zusehen, dass wir den Spielern die professionellen Bedingungen liefern können, damit sie ihre Leistungen bringen. Daran arbeiten hier alle fleißig und deswegen sind wir auch auf einem guten Weg. Letztendlich würden dabei natürlich Erfolge auf dem Platz helfen.

SPOX: Ist RWA ein familiärer Verein?

Van Lent: Ich weiß nicht, wie es in der 2. Bundesliga war. Auf jeden Fall möchte ich, dass es jetzt so ist. Wir haben gerade nicht den Erfolg, halten aber alle zusammen. So soll es sein, dann wird es auch schön, wenn wir wieder Erfolg haben.

SPOX: Sie waren selbst als Spieler bei Werder Bremen. Da ist man ein gutes Arbeitsklima schon gewöhnt, oder?

Van Lent: Das ist definitiv so. Thomas Schaaf und Klaus Allofs, aber auch alle anderen Beteiligten im Verein, leisten dort tolle Arbeit. Das war schon zu der Zeit von Otto Rehhagel so. Es gibt nicht umsonst so viele Spieler, die viele Jahre in Bremen geblieben sind. Dort kann man sich richtig wohlfühlen.

SPOX: Ein Mesut Özil hat es nur zwei Jahre in Bremen ausgehalten...

Van Lent: ...das ist meiner Meinung nach eine Ausnahme, weil dort der wirtschaftliche Faktor sehr stark reingespielt hat. In der kommenden Saison wäre er ablösefrei gewesen. Daher war der Wechsel jetzt sicherlich für beide Seiten in Ordnung.

SPOX: Sie haben selbst einige junge Spieler im Kader. Hat sich die Mentalität in den vergangenen Jahren geändert.

Van Lent: Der Fokus hat sich derzeit verstärkt auf die jungen Spieler gelegt. Dabei sind auch die erfahrenen Kräfte wichtig. Ich denke, dass bei jungen Spielern oft die Gefahr besteht, dass sie nach wenigen guten Leistungen zu schnell glauben, dass sie schon richtig gut seien. Sie träumen mir manchmal zu schnell. Es war schon immer so, dass man für den Erfolg permanent arbeiten musste. Immer.

SPOX: Allerdings legen die Vereine doch mittlerweile sehr viel Wert auf komplette Spieler.

Van Lent: Die Tendenz geht dahin, dass ein Spieler auf mehreren Positionen spielen kann. Das ist wichtig und daher geht die Ausbildung beim DFB und bei den Vereinen auch in die richtige Richtung. Ich denke, dass die Spieler heutzutage schon besser ausgebildet werden.

SPOX: Sie haben selbst siebzehn Jahre in Deutschland gespielt. Denken Sie als Trainer jetzt eher Deutsch oder Niederländisch?

Van Lent: Ach, das wächst in Europa doch immer mehr zusammen. Dadurch wird der Fußball doch immer attraktiver. Das sieht man an Deutschland. Auch in Ahlen zeigen wir schon richtig guten technischen Fußball. Da fehlt mir eher noch der letzte deutsche Funken.

SPOX: Was meinen Sie genau?

Van Lent: Diesen absoluten Willen, Spiele zu entscheiden. Entschuldigen Sie den Ausdruck, aber die Geilheit vor dem Tor fehlt uns noch.

SPOX: Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Van Lent: Das ist immer schwer zu sagen. Ich bin jetzt hier und es läuft gerade nicht so gut. Das will ich jetzt ändern und daher lehne ich mich jetzt nicht aus dem Fenster und fange an zu träumen. Ich möchte in Ahlen hier und jetzt vernünftige Arbeit abliefern, alles andere kommt später.

Der Steckbrief zu Arie van Lent