Die spannendste Liga Deutschlands

Von Kevin Bublitz/Mark Heinemann
Der VfL Osnabrück (lila) und der FC Ingolstadt (rot) nehmen nach der Hinrunde Platz drei und eins ein
© Getty

Seitdem im Fernsehen mehr oder weniger gute Fußballexperten in einer bierseeligen Runde immer wieder den Satz "In dieser Liga kann jeder jeden schlagen" in den Mund nehmen, ist die Phrase doch schon gewaltig ausgelutscht. SPOX verwendet sie im Rückblick auf die Hinrunde der 3. Liga trotzdem. Warum? Weil diese phrasenschweinverdächtige Phrase stimmt.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Die Liga war schon in ihrer Premierensaison attraktiv, jetzt ist sie in Sachen Spannung und Unberechenbarkeit kaum zu toppen. Vor dem Rückrundenstart am 11. Dezember trennen den Ligaprimus aus Ingolstadt lediglich vierzehn Punkte vom Tabellenletzten Dortmund.

Ein Zeugnis dafür, wie ausgeglichen das Niveau in der dritten deutschen Spielklasse ist. Oder anders gesagt: Die einzige Konstante ist die fehlende Konstanz der Mannschaften.

Ein Aspekt, den der DFB begrüßt: "Für die Zuschauer und somit die Liga ist es natürlich besser, wenn keine Mannschaft von Beginn an vorneweg marschiert oder frühzeitig hoffnungslos abgeschlagen ist", so Stephan Brause, Pressesprecher des DFB

Kaum Konstanz

Ob nun die abstiegsbedrohte Reserve der Bayern den Offenbacher Kickers am 19. Spieltag die Herbstmeisterschaft vermiest, oder der ambitionierte SV Sandhausen seit seiner Pleite in Aue in zehn Spielen nur noch sieben Zähler gesammelt hat - kaum eine Mannschaft liefert beständig gute Ergebnisse über einen längeren Zeitraum ab.

Es ist tatsächlich so, dass es in dieser Liga nur schwer absehbar ist, welche Mannschaften am Ende oben und welche unten stehen werden. Thomas Wolter, der die Bremer Reserve trainiert, bestätigt diesen Eindruck: "Ingolstadt als Erster kann eben so schnell wieder Siebter oder Achter sein, wenn sie ein paar Spiele hintereinander verlieren."

Dabei ist es schwer zu sagen, ob das Niveau so hoch oder so niedrig ist. "Fakt ist, dass die 3. Liga einfach ausgeglichener ist als zum Beispiel die beiden Bundesligen", löst Wolter diese Frage diplomatisch. "Wer einige Spiele in der 3. Liga gesehen hat, kann sagen, dass diese auf einem guten Niveau stattfinden", positioniert sich der DFB in Person von Brause deutlicher.

Von Jugend forsch(t) zum Hoffnungsträger

Welt- und Europameister Andreas Möller spricht der 3. Liga ein streckenweise ordentliches Niveau zu. "Gerade für junge Spieler ist das eine sehr gute Plattform, sich zu präsentieren und weiter zu entwickeln", so der OFC-Manager.

Das Ziehkind des DFB hat sich als Bühne für junge Spieler bewährt, Talente können hier optimal gefördert werden. "Man sieht auch, dass die Reserveteams jede Woche maximale Leistung bringen müssen, um hier mitzuhalten", sieht auch Rainer Adrion, der letzte Saison selbst noch den Nachwuchs des VfB Stuttgart trainierte, die Entwicklung positiv.

Für den U-21-Nationaltrainer sei der stete Wettbewerb auf dem höchstmöglichen Niveau sehr gut für die deutschen Nachwuchsspieler und bringe sie in ihrer Entwicklung entscheidend weiter.

Die Shooting Stars des FC Bayern, Thomas Müller und Holger Badstuber, oder auch Julian Schieber (VfB Stuttgart) und Philipp Bargfrede (Werder Bremen) haben das nicht nur in der Bundesliga, sondern auch international bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Burghausen - der aufgestiegene Absteiger

Die Zweitvertretungen der Bundesligisten überraschten in der Hinrunde dennoch eher negativ, "wir haben aber auch nicht den Auftrag, oben mitzuspielen, sondern unsere Spieler weiterzuentwickeln", so Dortmunds Theo Schneider.

Die Überraschung der Hinserie ist ohne Zweifel Wacker Burghausen. Das Team von Jürgen Press war im Sommer bereits abgestiegen, erst der Lizenzentzug für Kickers Emden rettete den Klub.

Der Teammanager formte binnen kürzester Zeit ein konkurrenzfähiges Team, das eine sagenhafte Saison spielt - auch wenn die letzten drei Spiele verloren gingen.

An zwei Spieltagen grüßte Wacker vom Spitzenplatz, zur Halbzeit liegt der Klub nur drei Punkte hinter Tabellenführer Ingolstadt zurück. "Wir haben mit unseren dreißig Punkten noch nichts erreicht. Ich bewerte den Tabellenplatz nicht über", spricht Press immer noch vom Punkten gegen den Abstieg.

Bizarr ist die Torbilanz von minus sieben Treffern. "Ich persönlich habe so was auch noch nicht erlebt", so Press.

Heidenheim überrascht die Liga

Neben Burghausen spielte sich auch ein "echter" Aufsteiger in den Fokus. Gerade Wacker wird sich ungern an die Reise nach Heidenheim erinnern, denn dort erlebten die Oberbayern ein 1:6-Debakel.

Ausgerechnet der als Absteiger Nummer eins gehandelte Nobody rangiert zur Liga-Halbzeit auf dem zwölften Platz mit sechs Punkten Vorsprung zur Abstiegszone - wohlgemerkt vor Zweitligaabsteiger Wehen Wiesbaden.

Der Abstand zu den Aufstiegsplätzen ist aber auch für die Hessen mit acht Punkten ein Katzensprung.

Gruppe von fünf, sechs Mannschaften

Vielleicht gelingt es in der Rückrunde einer Mannschaft, mehr Konstanz reinzubekommen. "Ich hoffe natürlich, dass wir das sind", sagt Ingolstadts Coach Michael Wiesinger.

Möller klingt da überzeugter und geht davon aus, "dass sich bald eine Gruppe von fünf, sechs Mannschaften herauskristallisieren wird und wir in der Verlosung mit dabei sind."

Bleibt dennoch die Frage: Wer kann die Favoritenrolle in der Rückrunde wirklich übernehmen? Um es mit den Worten von Wolter zu beantworten: "Ich weiß es nicht. Aber wir können uns sicher auf eine sehr spannende Rückrunde freuen."

Und das ist für die Fans ja auch nicht so schlecht.

Carl Zeiss Jena braucht dringend Geld